Allmächd: Nürnberg ist noch viel älter - Sensationelle Funde auf der IHK-Baustelle
NÜRNBERG (vs) - Auch wenn die archäologischen Grabungen an der Baustelle des neuen IHK-Gebäudes gegenüber des Rathauses erst begonnen haben, eine Sensation steht bereits fest: Nürnberg ist wesentlich früher besiedelt worden, als bisher angenommen.
Grabungen der letzten 15 Jahre, so John Zeitler, Stadtarchäologe der Noris, hätten die Geburtsstunde Nürnbergs in der Zeit zwischen 950 und 980 bestätigt. Doch aktuelle Funde aus dem Untergrund der IHK-Baustelle würden diese Datierung in ihren Grundfesten erschüttern: Demnach reichen erste Besiedelungsspuren deutlich ins 9. Jahrhundert zurück, selbst ein Zeitraum vor dem Jahr 850 könne aktuell nicht ausgeschlossen werden. Humorvoll brachte es Dr. Kurt Hesse, Leiter des Geschäftsbereiches Kommunikation IHK Nürnberg für Mittelfranken, auf den Punkt: Die IHK sei noch nie oberflächlich gewesen, doch „so tiefschürfend wie heute waren wir noch nie“.
Freud und Leid der Archäologen: Tief in den Untergrund waren bei dem inzwischen abgebrochenen IHK-Bau die Stützpfeiler in den Untergrund gesetzt worden. Dadurch wurde zwar auf der einen Seite historische Substanz zerstört. Wäre dies jedoch nicht geschehen, hätten die Archäologen keine Möglichkeit gehabt, so weit nach unten graben zu können.
Objekt der Begierde für Dr. Jan Weinig, der die Archäologiearbeiten der Firma „Pro Arch - Prospektion und Archäologie Ingolstadt“ leitet, ist dabei ein länglicher Erdkubus mit einer schwarzen Oberfläche. Was für den Laien wie Brandspuren aussieht, sind in Wirklichkeit Überreste ehemaliger Hausfußböden. Funde zerbrochener Gefäße datieren ins 9. Jahrhundert und es wird noch spannender: Bis rund 1,50 Meter Tiefe sind weitere solcher Relikte vorhanden, Nürnberg könnte also noch wesentlich älter sein.
Dr. Weinig und John Zeitler gehen davon aus, dass die ersten Nürnberger Wandervölker aus dem slawischen Raum waren, die hier um 850 eine erste kleine landwirschaftliche Siedlung errichtet hatten.
Für die archäologischen Grabungen auf der IHK-Baustelle ist ein Zeitraum bis Dezember 2015 geplant. Die Kosten belaufen sich nach Angabe von Markus Lötzsch, Hauptgeschäftsführer IHK Nürnberg für Mittelfranken auf geplant rund 200.000 Euro. Nach Abschluss soll im neuen IHK-Gebäude in einigen Jahren eine Dauerausstellung mit typischen Funden eingerichtet werden.
Interessant: Dr. Weinig und sein Team bergen auch Artefakte aus jüngerer Zeit. Wenn er den Fotografen und Kameraleuten aus Presse, Funk und Fernsehen Reste einer zerstörten Uhr oder einen Teller mit zerrissenem Rand und Schmauchspuren zeigt, kommen die schrecklichen Bombennächte des 2. Weltkriegs für kurze Zeit wieder zurück.
Autor:Redaktion MarktSpiegel aus Nürnberg |
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