Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach - Gesamtaufführung
Endlich ist es soweit, die Stadtkirche ist wiedereröffnet! Wie bereits für das letzte Jahr geplant führt die Schwabacher Kantorei nun am Samstag, 12. Dezember (Teile I-III) und am Sonntag, 13. Dezember (Teile IV-VI) jeweils um 17.00 Uhr in der Evang.-Luth. Stadtkirche mit den Solisten Corinna Schreiter, Sopran, Renate Kaschmieder, Alt, Erwin Feith, Tenor und Evangelist und Andreas Czerney, Bass zusammen mit den Ansbacher Hoftrompetern, dem Ansbacher Kammerorchester unter der Leitung von KMD Klaus Peschik das Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach auf.
Die Entstehungszeit des Weihnachtsoratoriums ist uns mit aller wünschenswerten Sicherheit überliefert: Sowohl Bachs Partiturautograph als auch der zu dieser Aufführung ausnahmsweise überlieferte Textdruck sind mit ,,1734" datiert. Unbekannt ist dagegen, von wem die Textvorlage stammt, obwohl der Gedanke an Picander schon deshalb nahe liegt, weil das Oratorium zahlreiche Parodiesätze enthält und sich Picander auch bei anderen Bachschen Werken als Meister in der Kunst des Parodierens erwiesen hatte, die ja durchaus nicht nur dichterisches Können, sondern zugleich musikalische Kenntnisse erforderte. (Picander, der eigentlich Christian Friedrich Henrici hieß, lebte von 1700-1764 und ab 1720 in Leipzig; 1728 veröffentlichte er eine Sammlung von Kanta-tentexten, die Bach häufig aufgegriffen hat.)
Charakteristisch für die Anlage des Textes ist das Auftreten von freier Rezitativdichtung betrachtenden Inhaltes, wie wir sie schon aus der Matthäus-Passion kennen. Diese Anordnung Evangelist - freies Rezitativ - Arie entspricht der pietistischen Frömmigkeit in: Lesung - Betrachtung - Gebet. Dazu kommt der abschließende Choral, in dem gleichsam die Gemeinde ihr ,,Amen" dazu spricht.
Zur Vorgeschichte: In den Jahren nach 1729, Bach war schon sechs Jahre lang Thomaskantor in Leipzig, scheint er weitgehend darauf verzichtet zu haben, weitere Kirchenmusik für den lutherischen Gottesdienst zu schreiben. Die Gründe dafür sind vielschichtig: weder die Auseinandersetzung mit seinen Leipziger Vorgesetzten noch die geringen Fähigkeiten der Sänger und Musiker, die ihm zur Verfügung standen, waren entscheidend. Auch die Vermutung, Bachs Schaffenskraft sei verbraucht gewesen, trifft nicht zu. Im Gegenteil, was als Grundlage musikalischer Erfindung gilt, nämlich originelle und eingängige Melodien formen zu können, war bei ihm selten stärker ausgeprägt als in den Jahren zwischen 1729 und 1735. Man denke hier vor allem an die Kantate „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ (BWV 140) und die „Hirtensinfonie“ im zweiten Teil des Weihnachtsoratoriums.
Die Musikwissenschaft nimmt an, dass Bach das Komponieren von Passionen und Kantaten für Leipzig deswegen fast ganz einstellte, weil er nun den Fünfjahreszyklus seiner „regulirten kirchen music“ geschaffen hatte und neue Aufgaben brauchte. Seine Bewerbung in Dresden (mit dem Kyrie und Gloria der späteren h-Moll-Messe) steht sicher damit im Zusammenhang. Auch psychologische Gründe (welcher Art auch immer) mögen eine Rolle gespielt haben. Fest steht, dass Bach in diesem mittleren Abschnitt seiner Leipziger Zeit als neue Werke nur ein knappes Dutzend Kirchenkantaten, einige Klavierstücke und ein paar weltliche Kantaten (meist zu Ehren des sächsischen Hofes) geschrieben hat.
Es scheint, Bach wollte in der Zeit nach 1729 seinen Kompositionen eine endgültige Form geben. Bisher hatte er überwiegend Auftragsarbeiten gefertigt oder für den nächsten Sonntag bzw. für ein bevorstehendes Kirchenfest komponiert. Nun aber scheint er seinem Wunsch nachgegeben zu haben, diejenigen seiner Werke, von denen er glaubte, sie könnten ihn überleben, zu ordnen und zu überarbeiten. Es waren nämlich bisher nur ganz wenige seiner Werke im Druck erschienen. Schon im Jahr 1726 hatte die systematische Veröffentlichung seiner Werke begonnen. Auf eigene Kosten hatte Bach eine Sammlung von Klavierstücken unter dem Titel „Clavierübung“ heraus gebracht. Danach überarbeitete und formierte er viele seiner älteren Werke neu. Sie wurden zu seinen Lebzeiten zwar nicht gedruckt, waren aber für die Veröffentlichung gedacht. Bachs wachsendem Bewusstsein für die Zeit nach seinem Tod entstammt auch die 1735 erschienene musikalische Familiengeschichte durch zwei Jahrhunderte mit dem Titel „Ursprung der musicalisch-Bachischen Familie“. Er schrieb auch das „Alt-Bachische Archiv“ fort, eine handschriftliche Sammlung von Stücken aus der Familie Bach, die sein Vater Johann Ambrosius angefangen hatte. Und als Versuch, Stücke, die aus seiner Sicht keine Überlebenschance hatten, im Rahmen eines Oratoriums oder einer Messe eine zeitlose Form zu geben, können die Parodien der 1730er Jahre entstanden sein.
Zu den Werken aus dieser Zeit zählt auch das Weihnachtsoratorium. Die sechs Kantaten wurden unter Bachs Leitung uraufgeführt am 25., 26., und 27. Dezember 1734 und am 1., 2. und 6. Januar 1735. Jede Kantate ist in sich abgeschlossen und auf den speziellen Feiertag zugeschnitten. Es kann jedoch kein Zweifel bestehen, dass Bach die Kantaten als zusammenhängendes Werk ansah. Die Texte waren sogar extra in einem besonderen Textheft mit einer gemeinsamen Titelseite gedruckt worden. Die innere Geschlossenheit kommt auch darin zum Ausdruck, dass der erste Choral der ersten Kantate (Nr. 5 „Wie soll ich dich empfangen?“) und der Schlusschoral der letzten Kantate die gleiche Melodie haben, die aber so unterschiedlich verarbeitet wird, dass sich der Zusammenhang nicht unmittelbar erschließt. Als Melodie erklingt dabei der Passionschoral „O Haupt voll Blut und Wunden“ (ursprünglich „Herzlich tut mich verlangen“ von Hans Leo Hassler), jedoch in ein strahlendes Orches-tergewand gehüllt und so das Werk in festlichem Glanz beschließend.
Entstanden ist das Werk zwischen September 1733 und Oktober 1734, in weiten Teilen als Huldigungsmusiken für die sächsische Kurfürstenfamilie geschrieben. Im sechsten Teil hat Bach eine ältere Kirchenkantate verarbeitet. Zu dem vorhandenen Material wurden neue Rezitative, Chöre und Choräle hinzugefügt. Die Form des Weihnachtsoratoriums ist die gleiche wie in den Passionen: die Erzählung des Evangelisten wird ergänzt durch Rezitative, Arien, Chöre und Choräle. Neu ist bei den Chorälen die selbständige Begleitung durch das Orchester, die gelegentlich auftritt.
Eintrittskarten zu diesem bekannten Meisterwerk zu 26/20/16 Euro für beide Konzert bzw. 18/14/12 Euro für ein Einzelkonzert gibt es im Vorverkauf bei der Buchhandlung Kreutzer am Markplatz und im Pfarramt St. Martin, Wittelsbacher Straße 4, Restkarten an der Abendkasse.
Weitere Informationen zum Konzert bei KMD Klaus Peschik, Telefon 09122/9256 430
Kartenvorbestellungen im Schwabacher Pfarramt St. Martin unter Telefon 09122/9256 200
www.schwabacherkantorei.de
Autor:Roland Pikula aus Schwabach |
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