Hypowaagenia endressi
Neuer Riesenammonit aus Gräfenberg trägt Namen vom Steinbruchbesitzer!
Riesenammonit aus Gräfenberg trägt Namen vom Steinbruchbesitzer
REGION (vs) - Steinbrüche in der Frankenalb geben seit Jahrhunderten einen faszinierenden Einblick in die Erdgeschichte, als diese Gegend noch vom Jurameer bedeckt war. Aus Gräfenberg (Oberfranken) und Bischberg (Oberpfalz) ist nun eine neue Ammonitengattung beschrieben worden. Das größte Exemplar aus einer Serie von insgesamt acht Stücken misst fast 60 Zentimeter und wäre – eine vollständige Überlieferung vorausgesetzt – noch um einiges größer gewesen!
Ammoniten gehören zu einer ausgestorbenen Gruppe sogenannter Kopffüßer, die weit entfernt mit den heutigen Tintenfischen verwandt waren. Eingebettet in Kalk- und Tonablagerungen sind sie in vielen Schichten der Fränkischen Alb so häufig, dass der Ammonit sogar das Markenzeichen für den Naturpark Altmühltal geworden ist. Gelebt haben sie in einem Zeitraum vor etwa 200 bis 65 Millionen Jahren. Die neue Ammonitengattung aus Gräfenberg war vor rund 150 Millionen Jahren im süddeutschen Oberjura beheimatet und hört auf den wissenschaftlichen Namen Hypowaagenia endressi SCHWEIGERT & SCHLAMPP.
Den Anstoß für die Publikation mit dem Wissenschaftler und Ammonitenexperten Dr. Günter Schweigert vom staatlichen Museum für Naturkunde Stuttgart hat der langjährige Hobbysammler und MarktSpiegel-Redakteur Victor Schlampp gegeben, der vor rund acht Jahren das erste Exemplar im Steinbruch Gräfix gefunden und gleich als Besonderheit erkannt hatte. In Erinnerung waren ihm weitere Stücke aus anderen Privatsammlungen, die er nach und nach im Ankauf erwerben konnte. Weil das am besten erhaltene Stück aus dem Steinbruch Gräfix stammt und als Dank für die jahrelange Sondererlaubnis hier sammeln zu dürfen – das Betreten des Aufschlusses ist aus Sicherheitsgründen ohne Genehmigung des Inhabers strengstens verboten – ist die neue Art nach dem Steinbruchbesitzer Wolfgang Endreß benannt worden. Der Gattungsname Hypowaagenia nimmt Bezug auf eine jüngere Form, mit ähnlichen morphologischen Ausprägungen. Sämtliche Exemplare der neuen Gattung sind in der Staatssammlung Stuttgart hinterlegt.
Bereits 2003 hatte Victor Schlampp, damals mit dem Wissenschaftler und Ammonitenexperten Dr. Gerhard Schairer von der Bayerischen Staatssammlung in München, die neue Gattung Graefenbergites aufgestellt. Das Material hierzu kommt aus dem benachbarten Steinbruch Deuerlein (Inhaber Werner Steinbrecher).
Damit zeigen sich die Aufschlüsse rund um die Stadt Gräfenberg als wertvolle Fenster in die Erdgeschichte.
Der Weg zur neuen Gattung
Die meisten Neufunde werden in der Regel von Sammlern etwa in Naturaufschlüssen oder Baumaßnahmen gemacht. Erster Ansprechpartner für alle, die meinen eine neue oder besondere Versteinerung gefunden zu haben, sind örtliche Naturkundemuseen, wie beispielsweise in Nürnberg die Naturhistorische Gesellschaft. Wesentlich unkomplizierter und schneller geht es in Zeiten des Internets über sogenannte "Communities". Unter der Webadresse www.steinkern.de gibt es seit 15 Jahren eine von Sammlern erstellte und verwaltete Homepage, bei der auch viele namhaften Wissenschaftler Mitglied sind. Die Anmeldung ist kostenlos. Hier können im so genannten "Forum" Bestimmungsanfragen mit Bild der jeweiligen Versteinerung eingestellt werden. Auf diesem Wege ist schon so manche Rarität einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden.
Stellt sich heraus, dass ein Sammler tatsächlich etwas Neues entdeckt hat und er bereit ist, dieses Stück unentgeltlich in einer öffentlichen Sammlung zu hinterlegen, kann er Kontakt zu einem Wissenschaftler - am besten über eine staatliche Instiution - aufnehmen. Dieser wird dann den Fund dann unter einem neuen Namen - den der Sammler auch mitbestimmen darf - in einer allgemein anerkannten wissenschaftlichen Publikation veröffentlichen. Der Weg bis dahin kann aber einige Jahre lang dauern. Zuerst wird die Versteinerung an den Wissenschaftler geschickt. Dieser muss dann in der gesamten Literatur und in den wissenschaftlichen Datenbanken recherchieren, ob diese Versteinerung nicht doch schon früher von einem anderen Wissenschaftler veröffentlicht worden ist. Findet er, und das gilt weltweit, keine Belege, erstellt er ein Manuskript. Erst wenn dieses von einem Expertenteam freigegeben wird, kann die Veröffentlichung in einer wissenschaftlichen Publikation erfolgen.
Empfindliche Strafen
Das Betreten von Baustellen und aktiven Aufschlüssen (Tongruben, Steinbrüche usw.) ist ohne Erlaubnis des Verantwortlichen/Besitzers aus Sicherheitsgründen strengstens verboten und kann bei Zuwiderhandlungen strafrechtliche Folgen haben. Das Auflesen von Fossilien in der freien Natur ist in der Regel erlaubt. Felder und wirtschafliche Anbauflächen auf denen Saatgut ausgebracht ist, oder auf denen Pflanzen wachsen, dürfen in dieser Zeit nicht betreten werden. Hier droht eine Anzeige, wenn die Pflanzen beschädigt werden. Egal, ob auf einem Acker, an einem Flusshang oder im Wald: Grabungen sind grundsätzlich verboten. Wer hier tätig werden möchte, muss stets vorher Kontakt mit dem Besitzer oder den zuständigen behördlichen Stellen aufnehmen. Eine gute erste Anlaufstelle ist das Rathaus/die Verwaltung der betreffenden Stadt oder Gemeinde. Dem Autor dieses Artikels ist in seinen inzwischen über 50 Sammeljahren hier immer bestens weitergeholfen worden.
Interessante Links
Homepage der Naturhistorischen Gesellschaft Nürnberg: Bitte hier klicken
Sammlerhomepage Steinkern: Bitte hier klicken
PDF (in englischer Sprache) zur neuen Gattung Hypowaagenia: Bitte hier klicken
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