Fachnachmittag der KoKi – Netzwerk frühe Kindheit
„Tatort Familie – Kinder im Spannungsfeld häuslicher Gewalt“

Foto: Counselling (pixabay)
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FORCHHEIM (pm/rr) – Was bedeutet es für Kinder, wenn sich die Eltern ständig streiten und der Streit in Gewalt ausartet? Eine Frage, die sich nicht nur Eltern sondern auch Fachkräfte regelmäßig stellen. Zu diesem Fachnachmittag hat Landrat Dr. Hermann Ulm ins Landratsamt eingeladen.

Der Landrat erinnerte daran, dass Gewalt in allen sozialen Schichten unabhängig von Einkommen, Beruf oder Religion vorkommt. Dagmar May, die Leiterin des Amtes für Jugend, Familie und Senioren, betonte in ihrer Einführung, dass es die Arbeit der Koordinierenden Kinderschutzstelle, kurz KoKi seit 10 Jahren gibt und drückte ihre Freude an der positiven Entwicklung des KoKi-Netzwerkes aus. Sie bedankte sich bei den Mitarbeiterinnen Barbara Schmidtlein und Karin Kohlmann für die geleistete Arbeit.

25 Prozent der Frauen haben Gewalt erlebt

Diplompädagogin Susanne Prinz aus Oberhausen schilderte die vielen Gesichter häuslicher Gewalt. Sie legte Zahlen aus einer Studie von 2004 zum Thema „Gewalt gegen Frauen in Paarbeziehungen“ vor. Sie zeigt, dass rund 25 Prozent der in Deutschland lebenden Frauen Formen körperlicher oder sexueller Gewalt durch aktuelle oder frühere Beziehungspartner erlebt haben. 60 Prozent der befragten Frauen, die über die letzte gewaltbelastete Paarbeziehung berichteten, gaben an, in dieser Beziehung auch mit Kindern zusammengelebt zu haben, 7 Prozent gaben an, die Kinder hätten die Situationen gehört und 50 Prozent sie hätten sie gesehen.
Fast doppelt so häufig wie nicht-behinderte Frauen erfahren Frauen mit Behinderungen körperliche und psychische Gewalt im Erwachsenenalter, aber auch bereits in ihrer Kindheit.

Susanne Prinz zeigte einen Ausschnitt aus dem Animationsfilm „Wutmann“ von Anita Kili (Norwegen 2009, www.methode-film.de), der sehr eindrucksvoll die Gefühle eines Kindes während einer Gewaltsituation zwischen den Eltern offen legt. Das Kind ist hin- und hergerissen zwischen der Liebe zum Täter, der Angst vor der Gewalttat, dem Gefühl, es wäre selbst Schuld an den Gewaltausbrüchen und der Vorstellung, es könnte diese mit Wohlverhalten beeinflussen.

In die Studie waren mehr als 40.000 Kinder mit einbezogen. Bei etwa 40 Prozent der betreuten Kleinkinder (1 - 2 Jahre alt) waren emotionale Probleme für die Fachkräfte erkennbar und gleiches galt für mehr als 50 Prozent der älteren Kinder, die zu einem ähnlich hohen Anteil auch Probleme im sozialen Verhalten entwickelten. Nach „indirekt“ erfahrener Gewalt entwickelte sich häufig eine fatale Haltung: „Fühle nichts, traue niemanden, rede nicht darüber“.

Unterstützung durch Vernetzung

Die Referentin betonte, wie wichtig hier die Vernetzung und Kooperation der Verantwortungsgemeinschaft ist, um den Betroffenen und ihren Kindern Unterstützung anzubieten. Kinderschutz, der im Dialog mit den Betroffenen und auf Augenhöhe mit ihnen stattfindet macht eine veränderte Haltung der Netzwerkpartner notwendig. Häusliche Gewalt, Partnerschaftsgewalt und Kindeswohlgefährdung verlangen ein Handeln von vielfältigen Institutionen und Berufsgruppen sowie eine enge Kooperation der Beteiligten in einer interdisziplinären Zusammenarbeit.

Peter Grundler von der Gewaltberatung Nürnberg e. V. (www.gewaltberatung–nuernberg.de) stellte die Arbeit der Beratungsstelle vor. Zielgruppen sind hier Personen mit Gewaltpotential oder Menschen, die befürchten, gewalttätig zu werden. Erziehungspersonen, die mit Gewalt konfrontiert werden und Opfer von Beziehungsgewalt. Die Beratungsstelle bietet Einzelgespräche und Gruppensitzungen für Betroffene an. Workshops und Präsentationen an Schulen, sozialen Einrichtungen und Unternehmen, Fortbildung von Berufsgruppen und Aufklärung in der Öffentlichkeit ergänzen das Angebot. Die Gewaltberatung Nürnberg kann auch von Klienten aus dem Raum Forchheim in Anspruch genommen werden.

Im Anschluss an die Referate hatten fünf unterschiedliche Beratungsstellen aus dem Landkreis Forchheim Gelegenheit, ihre Angebote für die betroffenen Kinder und deren Familien vorzustellen und Fragen zu beantworten.

Abschließend gab Barbara Schmidtlein, die bisherige Leiterin des KoKi, ihren Abschied aus dem Arbeitsgebiet in den wohlverdienten Ruhestand bekannt. Sie hat die KoKi-Stelle im Landkreis Forchheim aufgebaut und maßgebend gestaltet.

Foto: Counselling (pixabay)
Barbara Schmidtlein, scheidende Leiterin der Koki
 | Foto: Landkreis Forchheim
Autor:

Roland Rosenbauer aus Forchheim

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