Kulturbahnhof Ottensoos
Den Bogen gespannt zwischen Klang und Bildender Kunst

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Ottensoos - Im Anschluss an einer orientalisch angehauchten musikalischen Einstimmung durch Anna Späth instrumental und Rayka Wehner vokal hieß die Künstlerin Renate Kirchhof-Stahlmann die zahlreichen Gäste zur Eröffnung der Sonderausstellung unter dem Motto „Die Welt ist Klang“ herzlich im Kulturbahnhof willkommen, unter ihnen Dr. Karla Fohrbeck, frühere Schul- und Kulturreferentin von Nürnberg als Hauptvortragende, Tanja Riedel, 2. Bürgermeisterin von Ottensoos und Landrat Armin Kroder.

Nada Brahma – Die Welt ist Klang, ein Hommage an Joachim Berendt
In Sanskrit heißt „Nada“ Klang und „Brahma“ ist der Name eines der Hauptgötter im Hinduismus.
Als Physiker und Naturwissenschaftler hat Berendt die Musik in einem viel weiteren Sinne empfunden, nämlich verknüpft mit dem Mikro- und Makrokosmos als verbindendes Element zwischen allem. Der ganze Kosmos wird von einem mathematischen Prinzip gelenkt, was auf Harmonie ausgerichtet ist. Was hat es mit dem Grundthema des Bahnhofs zu tun, mit nachhaltiger Entwicklung? Das Problem, die Welt fällt immer mehr in Einzelteile auseinander, wird immer chaotischer, deshalb muss der Blick wieder auf das Ganze ausgerichtet werden und nichts eignet sich mehr dazu als die Musik, als der Klang.
Das Projekt hatte einen langen schrittweisen Vorlauf. Zuerst zählte die Sammlung von ausrangierten Instrumenten, Gitarren und weiteren Klangelementen, die den Anstoß zu der gegenwärtigen Ausstellung gaben. Aus Gitarren wurden Figuren mit Papierelementen und Partituren, die Musik suggerieren. Bei den angewandten Spektralfarben Gelb ist das Cis und Cis entspricht dem Sonnenton, wie weitere Farben anderen Planeten und Frequenzen zugeordnet sind. Mobiles hängen und Papierfiguren drehen sich ganz langsam im Windhauch der vorbeiziehenden Besucher und projizieren ihre Schatten an die Wand. Das Auge ergreift die Welt und in das Ohr dringt sie ein. Die Ausstellung lädt die Besucher ein, die Räume zu bespielen, Akteure zu sein, Instrumente können angeschlagen, gezupft, getrommelt werden… Der Ton ist um- und ergreifend, ein optisches und akustisches Erlebnis. Mit dieser Einführung brachte die Künstlerin Renate Kirchhof-Stahlmann die Symbolik und die Hintergedanken ihrer Werke allen näher: Bilder verbunden mit Gesang, Spiel, Rhythmus und Tanz. Außerdem empfahl sie besonders, aufeinander zu hören.

Für Karla Fohrbeck hat Renate Kirchhof-Stahlmann ihre Werke immer in Mikro- und Makrokosmos-Kontexten einbezogen verstanden, Werke, die wie die Stiftung Kulturbahnhof den Besucher in die Verantwortung nehmen will, was mehr als eine Bildende Künstlerin aus ihr macht. In diesem Umfeld ist auch diese Ausstellung zu sehen und verstehen. Technische Errungenschaften verändern das Weltbild rasant und das Bildungssystem wächst nicht mit, sondern lehrt nicht selten noch den Stoff aus dem 19. Jahrhundert. In sehr vielen Bereichen sind wir sehr altmodische Steinzeitmenschen und nicht gewachsen. Ein bisschen Müll sortieren wird nicht mehr ausreichen. Wir brauchen Umdenken. So das Fazit von Karla Fohrbeck.

Joachim Berendt (1922-2000), der in den 70er-Jahren losgelegt hat, war immer Pionier, war zwei Jahre im dritten Reich verboten, fing 1947 als Mitgründer des Südwestfunk an, wo er 40 Jahre lang Redakteur für Jazz blieb. Ein Avantgardist für eine neue freiere Form der Musik. In Indien als Bagwan Hochschuljünger erkannte er, dass Erleuchtung durchaus auch Egomanen treffen kann, die ihren eigenen Weg zu sich selbst und darin die Verbindung zu allem gefunden haben. Aber er hat auch entdeckt, für diesen Planeten in dem wir uns immer mehr spezialisieren, wir immer mehr in Technik verschwinden, dass wir im Westen eine Religion hatten, eine Botschaft, die mit dem Menschenbild und seiner Verantwortung zu tun hatte, denen gegenüber wir gänzlich versagt haben. Was kann uns noch für diesen Globus in die Verantwortung reinbringen? Es hat sehr viele Künstler in den 60er-70er Jahre auf die Suche geführt. Daraus entstand die Feststellung, dass die Religionen Trennungsfaktoren sind. Obwohl im Grunde alle Religionen etwas zum kosmischen Weltbild beizutragen haben. Die Östlichen haben sehr viel zur Evolutionsgeschichte und zum Kosmos zu sagen, das sich heute mit den naturwissenschaftlichen Erkenntnissen deckt. Wenn man heute von Musik und Schwingung spricht, Physiker reden schon lange nicht mehr von Relativität seit Einstein sondern vor allen Dingen auch davon, dass Materie im Grunde eine verdichtete Form von Schwingung ist. Joachim Berendt hat außer der Weltmusikbewegung, die er mit in Gang gesetzt hat, auch die Transreligiosität und Transspiritualität, die interkulturelle Kommunikation, die wir dringend brauchen, geprägt. Religiosität, Spiritualität ist ein schöpferischer Vorgang.

Berendt hat vieles nicht erfunden sondern popularisiert, sei es durch seine Begegnung mit Karlheinz Stockhausen oder durch den Einfluss von dem Schweizer Mathematiker und Musikwissenschaftler Hans Cousto, der als erster den Oktavton G der Frequenz der Erdrotation errechnete, den Tageston 194,18 Hertz. Aus den Planetentönen wurde die Klangtherapie geschaffen und die Farbtherapie hat auch nicht weniger mit Schwingung zu tun. Musik und Mathematik waren immer eng verwandt. Von einem der bedeutendsten Mathematiker des Mittelalters stammen die nach ihm genannten Fibonacci-Zahlen in der chromatischen Tonleiter.

Auch Pflanzen sind keineswegs taub sondern sie vernehmen Schwingungen und zeigen ausdrucksvolles Wachstumsverhalten bei Musik, insbesondere bei harmonischer Musik. Und selbst Wasserkristalle werden durch Schwingungen, der Art von Musik, Worten oder Gedanken entsprechend beeinflusst, wie von dem Japaner Masaru Emoto ausreichend dokumentiert wurde. Was wir zum Heilwerden brauchen ist nach innen hören, sind sich Joachim Berendt und Karla Fohrbeck einig.

Klang braucht Zeit und Raum zur Entfaltung seiner Schallwelle in unserer vierdimensionalen Welt. Klang ist deshalb vergänglich, er entsteht aus der Stille und kehrt am Ende zur Stille zurück. So ist die Stille der Übergang zu weiteren zeit- und raumlosen Dimensionen. Klang ist ohne Licht wahrnehmbar, Farbe nicht. Durch die Brechung des Lichtes, das alle Spektralfarben enthält, entstehen die Regenbogenfarben. Wiederum mit einem Kreisel lässt sich sehr schön zeigen, dass die Grundfarben des Lichtes in Addition beim Schnelldrehen weiß ergeben. Alles ist umkehrbar und das, was als Nichts erscheint, beinhaltet in Wirklichkeit alles und bildet eine Einheit, die weit über unseren Verstand hinausgeht.

Das Museum ist jeden Sonntag von 15-17 Uhr geöffnet.

Autor:

Daniel Decombe aus Nürnberger Land

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