Schweden gewinnen beim Fischerstechen
Im Rahmen der Wallenstein-Festspiele 2018 gab es in Altdorf am vierten Festspiel-Sonntag eine Fortsetzung des Fischerstechens. Damit ging der im letzten Festspieljahr ins Leben gerufene Programmbeitrag als Attraktion in seine zweite Runde. Als Wettkampfsieger ging heuer die Festspielgruppe der Schweden hervor.
Das Fischerstechen wurde in Folge wieder mit Rücksicht auf Familien mit Kindern am sogenannten "Kinder-Wochenende" veranstaltet. Aus dem Lager der Kosaken wurden bei sommerlichen Temperaturen die Ruderboote in den Roßweiher gelassen. Zahlreiche Zuschauer sicherten sich frühzeitig ihren Platz in Ufernähe, während die einzelnen Wettkämpfter sich am Startplatz sammelten. Zum Wettkampf waren von den Festspielgruppen als Team angetreten: Feldlazarett, Schweden, Kosaken, Zigeuner. Jedes Team bestand aus vier Personen, entsprechend dem Anlass historisch korrekt gekleidet.
Die italienische Gastgruppe aus Grutti konnte leider ihr Team nicht mit an den Start bringen. Das Ereignis auf internationaler Ebene zwischen Italien und Deutschland auszutragen, im Angesicht der Fußball-WM am gleichen Tag, wich so einer internen Herausforderung zwischen den Festspielgruppen des Wallenstein-Festspielvereins.
Für den Ablauf und als Schiedsrichter konnte Matthias Klostermann von den Pengertzratzn (Nürnberger Fischerstecher) gewonnen werden. Die Teilnehmer erhielten eine kurze Einweisung zu den Wettkampfregeln somit aus erster Hand. Im Anschluss wurden die beiden Teams für das erste Stechen durch Los bestimmt. Für den ersten Wettkampf fiel die Ziehung auf das Kosaken- und Zigeuner-Team. Beide Teams besetzten alsdann mit jeweils drei Personen die Ruderboote und man startete pünktlich um 15 Uhr zur gegenseitigen Herausforderung.
Von den Zigeunern ging Bernd Fischer "auf's Brett". Als Octavio Piccolomini, Generalleutnant beim Schiller-Theaterstück, ist er zwar mit den Brettern der Theaterbühne vertraut, jedoch waren diese kein Vergleich zu den Brettern die jetzt einen ganz anderen Balanceakt von ihm forderten. Seitens den Kosaken hatte Phillip Schottner seine Position als Stecher eingenommen. Mit Geschick beförderte dieser seinen Kontrahenten ohne Schwierigkeiten ins Wasser. Der erste Punkt ging damit verdient an das Team der Kosaken.
Dem Auftakt folgten sehenswerte Wettkämpfe zur Belustigung der Besucher. Während die Haltungsnote auf dem Boot ein wichtiger Teil des Stechens war, so war der Abgang oder Sprung ins Wasser der wohl schadensfreudigste Moment für so manchen Zuschauer. Für die Zweikämpfe hatte der Ruderer die richtige Ausgangsposition anzusteuern, was stellenweise nicht immer einfach gelungen ist. Etwas einfacher hatte es dabei die dritte Person im Boot, die als Gegengewicht eine unersetzbare Sitzposition inne hatte.
Vom Ufer aus wurden die Zweikämpfe mit Aufmerksamkeit verfolgt. Händeklappern und Jubel begleiteten die Akteure nicht nur beim Abgang ins Wasser. Mit Beifall wurde auch so mancher belohnt, der sein Gleichgewicht geschickt halten konnte.
Beim ersten Stechen machten Tyrone Brown (Kosaken) und Thomas Märx (Zigeuner) als Ruderer eine gute Figur, während Julian Lill im Boot der Kosaken und Wolfgang Völkl im Boot der Zigeuner jeweils als Gegengewichte fungierten. Das zweite Stechen wurde zwischen dem Schweden- und Feldlazarett-Team ausgetragen. Die Schweden gingen hierbei als Sieger hervor. Frei nach dem Motto 'einer für alle - alle für einen' sind anschließend die zwei im Boot verbliebenden Teamkameraden des Feldlazaretts kurzer Hand ihrem Stecher mit ins Wasser gefolgt. Seitens dem Feldlazarett waren Jonas Beckmann, Robin Fuhrich, Daniel Reif und Rik Vitzthum an den Wettkämpfen beteiligt. Vom Steg aus wurde das Feldlazarett-Team bei ihren Zweikämpfen aus den eigenen Reihen lautstarkt angefeuert.
Das Team der Schweden konnte gegenüber dem Kosaken-Team bei den Wettkämpfen in der Endrunde zwei Punkte mehr für sich verzeichnen. Damit reihten sich die Kosaken bei der Schlußbewertung nach den Schweden auf Platz Zwei ein. Den verspielten Heimvorteil nahm deren "Teamchefin" Ingrid Pauly mit Humor. Die Punktevergabe erfolgte nach dem KO-Prinzip. Zusätzlich, um dem laufenden Wettkampf gerecht zu werden, musste dem Regelwerk auf die Schnelle eine Wallenstein-Sonderregelung hinzugefügt werden.
Was war geschehen?
Unter den aufmerksamen Blicken einer ungekrönten Jury war das Schweden-Team stellenweise mit vier Personen auf der Wettkampffläche, bzw. auf und im Wasser. Während das Stechen bereits in den nächsten Durchlauf ging, war einer der Schweden immer noch damit beschäftigt im Weiher nach einem seiner Schuhe zu suchen. Erfolglos!
Den erfahrenen Fischerstechern sind die Tücken des Altdorfer Stadtweihers bekannt. So manchem wurde bei Grundkontakt ein loses Schuhwerk durch den dortigen Schlamm vom Fuß gezogen. Alleinig deshalb war es ein Garant dafür, dass jeder Stecher sein Bestes gab und versuchte nicht von Bord gehen zu müssen. Neben zwei ausgesprochenen Strafpunkten wegen Übertretung der am Brett befindlichen roten Linie verliefen die Zweikämpfe regelkonform. Das bei den Wallensteinern mit einer Lanze auch mal ehr gefochten als gestoßen wird, lag in der Natur der Teilnehmer. Der Wettkampfrichter nahm es mit Humor, nachdem von ihm der Ordnung halber kurze Ermahnungen ausgesprochen wurden.
Für die Teilnehmer und das Organisations-Team um Armin Winkelmann standen Unterhaltung und Spaß im Vordergrund. Wer in Altdorf bei den Wallenstein-Festspielen eine starre vorgegebene Wettkampfdisziplin erwartete, der wurde eines Besseren belehrt und erfuhr, was seinerzeit, dank dem Junker Albrecht Wenzel Eusebius von Waldstein, unter einem Studentenleben verstanden und gelebt wurde.
Mit Spaß mussten es auch Leon Bergmann und Martin Renner (beide vom Schweden-Team) nehmen. Einzeln hatten sie ihrem Gegner gute Parole geboten, was aber nicht verhinderte, dass für beide der Zweikampf im Wasser endete. Das jeder Zweikampf für sich neue Situationen hervorbringt zeigte anschaulich das Zigeuner-Team. Als deren gewichtigster Stecher das Brett betrat und dabei das Heck des Bootes samt seiner beiden Team-Kameraden aus dem Wasser hebte. Oliver Reinhardt (Zigeuner-Team) überzeugte als Stecher mit einer vorwiegend professionellen Ausgangsposition. Die Kosaken waren in Nachthemden angetreten, von denen sich Andre Birzer zuletzt gegen die Schweden verteidigte. Die Kosaken stiegen als "Team der Herzen" aus dem Weiher.
In der Einzelwertung standen sich Marcus Hammerbacher und Stefan Blos im Finale gegenüber. Da beide Stecher aus dem Team der Schweden hervorgingen war es nicht verwunderlich, dass der Zweikampf unentschieden ausging. Mit Fairplay als Gegengewicht zu den Wirren des 30jährigen Krieges stoßten sich beide Finalisten zeitgleich vom Brett ins Wasser. Unter dem Applaus der Zuschauer verzichtete man auf einen zweiten Anlauf und der Wettkampfrichter sprach beiden den Sieg der Einzelwertung zu.
Am Ende der Veranstaltung luden die Kosaken als gastgebende Festspielgruppe alle Beteiligten in ihr Lager ein. Bei gekühlten Getränken und Matjes nach Kosakenart wurde freudig einem nächsten Fischerstechen entgegen gesehen. Zur Erinnerung an das Fischerstechen 2018 kamen alle Beteiligten nocheinmal für ein Gruppenfoto zusammen. Dabei verständigte man sich, zukünftig beim Nürnberger Altstadtfest mit an den Start beim dortigen Fischerstechen zu gehen. Man wird sehen, ob die Altdorfer Wallensteiner einer Herausforderung auf der Pegnitz bereits gewachsen sind....
Autor:A. Winkelmann aus Nürnberger Land |
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