Reges Leben im Horst
Röttenbacher Weißstörche live im Internet
RÖTTENBACH ERH (pm/ak) – Karpfen und Storch sind die Wappentiere der Gemeinde Röttenbach (Lkr. Erlangen-Höchstadt). Doch vor allem am Leben der Störche nehmen die Röttenbacher regen Anteil. Denn dank einer hochauflösenden Videokamera am Horst können die Bürger das Leben der Tiere live auf ihrem Smartphon, Tablet oder am PC verfolgen.
Immer wieder muss der Röttenbacher Storchenbeauftragte Hartmut Strunz mit allerhand Vorurteilen und manchmal auch Gefühlsduselei aufräumen. Trotz aller Tierliebe sind Störche Wildtiere und stehen unter Schutz.
"Storchen-Beauftragter" hat Nest immer im Blick
Die intimen Einblicke in das Geschehen im Storchennest auf der Homepage der Gemeinde (Roettenbach-erh.de) sind sehr gefragt. Viele Bürger beobachten die Tiere, stellen Fragen oder geben Rückmeldungen zum Befinden der Vögel. Schon vor Jahren hat die Gemeinde Röttenbach mit Unterstützung der Umweltverbände Landesbund für Vogelschutz (LBV) und Bund Naturschutz (BN) einen sogenannten „Storchen-Beauftragten" eingesetzt. Seit zehn Jahren ist Hartmut Strunz dafür zuständig. Er übernahm das „Amt" von seinem Vorgänger Jörg Straßburger, nach dessen Tod.
Von seinem Arbeitszimmer in der Ringstraße überblickt Strunz die ganze Umgebung. Anders als die Webcam-Zuschauer kann er sofort erkennen, wenn ein scheinbar länger vermisster Altstorch den Masten der Kamera zur Präsenz bei den Jungvögeln nutzt und daher im Video unsichtbar ist. Neben der Dokumentation des Brutgeschehens kümmert sich Strunz auch um die Bearbeitung der nahezu täglich eintreffenden Emails. Bei besonderen Situationen rund um die Tiere ist es oft eine regelrechte Mail-Flut.
Einmischung und Unterstützung oft fraglich
Viele Beobachter der Tiere würden sie am liebsten dauernd behüten. Das ist aber nicht im Sinne des Naturschutzes, findet Hartmut Strunz. Störche stehen unter strengem Naturschutz und daher soll der Mensch seiner Meinung nach eigentlich nicht ins Geschehen aktiv einmischen. Auch nicht in vermeintlichen
Notsituationen.
Die Storchenpopulation in Bayern hat sich laut Landesbund für Vogelschutz (LBV) so gut erholt, sodass keine Gefahr des Aussterbens dieser Art mehr besteht. Von mancherorts gut gemeinten Nestreinigungsmaßnahmen, Winterfütterungen oder gar Bergung von Jungvögeln in Regenperioden hält der Röttenbacher Storchenexperte wenig, weil solche Eingriffe auf das natürliche Nestbau- und Zugverhalten Einfluss nehmen und auch naturschutz-rechtlich fragwürdig sind. Hartmut Strunz hält sich da lieber an die Empfehlungen der Länderarbeitsgemeinschaft der amtlichen Vogelschutzwarten in Deutschland.
Zudem können sich Störche gut selbst helfen. So beobachtet er immer wieder, dass die Vögel zu Beginn der Brutzeit ihr Nest in wenigen Tagen der Wettersituation anpassen und es mit Naturmaterialien gegen Nässe oder Hitze schützen. In Röttenbach werden keine Holzhackschnitzel wie andernorts in den Horst gelegt. Laut Strunz ist das Material für die Schnäbel der Störche auch ungeeignet.
Brutzeit immer früher
Die Eiablage der Störche in diesem Jahr von schon Mitte März statt - so früh wie noch nie. Wohl eine Folge der Klimaerwärmung. Das Brutpaar legte sechs Eier, aus denen auch jeweils ein Küken schlüpfte. Allerdings haben die Altvögel davon nur drei Junge großgezogen. „Dieses für uns Menschen als grausam empfundene Verhalten ist offenbar auf den Instinkt zurückzuführen, dass in unseren an Nasswiesen armen Flur eine geringere Nahrungsgrundlage besteht", vermutet Hartmut Strunz. Seiner Meinung nach sei das auch der Grund, warum die Röttenbacher Störche keine weiteren Ansiedlungen dulden. Die fast täglich stattfindenden Angriffe von Fremdstörchen auf das Röttenbacher Nest, bei denen es schon wiederholt sogar Blutvergießen gab, wurden bisher erfolgreich abgewehrt.
In anderen Orten im Regnitz- und Aischgrund, wie beispielsweise in Baiersdorf, hat eine geradezu explosionsarte Vermehrung der Tiere stattgefunden. Erstmals wurden dort auch Baumhorste genutzt. Uehlfeld ist mit rund 50 Nestern sogar spitze in Deutschland und Aspirant für den Ehrentitel „Europäisches Storchendorf', den die Stiftung Euronatur jährlich vergibt.
Jeder Jungvogel erhält die Art
Vor 35 Jahren zählte die Storchenpopulation in Bayern nur 58 Brutpaare. Die Art war vom Aussterben bedroht und wurde auf die Rote Liste gesetzt. Dank eines erfolgreichen Artenhilfsprogramms, welches der LBV im Auftrag des Landesamtes für Umweltschutz ausführe, konnte der Weißstorch 2017 wieder aus der Roten Liste entlassen werden. In Bayern werden nun über 1.000 Horste gezählt, rund 10.000 sind es in Deutschland.
Der Storchennachwuchs in Röttenbach ist mittlerweile flügge. Sie werden sich dem Zug der Jungvögel nach Südwesten anschließen. Ihre Storcheneltern werden vermutlich auch in diesem Winter in Röttenbach bleiben, um das begehrte Nest für sich zu behaupten. Die Kameraübertragung macht also ganzjährig Sinn und erlaubt immer wieder interessante Beobachtungen, freut sich der engagierte Storchenbeauftragte Hartmut Strunz in Röttenbach.
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