Erlangen
125 Jahre Fuchtl - Bahnstrecke nach Herzogenaurach
Das Geburtstagskind ist zwar Tod - aber über Wiedergeburt wird nachgedacht
Vorgeschichte
Herzogenaurach zählte etwa 2.500 Einwohner, als am 16. April 1894 der erste Zug fuhr. Als das Städtchen an der Aurach den Bau der Bahn aus eigener Initiative betrieb, ahnte es sicher noch nichts von seiner stürmischen wirtschaftlichen Entwicklung, der die Bahn lange Zeit noch gerecht wurde.
Die neue knapp 12 Kilometer lange Verkehrsverbindung mit täglich drei Zügen in beiden Richtungen sollte vor allem für das kleine Industriestädtchen Vorteile bringen. Vornehmlich waren es damals die vielen Wollspinnereien, Filzschuhfabriken, Tuch- und Zeugwebereien, die gegenüber der sächsischen Großindustrie unter ungleichen Konkurrenzbedingungen produzieren mussten. In der Hilfe einer vom harten Wettbewerb bedrängten Kleinindustrie sah man den Hauptzweck der Lokalbahn.
Die "Eisenbahngeschichte" Herzogenaurachs reicht allerdings weiter zurück als das Gründungsjahr. Wenn man den Erzählungen der ältesten Einwohner der Stadt Glauben schenken darf, so bestanden schon früher, in den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts, Pläne für einen Anschluss Herzogenaurachs an das Netz der Bayerischen Eisenbahnen, das sich damals rasch verdichtete.
Der Bau der Strecke Nürnberg - Würzburg wurde in diesem Jahrzehnt projektiert. Unter den verschiedenen in Aussicht genommenen Linienführungen soll auch eine gewesen sein, die Herzogenaurach berührte. Diese Plan soll an Grundstücksverhandlungen gescheitert sein. So wurde die Linienführung Fürth - Siegelsdorf - Emskirchen vorgezogen. Schriftliche Unterlagen gibt es über diese Pläne jedoch nicht.
Mit der Fertigstellung der Linie Fürth - Würzburg im Jahre 1865 lag Herzogenaurach von zwei Bahnhöfen ziemlich gleich weit entfernt. Nach Bruck waren es zehn und nach Emskirchen elf Kilometer. Nur der Bahnhof Siegelsdorf war näher, aber die dorthin führenden Wege waren schlecht. So tauchte bald der Plan auf, das Städtchen durch eine "Lokalbahn" an die Hauptstrecke Nürnberg - Bamberg zu legen.
>> Die Hohe Kammer der Abgeordneten wolle die Herstellung einer Lokalbahn von Herzogenaurach nach Erlangen gnädigst genehmigen und dieselbe in den der königlichen Staatsregierung in diesen Tagen vorgelegten Gesetzentwurf über die Herstellung von Lokalbahnen aufzunehmen geruhen. <<
hieß es in einer Eingabe an die Hohe Kammer der Abgeordneten in München vom 10. Dezember 1887; die für den Stadtmagistrat Herzogenaurach Bürgermeister Adler und Stadtschreiber Schürr, für den Stadtmagistrat Erlangen Oberbürgermeister Dr. Schuh unterzeichnet hatten.
Mit dieser Eingabe wurden die Eisenbahnpläne Herzogenaurachs aktenkundig. Dass sie schon längere Zeit gehegt wurden, geht aus dieser Eingabe selbst hervor, wo es heißt, dass eine Bahnverbindung seit einigen "Dezennien" (Jahrzehnten) angestrebt wird. Die Notwendigkeit der Bahnlinie wurde mit der "volkswirtschaftlichen Bedeutung" unterstrichen.
Die "Hohe Kammer der Abgeordneten" muss diese Eingabe der Städte Herzogenaurach und Erlangen wirklich mit "gnädigen Augen" angesehen haben; denn bereits ein halbes Jahrzehnt später wurde mit dem Bau der zwölf Kilometer langen Strecke begonnen. Die Baukosten betrugen fast 800.000 Mark, die Kosten für die umfangreiche Grunderwerbungen sind in dieser Summer nicht enthalten.
Der Gedanke, Herzogenaurach mit einer Bahnlinie verkehrstechnisch zu erschließen, fand in den umliegenden Gemeinden jede Unterstützung. So wurde von der seinerzeit schon mehrgleisigen Hauptstrecke ab Bruck die Lokalbahn un den Orten Frauenaurach, Kriegenbrunn, Neuses, Niederndorf und Hauptendorf bis Herzogenaurach gebaut. Wichtige Güterumschlagplätze entstanden in Herzogenaurach, der damaligen Marktgemeinde Bruck, Frauenaurach sowie Niederndorf. Zentralstelle für den großen Warenumschlag war Erlangen.
Der Betrieb
Der Fahrplan, nach dem im ersten Betriebsjahr der Verkehr abgewickelt wurde, mutet heute ausgesprochen dürftig an. Drei Züge verkehrten damals in beiden Richtungen: ein Frühzug, ein Nachmittagszug und eine Abendzug. Eine Fahrkarte von Erlangen nach Herzogenaurach kostete 45 Pfennige. Die Fahrzeit war mit 37 Minuten schon um einiges länger als zum Schluss, neunzig Jahre später. Da fuhr man gerade mal in 20 Minuten von einer Stadt zur anderen.
Noch im Jahre 1924, als das 30jährige Bestehen der Bahn gefeiert werden konnte, fuhren nur drei Züge täglich. Erst mit dem Winterfahrplan 1932 wurde die Zahl auf sechs erhöht.
Mehrmals im Jahr waren es die Hochwässer der Regnitz, die den Verkehr in den ersten Jahrzehnten blockierten. Ein Brückenbau über das Regnitztal, für den die einzelnen Distrikte selbst hätten aufkommen müssen, wurde aus Kostengründen nicht erwogen. Nachdem aber etliche Male der Bahndamm weg- bzw. unterspült wurde (z.B. 1909 war die Strecke deswegen für 6 Wochen gesperrt), ersetzte man den Damm durch eine Flutbrücke. 1945 wurde die Regnitzbrücke von deutschen Truppen gesprengt. Viele Monate dauerte es, bis wenigstens ein behelfsmäßiger Flussübergang hergestellt war; erst 1950 wurde die ursprüngliche Brücke wieder aufgebaut.
Die letzten Jahre
Bis zur Einstellung des Personenverkehrs im Jahr 1984 hat sich die Bahnverbindung verkehrspolitisch als ein wertvoller Brückenschlag zu den Nachbargemeinden bewährt. Durch den Bau des Großkraftwerks in Kriegenbrunn hatte sie eine zusätzliche Bedeutung bekommen. 1971 wurde zum neuen Erlanger Hafen am Europa-Kanal eine Hafenbahn gebaut, die bei Frauenaurach Anschluss an die Lokalbahn erhielt. Heute werden von da Müllzüge zur Verbrennung nach Bamberg gefahren. Nach Abbruch des Großkraftwerkes gab es dorthin keine Güterzüge und zwischen Frauenaurach und Herzogenaurach fahren seit dem 28. September 1984 keine planmäßigen Personenzüge mehr.
Ein Neubeginn ?
Entlang der Strecke und auch in Herzogenaurach selbst gibt es Bestrebungen, die stillgelegte Bahnstrecke wieder mit Leben zu füllen. Möglich wäre eine Reaktivierung, da die Linie noch nicht entwidmet ist.
Günther Klebes
Am 7. April 1894 bereits war die erste Probefahrt. Am Bahnhof warten
Zaungäste, um den ersten Zug zu begrüßen.
Die FÜRSTENZELL, eine Lokomotive der bayerischen Lokalbahnreihe D VII,
zog den Eröffnungszug. Sie wurde 1887 von der Lokfabrik Maffei gebaut.
beide Aufnahmen Josef Hagen (Sammlung Günther Klebes)
Personenzug Richtung Herzogenaurach, ausfahrend aus dem Bahnhof Erlangen, um 1960 (Foto Reinhard Greger / Sammlung Günther Klebes)
Rangierarbeiten im Bahnhof Herzogenaurach, um 1960 (Sammlung Günther Klebes)
Im Herbst 2010 fährt ein Zug in Richtung Müllumladestation am Hafen Erlangen. (Foto Günther Klebes)
Autor:Günther Klebes aus Erlangen |
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