Die Krankheit mit den vielen Gesichtern erkennen
ADHS bei Frauen: Wenn das Leben scheinbar nicht zu meistern ist
REGION (whites-lines/vs) - Bei Buben, die an der Erkrankung ADHS leiden, sind die Symptome meist deutlich: Sie sind hyperaktiv, impulsiv, unkonzentiert oder im Sprachjargon vieler Eltern ausgedrückt, "man möchte sie oftmals am liebsten an die Wand klatschen". Mädchen dagegen sind häufig unauffällig und kapseln sich ab. Die Probleme kommen erst im Erwachsenenalter, wenn sie ihr Leben nicht mehr in den Griff bekommen. Zum Glück gibt es heute wirkungsvolle Therapien.
Ein typisches Beispiel einer jungen Frau: Kaum aus dem Elternhaus heraus, bricht sie mehrere Ausbildungen ab, hält es in keinem Job längere Zeit lang aus, gerät an dubiose, häufig wechselnde Partner, macht Bekanntschaft mit Drogen oder Alkohol und kann weder ihr Leben, noch ihre Wohnung aufräumen. Sie ist nicht dumm, hat sogar einen recht hohen IQ und eine bemerkenswerte Kreativität. Daher spürt sie ihre Probleme, nimmt sie als persönliches Versagen wahr, gerät darüber in Panik, entwickelt Depressionen und schließlich Ängste vor dem Leben an sich und dem was kommen mag. Schließlich – nach langen inneren Qualen – begibt sie sich in Therapie und wird behandelt. Wegen Depressionen, Drogenabhängigkeit, sie wird als bipolar diagnostiziert, narzisstisch, Borderline-Persönlichkeitsstörung oder als angstgestört. So richtig diese Diagnosen für die Einzelsymptome sein mögen – bei näherem Hinsehen liegt dem Krankheitsbild etwas anderes zu Grunde: Eine nicht erkannte ADHS im Erwachsenenalter.
Hilfe ist möglich
Eine ADHS-Expertin, die Psychiaterin und Psychotherapeutin Dr. med Jana Engel verdeutlicht: "In meine und in die Praxen von Kollegen kommen viele Patientinnen mit depressiven Symptomen, mit Angststörungen, diagnostizierter bipolarer Störung oder Borderline-Symptomatik. Darunter liegt vielfach jedoch eine ADHS-Erkrankung, die sich verkleidet". Die richtige Diagnose sei in diesen Fällen jedoch entscheidend, denn ADHS lasse sich durch eine Behandlung mit Methylphenidat (MPH) und begleitender Psychotherapie vielfach erfolgversprechend therapieren. Schlägt diese MPH-Therapie an, können bisherige antidepressive Mittel häufig reduziert oder sogar völlig abgesetzt werden. Auch die Begleiterkrankungen gingen vielfach zurück. Konkret bedeute dies eine Stabilisierung der Gefühlswelt der Patientinnen. Sie könnten ihr Leben strukturierter und mit einer besseren Stressresistenz führen und erlebten es häufig "als hätte jemand einen Vorhang beiseite gezogen". Es sei nie zu spät, eine solch grundlegende Erkrankung anzugehen und dank genauer Diagnose und mit passender Therapie in den Griff zu bekommen.
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