Beim Thema ,,Hauptmarkt“ kochen die Emotionen
Reizthema Hauptmarkt: Der MarktSpiegel fragt seine Leserinnen und Leser: Finden Sie Großevents auf dem Hauptmarkt gut?
Stellungnahmen von Wirtschaftsreferent Dr. Michael Fraas und der Jungen Union Bayern
NÜRNBERG (nf) - Was ist der Nürnberger Hauptmarkt eigentlich? Beschaulicher Marktplatz, Touristenmagnet mit freier Sicht auf den Schönen Brunnen, die Frauenkirche und Rathaus? Gelebter Stadtteil mit Anwohnern, Einzelhandel und Gastronomie? Zentraler Standort in der Altstadt für publikumsstarke Großveranstaltungen? Über die Einordnung des Stadtzentrums gibt es momentan jede Menge Zoff.
Neun Bürgervereine und Verbände - darunter u.a. der Bürgerverein Altstadt und die Altstadtfreunde Nürnberg e.V. oder der Förderverein der Frauenkirche - haben eine Resolution ,,The new Urban Event Place“ veröffentlicht und ihre Kritik an den Großevents auf dem Hauptmarkt deutlich gemacht. Besonders in der Kritik stehen Veranstaltungen wie das Beachvolleyball-Turnier, das Weitsprung Leichtathletik Festival oder spektakuläre ,,Höhenflüge“ der District Ride Mountainbiker. Die Veranstaltungen sind zwar gewollt - aber am besten an anderer Stelle. Befürchtet wird eine Zerstörung/Störung des Wochenmarktes, eine massive Zunahme derartiger Events - auch an Sonntagen. Unerträglich für Anwohner und eine Belastung (auch finanziell) für die Marktleute. Ein Interessenskonflikt, der einen Kompromiss erzwingt.
Wirtschaftsreferent Dr. Michael Fraas hat jetzt ausführlich Stellung zur Resolution genommen und will mit Fakten die Diskussion versachlichen:
,,Der Wochenmarkt auf dem Hauptmarkt wird durch die diversen Events weder zerstört, noch steht sein Ende bevor. Im Gegenteil - das zu meinem Geschäftsbereich gehörende Marktamt hat die Attraktivität des Wochenmarkts auf dem Hauptmarkt in den letzten Jahren erheblich gesteigert. Im Jahr 2013 gab es 39 Händler, im Jahr 2015 sind es 50 Händler. Auch das Angebot ist vielfältiger geworden. Und aus eigener Erfahrung kann ich berichten: Die diversen Imbiss-Stände laden zum Verweilen ein und animieren viele Besucher zum Einkaufen an den Obst- und Gemüseständen.
Die Zahl der Events auf dem Hauptmarkt steigt nicht, sondern ist im Vergleich zu 2014 gesunken: im Jahr 2014 waren es 19 Veranstaltungstage (Blaue Nacht, Tag der Verkehrssicherheit, Bio-Erlebnistage, Bardentreffen, smart beach-Volleyball, Red Bull District Ride). Im Jahr 2015 sind es 12 Veranstaltungstage (Blaue Nacht, Bio-Erlebnistage, Weitsprungwettbewerb im Rahmen der Deutschen Leichtathletik-Meisterschaft, Bardentreffen, smart beach-Volleyball, Tag der offenen Tür). Reine Sonntagsveranstaltungen (wie Genussmarkt der Handwerkskammer oder Bauernmarktmeile des Bauernverbandes) oder kleinere, parallel zum Wochenmarkt stattfindende Veranstaltungen (wie das Weinfest) sind nicht mit gerechnet.
Rein subjektiv erscheint die Zahl der Veranstaltungstage in 2015 möglicherweise deswegen hoch, weil in einem Zeitabschnitt vom 17. Juli bis 9. August mehrere Veranstaltungen in dichter Folge stattgefunden haben: Bio-Erlebnistage, Weitsprungwettbewerb im Rahmen der Deutschen Leichtathletik-Meisterschaft, Bardentreffen und smart beach-Volleyball.
Auch die Zahl der so genannten Marktverlegungstage, d.h. Tage, an denen der Wochenmarkt vom Hauptmarkt in die Fußgängerzone verlagert wird, ist gesunken: 2014 waren es 196, 2015 sind es 149 Marktverlegungstage. Hauptursache der Wochenmarktverlegungen sind übrigens nicht die Events auf dem Hauptmarkt, sondern die Spezialmärkte (Ostermarkt, Herbstmarkt und Christkindlesmarkt). Diese führen im Jahr 2015 zu 113 Verlegungstagen - das sind 75 Prozent. Und: die Belegung des Hauptmarktes ist längst Chefsache: Die Entscheidung trifft die Stadtspitze in der Referentenrunde.
Hierbei lassen wir uns bei großen Veranstaltungen von folgenden Kriterien leiten:
- großstädtische Vielfalt, um unterschiedlichen Erwartungen, Zielgruppen und Generationen gerecht zu werden;
- Ausnahmecharakter, d.h. nur außergewöhnliche, besondere Veranstaltungen mit überregionaler Anziehungskraft;
- Qualität, d.h. wertiges Veranstaltungskonzept
Beispiel: keine reinen Marketingveranstaltungen. Dies schließt aber nicht aus, dass bei Veranstaltungen Werbung stattfinden darf. Selbst auf städtischen Veranstaltungen wie dem Bardentreffen findet Werbung statt. Denn ohne Werbung und Sponsoring lassen sich große Veranstaltungen nicht finanzieren.
Nach diesen Kriterien wurde im Herbst 2014 in der Referentenrunde die Entscheidung getroffen, das smart beach-Volleyall-Turnier 2015 wieder auf dem Hauptmarkt zuzulassen. Allerdings mit der Maßgabe, dass es bei weiterer Wiederholung im Folgejahr auf einem anderen Platz stattfinden soll. Das wurde dem Veranstalter im Herbst 2014 auch kommuniziert.
Um einer etwaigen Legendenbildung zum smart beach Volleyball-Turnier vorzubeugen: Es gab kein ,,Machtwort", sondern einen Beschluss der Referentenrunde vom Herbst 2014. Es gibt auch kein ,,Aus" für das smart beach Volleyball-Turnier im Jahr 2016, sondern es soll dann auf einem anderen Platz stattfinden.
Die Tatsache, dass es bei dem Turnier Werbung oder Imbissbuden gibt, ist nicht das Problem - denn Werbung und Imbissbuden gibt es auch bei städtischen Veranstaltungen wie dem Bardentreffen.
Kurzum: Ich stehe zu unserer Entscheidung zum smart beach-Volleyballturnier und insbesondere, dass es 2015 auf dem Hauptmarkt stattgefunden hat. Und für 2016 werden wir, wie angekündigt, den Veranstalter unterstützen, einen anderen Platz in der Stadt zu finden. Denn ich will, dass das smart beach-Volleyballturnier wieder stattfinden kann.“
Moderne Events auf dem Hauptmarkt erhalten
Junge Union Bayern: „Uns ist es wichtig, Nürnberg als wachsende Metropole durch Events aus allen Bereichen gerade für junge Menschen attraktiv zu machen –auf keinen Fall dürfen die Stadt Nürnberg und OB Maly es zulassen, dass solche Veranstaltungen vom Hauptmarkt verdrängt werden“, erklärt der stellvertretende Bezirksvorsitzende der Jungen Union Nürnberg Fürth Schwabach Johannes Eichelsdörfer. „Es muss doch im Interesse der Stadt liegen, neben dem klassischen grünen Markt auch junge Events in der Innenstadt zu haben und diese nicht in die Peripherie zu drängen oder an andere Städte zu verlieren“, so Eichelsdörfer weiter.
Für die JU ist es eine absolute Zukunftsfrage für Nürnberg, dass der Hauptmarkt als Herzkammer der Innenstadt auch und gerade neuen Events offensteht. „Wenn in einer pulsierenden Großstadt wie Nürnberg die Idee aufkommt, die Erschließung des Hauptmarkts für neue Events sei die ,Zerstörung des klassischen grünen Markts', dann haben wir ein Problem. Diese Events bieten nicht nur die Möglichkeit zu Geselligkeit und Dialog, sondern sind auch ein wertvoller Beitrag zum Standort Nürnberg als moderner Großstadt“, sagt die Geschäftsführerin des JUF Stadtverbands Nürnberg Daniela Schrätz. „Wir wollen einen Hauptmarkt, der allen offensteht und sich nicht auf die Bedürfnisse einer Gruppe beschränkt“, so Schrätz weiter.
Die JU unterstützt den Vorschlag der Kritiker ein Nutzungskonzept für den Hauptmarkt zu erarbeiten. „Dabei wollen wir eine Mischung aus ,urban event place' und klassischem grünen Markt für den Hauptmarkt als weltoffenes Stadtzentrum. Der klassische grüne Markt ist ein Konzept aus dem Mittelalter – im 21. Jahrhundert muss der ,urban event place' im Konzept schon deutlich erkennbar sein. Alles andere wäre die Selbstverzwergung eines Großraum mit einer halben Million Menschen“, fasst Johannes Eichelsdörfer zusammen.
Die Lesermeinung ist gefragt. Sie können Ihre Ansicht gleich hier in den Kommentaren kund tun oder auch eine Mail an die Redaktion info@marktspiegel.de schicken (Stichwort Hauptmarkt in den Betreff eingeben sowie in der Mail Ihren Namen und gültige Postadresse).
Autor:Redaktion MarktSpiegel aus Nürnberg |
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