Nürnberger Buchmaler Glockendon
Bayerische Staatsbibliothek erwirbt wertvolle Handschriften
MÜNCHEN (pm/nf) - Die Handschriftensammlung der Bayerischen Staatsbibliothek kann kostbaren Zuwachs verzeichnen: Gleich drei hochrangige deutschsprachige Handschriften bayerischer Provenienz konnten im Antiquariatshandel für das Haus erworben werden. Nach der konservatorischen Betreuung durch das hauseigene Institut für Bestandserhaltung und Restaurierung und der Katalogisierung werden sie nun digitalisiert und stehen dann für die wissenschaftliche Forschung zur Verfügung.
Zwei der drei wertvollen Handschriften zählen zu den Spitzenstücken der Buchmalerei zwischen Mittelalter und Neuzeit. Ihre Illustrationen stammen vom berühmten Nürnberger Buchmaler Nikolaus Glockendon (gest. 1534). Das von ihm illustrierte Gebetbuch für Wolfgang Hofmann, Faktoreivorsteher der Fugger in Nürnberg, und seine Frau Helena entstand zwischen 1513 und 1514/15 und ist eines seiner frühen Werke. Es umfasst 299 Pergamentblätter. Die einspaltigen, 13-zeiligen Texte sind in exzellenter Kalligraphie ausgeführt. 10 ganzseitige Miniaturen und 120 illuminierte Initialen zeigen hervorragende Buchmalerei. Der vorzüglich erhaltene und – wie für Gebetbücher üblich - kleinformatige (12 x 8,7 cm), kompakte Band hat einen roten Samteinband und einen punzierten Goldschnitt.
Besonders außergewöhnliche Miniaturen weist der von Heinrich von St. Gallen verfasste Passionstraktat auf, der 1521 vollendet wurde. Dieser Codex ist der wertvollste Teil der Erwerbungstrias. Der Text orientiert sich an einer Druckfassung des Werks aus dem Jahr 1509. Bedeutsam und besonders sind die ganzseitigen, den Text erläuternden, separat entstandenen und später in den Buchblock eingefügten 23 Deckfarbenminiaturen. Glockendon schuf sie nach dem Vorbild von Albrecht Dürers „Kleiner Holzschnittpassion“ von 1511.
Die dritte und älteste der Neuerwerbungen ist eine Fabelsammlung. Sie wurde 1453 in Bayern von Johannes Mör zweispaltig auf Papier geschrieben. 26 x 19,5 cm groß, umfasst sie 88 Blatt. Ihre 84 kolorierten, rot gerahmten Federzeichnungen am Anfang jeder Fabel zeigen einige besondere Bildfindungen. Wichtig ist hier die Provenienz: Es handelt sich um das letzte bekannte Exemplar, das in Privatbesitz war. Der Text dieser ersten deutschen Fabelprosasammlung wurde von Ulrich von Pottenstein um 1411/17 ins Deutsche übersetzt.
Generaldirektor Klaus Ceynowa freut sich über die bedeutsamen Neuerwerbungen: „Die Handschriften sind nun an dem für sie passenden Ort angelangt. Sie stärken und unterstreichen die Rolle der Bayerischen Staatsbibliothek als Schatzhaus des kulturellen Erbes mit einer der größten und bedeutsamsten Handschriftensammlungen weltweit. Ich bin stolz und glücklich, dass uns ein solch spektakulärer Bestandszuwachs in einer der zentralen Kernsammlungen der Bibliothek gelungen ist.“
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.