Wird Containern bald straffrei sein?
Vorstoß aus der Politik zugunsten armer Menschen in Deutschland
BERLIN (dpa/vs) - Während viele der sogenannten Tafeln in Deutschland den Bedarf an Lebensmitteln für bedürftige Menschen kaum mehr decken können, werden unter anderem von Discountern jedes Jahr aus verschiedenen Gründen viele Tonnen eigentlich noch genießbarer Waren entsorgt. Weil der Jesuitenpater Jörg Alt aus einem Container medienwirksam Lebensmittel gerettet hat, war er 2021 wegen schweren Diebstahls angezeigt worden. Doch sein ziviler Ungehorsam könnte sich lohnen. Auch in der Politik finden sich immer mehr Politikerinnen und Politiker, die das sogenannte "Containern" legalisieren wollen.
Justizminister Marco Buschmann (FDP) und Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne), werben gemeinsam für eine Änderung zugunsten von Menschen, die noch genießbare Lebensmittel aus Abfallcontainern holen.
In einem gemeinsamen Schreiben an die Justizminister und -senatoren der Länder werben die beiden Bundesminister dafür, einen Vorschlag des Landes Hamburg von 2021 zu unterstützen. Dieser sieht eine Änderung der Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren vor, die ohne eine Gesetzesänderung auf Bundesebene von den Ländern beschlossen werden könnte.
Danach sollte das sogenannte Containern nur noch bestraft werden, wenn ein Hausfriedensbruch vorliegt, «der über die Überwindung eines physischen Hindernisses ohne Entfaltung eines wesentlichen Aufwands hinausgeht oder gleichzeitig den Tatbestand der Sachbeschädigung erfüllt». Mit anderen Worten, wer über eine niedrige Mauer steigt, um an den Abfallcontainer des Supermarktes zu gelangen, soll nicht belangt werden. Wer auf der Suche nach noch verzehrfähigen Lebensmitteln ein Tor aufhebelt und beschädigt, müsste dagegen weiterhin mit einer Strafe rechnen.
«Wenn sich Menschen weggeworfene Lebensmittel mit nach Hause nehmen, ohne dabei eine Sachbeschädigung oder einen Hausfriedensbruch zu begehen, dann muss das nach meiner Meinung nicht weiter strafrechtlich verfolgt werden», sagte Buschmann. Özdemir sagte, die Änderungen bei den Richtlinien zum Verfahrensrecht könnten einer von vielen Bausteinen im Kampf gegen Lebensmittelverschwendung sein - «hier können auch die Bundesländer einen konkreten Beitrag leisten».
Jeder Verbraucher in Deutschland wirft nach Angaben des Bundeslandwirtschaftsministeriums im Schnitt 78 Kilogramm pro Jahr weg. Das sind 59 Prozent der Lebensmittelabfälle. Im Handel entstehen demnach sieben Prozent der Lebensmittelabfälle, etwa durch zu große Bestellmengen, die nicht vollständig verkauft werden.
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