Gesellschaft überfordert
Deutschland im Regel- und Gesetzes-Wahn!
BERLIN (dpa/mue) - Die Regelungsdichte hat in Deutschland in den vergangenen zehn Jahren enorm zugenommen. Wie aus einer Statistik der Bundesregierung hervorgeht, stieg sowohl die Zahl der bundesrechtlichen Gesetze als auch die Zahl der Einzelnormen in diesem Zeitraum stark an.
Die Aufstellung, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, zeigt: Galten am 1. Januar 2014 noch 1.671 Gesetze mit 44.216 Einzelnormen, so waren es zu Beginn dieses Jahres schon 1.792 Gesetze, die aus insgesamt 52.155 Einzelnormen bestanden. Dichter ist das Dickicht der Vorschriften allerdings nicht nur auf der Ebene der vom Bundestag beschlossenen Gesetze geworden, sondern auch bei den Rechtsverordnungen, mit denen die Exekutive die Details regelt. Am Stichtag 1. Januar 2014 gab es laut Bundesregierung 2.720 bundesrechtliche Verordnungen mit 38.192 Einzelnormen; zehn Jahre später bestanden die zum Stichtag 1. Januar geltenden 2.854 Rechtsverordnungen des Bundes aus 44.272 Einzelnormen. Ein Sprecher des Bundesjustizministeriums wies darauf hin, dass die Anzahl an Gesetzen nicht mit der Bürokratielast gleichgesetzt werden könne. Schließlich brauche man ja auch ein Gesetz, um Bürokratie abzubauen. Auch löse nicht jede Einzelnorm oder jedes Gesetz bürokratische Kosten aus. Es sei dennoch Ziel des Bundesjustizministeriums, dem weiteren Anstieg der Zahl der Einzelnormen entgegenzutreten, indem «wir die Rechtssetzung einfacher und verständlicher machen».
Wirtschaftsverbände: „Zu viele Auflagen!“
Auf die Frage, ob es für Handwerker, private Vermieter, ehrenamtlich Tätige und andere Menschen ohne juristische Vorbildung in Deutschland noch problemlos möglich sei, sich in jedem Fall gesetzeskonform zu verhalten, räumt die rechtspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Sonja Eichwede, ein: «Wir haben in Deutschland eine ziemlich hohe Regelungsdichte.» Es sei auch nicht gut, wenn man für zu viele Vorgänge eine Fachkraft oder einen Rechtsanwalt beauftragen müsse. Die Lage sei aber nicht hoffnungslos: «Wir haben in Teilen ein Dickicht, aber wir haben auch die Möglichkeit, das zu ändern.»
Zu viele bürokratische Auflagen und umfangreiche Berichtspflichten waren neben hohen Energiepreisen von Wirtschaftsverbänden zuletzt besonders häufig als Belastung genannt worden. Die von der Bundesregierung 2023 vorgeschlagenen Entlastungen, zu denen etwa kürzere Aufbewahrungspflichten für steuerlich relevante Belege zählen sowie die Möglichkeit, manches per E-Mail anstatt per Brief mit Unterschrift zu regeln, wurden zwar von ihnen begrüßt, insgesamt jedoch als nicht ausreichend kritisiert. Das von Justizminister Marco Buschmann kürzlich vorgelegte Bürokratie-Entlastungsgesetz dürfte im März vom Kabinett beschlossen werden.
Autor:Uwe Müller aus Nürnberg |
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