Wiederholt sich Corona-Szenario vom Sommer 2020?
Jens Span verteidigt die Ausweitung der Einreise-Testpflicht

Jens Spahn (CDU), Bundesgesundheitsminister, beantwortet Fragen vor der Bundespressekonferenz.  | Foto: Wolfgang Kumm/dpa
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REGION (dpa) - Die ab diesem Sonntag geplante Ausweitung der Einreise-Testpflichten soll laut Bundesgesundheitsminister Jens Spahn eine stärkere Corona-Ausbreitung verhindern.

"Alle nicht geimpften Einreisenden nach Deutschland müssen sich künftig testen lassen – egal ob sie mit dem Flugzeug, Auto oder der Bahn kommen», sagte der CDU-Politiker am heutigen Freitag. "Damit reduzieren wir das Risiko, dass zusätzliche Infektionen eingetragen werden."
Generell gelte, dass Reisen mit Impfung leichter sei: "Geimpfte sparen sich das Testen und müssen grundsätzlich auch nicht in Quarantäne", sagte Spahn. "Das Impfangebot an alle im Sommer steht. Wir haben genügend Impfstoff."

Die in der Regierung abgestimmte neue Einreiseverordnung soll am Freitag im Umlaufverfahren vom Kabinett beschlossen werden und an diesem Sonntag in Kraft treten. Ab dann müssen dann alle Einreisenden ab 12 Jahren bei ihrer Einreise nachweisen können, dass sie nicht infiziert sind: mit einem Nachweis einer vollständigen Impfung, einem Nachweis als Genesener oder einem negativen Testergebnis. Eine generelle Testpflicht gibt es bisher schon für Flugpassagiere.
Außerdem soll es nur noch zwei statt drei Kategorien für weltweite Gebiete mit höheren Infektionsrisiken geben: Hochrisikogebiete und Gebiete, in denen neue, besorgniserregende Virusvarianten kursieren.

SPD steht hinter dem Beschluss

Vizekanzler Olaf Scholz verteidigte den Beschluss. "Es geht darum, die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger in diesem Land zu schützen", sagte der SPD-Kanzlerkandidat in den ARD-"Tagesthemen". "Wir alle sind es gewohnt, uns testen zu lassen, das tun wir schon seit sehr, sehr langer Zeit", argumentierte Scholz. Viele würden sich ohnehin im Urlaub testen lassen, zum Beispiel weil es für bestimmte Aktivitäten notwendig sei. "Wir müssen vermeiden, dass es jetzt im Herbst wieder zu Situationen kommt wie im letzten Jahr - da hilft uns das Impfen, aber eben auch das Testen."

Stichprobenhafte Überprüfungen geplant

Generell sollen die Nachweise bei der Einreise mitzuführen und bei «stichprobenhaften» Überprüfungen durch die Behörden vorzulegen sein, wie es im Entwurf heißt. Kontrollen aller Einreisenden direkt an den Grenzen sind nicht vorgesehen. Reist man mit einem Beförderungsunternehmen wie einer Fluggesellschaft, sollen die Nachweise vor dem Start auf Anforderung vorgelegt werden müssen - so ist es für Flugpassagiere schon bisher. Im grenzüberschreitenden Bahnverkehr soll dies auch während der Fahrt möglich sein.

Kritische Meinungen zur Testpflicht

Der Vorsitzende des Bezirks Bundespolizei der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Andreas Roßkopf, warnte in den Zeitungen der Funke Mediengruppe vor einem enormen logistischen Aufwand - vor allem personell. "Wir haben über 3.800 Kilometer Landgrenze. Wenn wir sie regelmäßig stichprobenartig kontrollieren sollen, ist das kaum zu meistern." Es gebe zudem viele ungeklärte Fragen, zum Beispiel auch bei Zügen.
Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: "Grundsätzlich begrüßenswert als Maßnahme, aber leider extrem kurzfristig in der Umsetzung." Dabei hofft er auch auf einen Nebeneffekt: "Vielleicht könnte so mancher, der sich bisher noch nicht hat impfen lassen, auch dadurch noch zur Impfung gebracht werden."
Die deutsche Exportwirtschaft warnte indes vor einer Testpflicht für Fernfahrer im innereuropäischen Warenverkehr. "Grundsätzlich ist das Bemühen zur Pandemie-Eindämmung nachvollziehbar. Nationale Alleingänge sind jedoch gerade im Güterverkehr der falsche Weg und würden die ohnehin angespannten Lieferketten zusätzlich stressen», sagte der Sprecher des Bundesverbands Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), André Schwarz, der "Rheinischen Post" (Freitag). "Die kilometer- und tagelangen Staus, die wir bereits erleben mussten, sind noch in lebhafter Erinnerung."

Ansteckungsrisiko in Deutschland am höchsten

Corona-Ansteckungen, die wahrscheinlich auf Reisen passiert sind, spielen dem Robert Koch-Institut (RKI) zufolge eine zunehmende Rolle beim Infektionsgeschehen in Deutschland. Das schreibt das RKI in seinem am Donnerstagabend vorgelegten wöchentlichen Lagebericht. Als wahrscheinliche Infektionsländer in den vier betrachteten Wochen vom 28. Juni bis 25. Juli wurden Spanien, die Türkei und die Niederlande am häufigsten genannt, vor Kroatien und Griechenland. Der überwiegende Anteil der Corona-Übertragungen finde allerdings weiterhin innerhalb Deutschlands statt - die Rede ist von mindestens 81 Prozent.

Meinung von MarktSpiegel-Redakteur Victor Schlampp

Manche werden sich vielleicht noch an den Sommer 2020 erinnern. Es gab nach der sogenannten 1. Welle kaum mehr Neuinfektionen, dann kam die Reisezeit. Offensichtlich brachten viele das Virus aus dem Urlaub zurück, das Testsystem für Reiserückkehrer steckte noch in den Kinderschuhen und alleine in Bayern waren einige Tausend positiv Getestete wegen Datenpannen nicht darüber informiert worden. Ein paar Monate ging es noch gut, dann folgte im Herbst 2020 die 2. Welle. Die Folgen kennen wir.
Der Vorsitzende des Bezirks Bundespolizei der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Andreas Roßkopf, beschreibt die Situation meiner Meinung nach richtig: Es fehlt an Personal für flächendeckende Kontrollen. Die Gesellschaft muss auch auf Verantwortungsbewusstsein, Vernunft und Disziplin der Bevölkerung setzten. Wo dies nicht mehr in ausreichendem Maße vorhanden ist, bleibt wohl nur der Weg in den nächsten Lockdown, vielleicht nach der Bundestagswahl 2021 im September? Ein Beispiel: Als täglicher Nutzer der S-Bahn auf dem Weg hin und zurück zur  Arbeit stelle ich fest, dass immer mehr Menschen sich nicht mehr an die Maskenpflicht in den Zügen halten. Auf den Bahnsteigen auf dem Nürnberger Hauptbahnhof im Freien - obwohl dort ebenfalls ein Muss - sind die Pflichtbewussten inzwischen in der Regel eine Minderheit. Dies gilt auch immer wieder für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich etwa im Auftrag der Bahn um die Sauberkeit auf den Bahnsteigen kümmern.  Eine beliebte Variante ist dabei, mit der Maske nur den Mund zu bedecken, während die Nase wie eine Virenabschussvorrichtung deutlich sichtbar bleibt. Kontrollen habe ich übrigens in den letzten Monaten kaum mehr gesehen.

Autor:

Victor Schlampp aus Schwabach

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