Streik: Ab Sonntagabend fährt kein Zug mehr
UPDATE: Neues Angebot der Bahn ändert nichts am 50-Stunden-Ausstand

Demonstranten vor dem Berliner Hauptbahnhof: Die EVG hat in dem Tarifkonflikt bereits zwei Mal zu bundesweiten Warnstreiks aufgerufen. | Foto: Annette Riedl/dpa
  • Demonstranten vor dem Berliner Hauptbahnhof: Die EVG hat in dem Tarifkonflikt bereits zwei Mal zu bundesweiten Warnstreiks aufgerufen.
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BERLIN (dpa) - Die Deutsche Bahn ist vorerst damit gescheitert, den für Montag und Dienstag angekündigten Warnstreik noch abzuwenden. Nach ihren Angaben gab es bis zum späten Donnerstagabend Gespräche mit der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). Deren Verhandlungsführer Kristian Loroch sprach in der Nacht von «Scheinangeboten».

Nach aktuellem Stand werde der Warnstreik stattfinden. Auch der Großraum Nürnberg ist massiv betroffen. Die Gewerkschaft habe der Bahn aber ein Ultimatum gesetzt, im Laufe des Tages auf sie zuzukommen «und sich zu besinnen», wie Loroch der Deutschen Presse-Agentur sagte.

Die EVG hatte die Beschäftigten am Donnerstag zum dritten Warnstreik in der laufenden Tarifrunde aufgerufen. Der Ausstand soll von Sonntagabend, 22.00 Uhr, bis Dienstagabend, 24.00 Uhr, dauern. Die Bahn entschied, in dieser Zeit den Fernverkehr komplett einzustellen. Auch bei DB Regio wird demnach kaum ein Zug fahren.

Millionen Menschen in Deutschland müssen umplanen. 19 Prozent der Bürger sind nach einer Yougov-Umfrage von dem geplanten Ausstand am Montag und Dienstag betroffen. Unter den 18- bis 24-Jährigen sind es demnach sogar 35 Prozent. Drei Viertel der Menschen in Deutschland betrifft das nach der Umfrage nicht.

Zum Warnstreik sind auch die sogenannten Fahrdienstleiter aufgerufen, die den täglichen Bahnverkehr auf dem gesamten deutschen Schienennetz koordinieren. Deshalb sind Bahn-Unternehmen betroffen, die am Tarifkonflikt gar nicht beteiligt sind. Auch der Güterverkehr dürfte weitgehend zum Erliegen kommen.

Deutsche Bahn sieht keinen Grund für einen Warnstreik

Aus Sicht der Deutschen Bahn (DB) gibt es keinen Grund mehr für den Warnstreik. «In intensiven Gesprächen bis zum späten Donnerstagabend» habe man der EVG zugesagt, ihrer vor Monaten erhobene Forderung nach einer Abbildung des gesetzlichen Mindestlohns nachzukommen, teilte der Konzern gegen Mitternacht mit. Etwa 2000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erreichen den Mindestlohn bislang nur über Zulagen. Insgesamt verhandelt die EVG für 180.000 Beschäftigte bei der DB und weitere 50.000 bei weiteren Bahn-Unternehmen.

«Wir haben die Forderung zum Mindestlohn erfüllt, jetzt steht die EVG im Wort», hob DB-Personalvorstand Martin Seiler hervor. «Die EVG muss nun ihre Zusage einhalten und den 50-stündigen Warnstreik absagen.» EVG-Verhandlungsführer Loroch sprach von einem «Scheinangebot» der Bahn. «Der Arbeitgeber hat am Ende nach langwierigen Gesprächen eine Lösungsoption auf den Tisch gelegt, die für uns diskussionswürdig war. Nachdem wir angefangen haben, diese zu diskutieren, hat er dann einen Rückzieher gemacht.»

Die Güter-Konkurrenten forderten die Deutsche Bahn auf, einen Notbetrieb zu organisieren. «Die nicht im Tarifkonflikt stehenden Unternehmen dürfen weder vorsätzlich noch fahrlässig indirekt geschädigt werden», heißt es in einem Schreiben des Netzwerks Europäischer Eisenbahnen an die Bahn-Infrastruktursparte DB Netz.

Grundsätzlich sei angesichts eines zweitägigen Warnstreiks auf der Schiene aber nicht zu erwarten, dass die deutsche Wirtschaft in die Knie gezwungen werde, heißt es vom Güterbahn-Verband. Zwar gebe es Industriezweige, die zeitkritisch kalkulierten wie die Auto- oder die Mineralölindustrie. Doch auch dort dauere der Warnstreik für ernsthafte Auswirkungen nicht lang genug.

GDL-Chef: Zugeinstellung wegen EVG-Warnstreik überflüssig

Der Vorsitzende der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), Claus Weselsky, hält es für unnötig, dass die Bahn den Fernverkehr für 50 Stunden einstellt. «Die EVG ist bei der Netztochter DB Netz nicht so stark organisiert, dass die Deutsche Bahn gezwungen wäre, den Schienenverkehr einzustellen», sagte Weselsky dem Nachrichtenportal «The Pioneer».

Die kleinere GDL rivalisiert im Bahn-Konzern mit der EVG um Mitglieder und Einfluss. Weselsky sagte: «Ich bin mir sicher, dass es keinen Abschluss geben wird, bevor wir unsere Forderungen aufgestellt haben.» Die GDL verhandelt neue Tarifverträge für die bei ihr organisierten Lokomotivführer und das Zugpersonal ab Spätsommer. Am 5. Juni will die GDL ihre Forderungen offiziell verkünden.

UPDATE: Bahn-Warnstreik trifft Bayern flächendeckend ÖPNV

REGION (dpa/vs) - Es hätte so schön werden können: Seit dem 1. Mai gilt das preiswerte Deutschlandticket, und der arbeitsfreie Vatertag am kommenden Donnerstag ist in Sicht, eine perfekte Gelegenheit für einen Kurzurlaub mit der Bahn. Doch ausgerechnet jetzt kommt der nächste Streik. 

MÜNCHEN (dpa/lby) - Der 50-stündige Bahn-Warnstreik wird Bayern voraussichtlich flächendeckend treffen. Die Gewerkschaft EVG ruft in allen Unternehmen der Deutschen Bahn in Bayern zur Arbeitsniederlegung auf, wie sie am Donnerstag auf Nachfrage mitteilte. Das schließe die von der Bahn betriebenen S-Bahnen in München und Nürnberg sowie Buslinien mit ein. Die Bahn hat bereits bundesweit angekündigt, den Fernverkehr komplett einzustellen.

Und auch andere Anbieter von Zugverkehr - wie BOB, Bayerische Regiobahn und Meridian - würden entweder bestreikt oder könnten - wie Agilis oder Go-Ahead - voraussichtlich nicht fahren, weil die Fahrdienstleiter der Bahn ausfielen, sagte der Geschäftsstellenleiter München der EVG, Isidoro Peronace. Bei den betroffenen Busanbietern handelt es sich ihm zufolge um RVO in Oberbayern, RVA im Allgäu, RBO in Ostbayern, RBA in Augsburg, OVF in Franken und VU Untermain rund um Aschaffenburg.

Der Warnstreik ist von Sonntagnacht 22.00 Uhr bis Dienstag Mitternacht angekündigt. Die Tarifverhandlungen im Bahnsektor laufen seit Ende Februar. Es ist der dritte bundesweite Warnstreik, zu dem die EVG seither aufruft.

BERLIN (dpa) - Mit einem 50-stündigen Warnstreik will die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) den Bahnverkehr ab Sonntagabend weitgehend lahmlegen. Von 22.00 Uhr bis Dienstagnacht um 24.00 Uhr soll im Fern-, Regional- und Güterverkehr auf der Schiene nichts mehr gehen, wie die EVG am Donnerstag mitteilte. Mit dem bundesweiten Warnstreik will die Gewerkschaft den Druck auf die Arbeitgeberseite im laufenden Tarifkonflikt mit der Deutschen Bahn und 50 weiteren Bahnbetrieben erhöhen.

«Da sich an den Verhandlungstischen nur wenig bewegt, wird jetzt noch einmal gestreikt», teilte EVG-Tarifvorständin Cosima Ingenschay am Donnerstag mit. «Insgesamt streiken wir 50 Stunden und erhöhen damit den Druck deutlich, weil uns die Arbeitgeber keine andere Wahl lassen», hieß es von Verhandlungsführer Kristian Loroch.

Die Tarifverhandlungen im Bahnsektor laufen seit Ende Februar. Es ist der dritte bundesweite Warnstreik, zu dem die EVG seither aufruft. Im März legte sie gemeinsam mit der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi große Teile des öffentlichen Verkehrs inklusive der meisten Flughäfen für einen Tag lahm. Der zweite Ausstand beschränkte sich im April auf einen Zeitraum von acht Stunden, sorgte aber ebenfalls für viele Ausfälle vor allem im Fernverkehr. Auf den Autobahnen blieben befürchtete zusätzliche Staus jedoch aus.

Die Gewerkschaft will bei den Verhandlungen mindestens 650 Euro mehr im Monat für die Beschäftigten herausholen oder zwölf Prozent bei den oberen Einkommen, bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Die Deutsche Bahn will sich hingegen am Abschluss des öffentlichen Dienstes orientieren, der Ende April erzielt wurde.

Daran angelehnt hat der bundeseigene Konzern zunächst einen steuer- und abgabenfreien Inflationsausgleich in mehreren Stufen von insgesamt 2850 Euro vorgeschlagen. Darüber hinaus sollen Löhne und Gehälter ab März 2024 stufenweise erhöht werden - um insgesamt zehn Prozent für die unteren und mittleren sowie um acht Prozent für die oberen Lohngruppen. Bei der DB arbeiten 180 000 der 230 000 Beschäftigten, für die die EVG aktuell verhandelt.

Ein entscheidender Knackpunkt bei den Verhandlungen war zuletzt der gesetzliche Mindestlohn: Rund 2000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhalten diesen aktuell bei der DB nur über Zulagen. Die EVG will vor den Verhandlungen über Tariferhöhungen zunächst den Mindestlohn von zwölf Euro in der Gehaltstabelle verankern. Etwaige Verhandlungsergebnisse würden dann auf diese zwölf Euro angerechnet. Einen Vorschlag der Bahn, mit dem die 12 Euro rückwirkend zum März dieses Jahres in die Tabellen aufgenommen werden sollten, wies die Gewerkschaft diese Woche zurück.

Autor:

Victor Schlampp aus Schwabach

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