Verleihung an Gila Lustiger
„ [...] Gila Lustiger gelang mit »Die Schuld der Anderen« eine Chronique
Scandaleuse von großer Tiefenschärfe, genau recherchiert, erschreckend
realistisch und mit Hochspannung erzählt. Am Rande streift sie die Frage
jüdischer Identität, die sie als Schriftstellerin und Tochter des Frankfurter
Historikers und Shoa-Überlebenden Arno Lustiger schon in früheren
Büchern beschäftigte. [...] »Die Bestandsaufnahme«, ihr Debüt von
1995, zählt zu den zentralen Werken der Nachgeborenen; ein Sittengemälde
deutscher Wirklichkeit im nationalsozialistischen Deutschland,
das in 35 Fragmenten Opfern wie Tätern nachspürt. ‚Die Heimat der
Nachgeborenen bleibt die Sprache, aber der Zauberstab ist zerbrochen‘,
schrieb Gila Lustiger in einem Essay. [...] Seit dreißig Jahren lebt sie als
Lektorin, Journalistin, Schriftstellerin und Übersetzerin in Paris. Als sie
ihre Wahlheimat Frankreich nicht mehr verstand, spürte sie den sozialen
Konflikten und Unterschieden nach, recherchierte und schrieb »Die
Schuld der Anderen«. Der 500-Seiten-Roman erschien im Januar 2015,
wenige Tage nach dem mörderischen Anschlag auf das Satire-Magazin
Charlie Hebdo und ist bis heute von bestürzender Aktualität.
Für ihre brisanten Vivisektionen unserer Gesellschaft in Romanen und
Essays über zwanzig Jahre, für ihr widerständiges Erzählen im Sinne
von Freiheit und Humanität, für ihre Szenen von jüdischem Leben nach
der Shoa, ihre literarischen Kompositionen, ihre stilistische Eleganz,
erhält Gila Lustiger den Jakob-Wassermann-Literaturpreis 2016.“
Eintritt frei!
Autor:Daniela Kögel aus Fürth |