Franz Xaver Kroetz & Marie Theres Relin
Buchvorstellung im Literaturhaus Nürnberg
Von Peter Maskow
NÜRNBERG (pm) – Ausverkauft! Das Literaturhaus an der Luitpoldstraße – rappelvoll. Auf zwei Etagen haben sich 180 Gäste eingefunden. Alle wollen Schauspielerin Marie Theres Relin (Goldene Kamera) und Schriftsteller & TV-Star Franz Xaver Kroetz („Kir Royal“, „Nicht Fisch, nicht Fleisch“) sehen. Sie lesen aus ihrem Buch „Szenen keiner Ehe“ (dtv, 320 Seiten, 25 Euro).
19.55 Uhr. Auf dem Weg zur Lesung werden Kroetz und Relin, mittags mit dem Zug gekommen und das Hotel bezogen, erkannt. Geduldig halten sie für Selfies die Gesichter hin. Bis zu ihrem Beziehungs-Aus 2006 (nach 14 Ehejahren) standen sie ständig im Rampenlicht. Das Künstler-Traumpaar. Er, einer der meistgespielten Dramatiker. Kantig. Bayerisch, aber anders bayerisch. In der Rolle seines Lebens als „Baby Schimmerlos“ in Helmut Dietls „Kir Royal“ (1986) Inbegriff des lässig-zynischen Schickeria-Reporters. Sie: Schön, 20 Jahre jünger, berühmte Familie. Mutter Nachkriegsstar Maria Schell. Vater Schauspieler und Autor Veit Relin.
20 Uhr. „Pack mer‘s“, sagt Kroetz an der Eingangstür zum MarktSpiegel-Reporter. Für ein paar Augenblicke wird er wieder zum Schimmerlos, wenn er in Münchner Mundart scherzt: „Schreib fei was Gscheit‘s, sonst kriagst‘as mit mir zu tun!“ Warmer Applaus empfängt das Paar, das seit 17 Jahren keines mehr ist. Rasch ein Kaffee für Kroetz ans Pult, dann folgen anderthalb Stunden, die packen, berühren, lachen lassen. Und betroffen machen, wenn Marie Theres Relin über den Missbrauch durch ihren Onkel Maximilian Schell spricht.
Sie schenken sich nichts
2022 fliegen die beiden auf Bitten Kroetz‘ nach Teneriffa, um dessen geliebten Mercedes 190E heimzuholen. Weil der Benz-Oldie erst repariert werden muss, zieht sich der Aufenthalt hin. In Relins Haus am Meer, wo das Paar mit den drei Kindern glücklich war, starten sie das Experiment: Zeit miteinander verbringen, gucken wie sich‘s anfühlt und Tagebuch führen! Jeder für sich, täglich wenigstens eine Seite. Der Clou: Keiner kriegt es vorher zu sehen, erst im fertigen Buch. Da stehen jetzt auf den linken Seiten ihre Texte, rechts seine – mit Schreibmaschine, weil er keine Computer mag.
Und sie schenken sich nichts. Er berichtet knapp und krachert, erntet mit Selbstironie Szenenlacher. Sie macht‘s weiblich-weitschweifig, hin und wieder stichelnd. Während er sich an ihren Körpermaßen („Obwohl sie fett ist, ist sie noch ziemlich sexy.“) und der Schnarcherei abarbeitet, gehen ihr seine Klogänge auf den Nerv: „Dass ein Mann im Stehen pinkeln muss und dabei rundherum alles vollspritzt, ist zwar gewöhnungsbedürftig, aber okay. Aber warum muss ich, seit ein Mann im Haus ist, mehrfach täglich mit Fingerspitzen die Klobrille wieder runtertun?“ Dazu das Dauer-Lamento über Prostata- und Knieprobleme! „Das Alter ist ein Massaker“ zitiert Kroetz den US-Schriftsteller Philip Roth.
Immer wieder schimmert sie durch, die Liebe, die einmal da war. Dass sie einander fehlen. Beim mutigen Seelenstriptease, der nicht ausspart, dass es beiden auch wirtschaftlich schon besser ging. Ein Buch, das „funzt“ (Kroetz mag das Wort) – und ein starkes Comeback.
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