Aufwendige Sanierung ++ Gaststätte im Erdgeschoss
Altstadtfreunde Nürnberg sanieren das berühmte Pilatushaus!
NÜRNBERG (pm/nf) - Die Altstadtfreunde übernehmen mit Wirkung zum 1. April 2022 das Haus Obere Schmiedgasse 66/64, allgemein Pilatushaus genannt, in Erbpacht von der Stadt Nürnberg. Der Verein wird damit auf 60 Jahre Eigentümer des Gebäudes, der Grund bleibt bei der Stadt. Im Erbpachtvertrag verpflichten sich die Altstadtfreunde, die Sanierung des einsturzgefährdeten Gebäudes in einem Zeitraum von fünf Jahren durchzuführen. Geschätzte Kosten: 3,8 Millionen Euro.
Oberbürgermeister Marcus König: ,,Das Pilatushaus ist eines der meistfotografierten Gebäude unserer Stadt - der Platz beim Tiergärtnertor ist sicher einer unserer schönsten und beliebtesten Plätze. Daher bin ich froh, dass sich die Altstadtfreunde entschieden haben, das Pilatushaus in Erbpacht zu übernehmen und es zu sanieren. Geplant ist, die Sanierung in fünf Jahren zu schaffen. Dann entstehen im berühmten Haus Gastronomie, Wohnungen und Büros. Übrigens ist das Pilatushaus dann das 21. Gebäude, das die Altstadtfreunde sanieren. Herzlichen Dank und ganz viel Erfolg!"
Wirtschaftsreferent Dr. Michael Fraas: ,,Bereits im Jahr 2012 mussten wir das Haus entmieten, weil es Probleme mit der Statik gab - das Tragwerk wurde abgestützt. Die Frage war, was passiert jetzt mit so einem bedeutenden Haus? Natürlich könnte auch ein städtisches Hochbauamt so ein Objekt sanieren, nur wir hatten in den letzten Jahren große Herausforderungen zu leisten. Wir mussten Schulen, Kindergärten und Wohnungen bauen. Glücklicherweise hat sich das Gepräch mit den Altstadtfreunden ergeben. Warum? Weil sie es können und mit Herzblut dabei sind! Die Altstadtfreunde haben in den letzten Jahren so viele Immobilien gerettet, und Schatzkästchen daraus gemacht! Der Bebauungsplan wurde geändert, so dass im Erdgeschoss eine Gastronomie einziehen kann. Wir freuen uns sehr!"
Altstadtfreunde-Vorsitzender Karl-Heinz Enderle erklärt: ,,Ich bedanke mich, dass Sie das Vertrauen in uns setzen, dieses Haus zu sanieren. Ich glaube, dass ist eine gute Lösung und ein guter Erbpacht-Vertrag. Wir haben vor, das Pilatushaus in den nächsten fünf Jahren zu sanieren. Eine große Aufgabe, die auch bei den Altstadtfreunde umstritten war. Sollen wir wirklich Millionen Euro an Spendengeldern investieren und die Last der Stadt Nürnberg abnehmen? Ich war vom ersten Moment an der Meinung, wir sollten uns dieser Sache annehmen. Das ist übrigens der Unterschied zwischen einer Kommune und einem Verein, denn wir werden ein neues ehrenamtliches Team hier aufbauen und das Haus im Sommer an den Wochenenden öffnen, den Besuchern den Baufortschritt zeigen und natürlich um Spenden zu bitten. Ein Sonderkonto ,,Pilatushaus" wurde eingerichtet, damit wir diese Mammutaufgabe auch bewältigen können. Bereits jetzt haben wir schon sehr viel Zuspruch gefunden! Das Pilatushaus wird ein neuer Meilenstein in der Geschichte der Altstadtfreunde - ein echter Booster für die Altstadtfreunde!"
Das Pilatushaus gehört als herausragendes Fachwerkhaus zu den meistfotografierten Motiven am schönsten Nürnberger Platz. 1489 wurde es vom Plattner (Harnischmacher) Hans Grünewald errichtet. 1941 kaufte es die Stadt vom Möbelfabrikanten Prasser, nachdem sie schon zwei Jahre davor die Freilegung der Fachwerkfassade veranlasst hatte. Platzseitig trug es im Krieg kaum Schäden davon, jedoch wurde die Rückseite 1942 durch eine Bombe großflächig aufgerissen. Die noch während des Krieges durchgeführte Reparatur mit schlechtem Material führte 2011 zu statischen Problemen, welche die Entmietung des Hauses im Folgejahr erforderlich machte. Seitdem harrt es der Sanierung, die nach einer 2020 veranlassten Kostenermittlung mindestens 3,8 Millionen Euro verschlingen wird.
Das Sanierungskonzept sieht im unteren Bereich des spätmittelalterlichen Hauses Gastronomienutzung vor, in den oberen Stockwerken drei große Wohnungen oder Büroetagen. Den obersten Dachraum möchten die Altstadtfreunde selbst nutzen. Er wird ebenso wie die Wohnungen durch ein neu zu errichtendes Treppenhaus mit Aufzug erschlossen. Dieses soll im größtenteils kriegszerstörten Nachbarhaus des eigentlichen Pilatushauses, Obere Schmiedgasse 64, entstehen. Noch im Krieg und kurz danach wurde es in seiner alten Form als Fachwerkhaus wieder aufgebaut und hat deshalb kaum noch historische Substanz, was den Einbau der neuen Erschließung für die beiden Häuser ermöglicht. Diese Lösung ist bereits grundsätzlich mit der Denkmalbehörde abgestimmt.
Das Pilatushaus hatte berühmte Bewohner: Drei Jahre nach dem Tod des Erbauers Hans Grünewald kaufte es 1507 der bekannte Bildhauer Veit Wirsberger und lebte und arbeitete hier bis 1530, also parallel zu Dürer, der das Haus gegenüber 1509 bis 1528 besaß. Unter den späteren Bewohnern ist vor allem Hans von Aufseß zu nennen, dessen Familienwappen über dem Eingang darauf hinweist, dass der Gründer des Germanischen Nationalmuseums von 1852 bis 1857 hier wohnte und im benachbarten Torturm die ersten Exponate ausstellte. Für die Altstadtfreunde wäre der Erwerb ein „Zurück zu den Wurzeln“, denn in den Anfangsjahren stellte die Stadt dem noch wenig finanzkräftigen Verein hier einen Raum als Büro kostenlos zur Verfügung.
Die Übernahme des Pilatushauses setzt einen neuen Meilenstein in der fast fünfzigjährigen Entwicklung des überaus erfolgreichen und mitgliederstarken Vereins. Nach seiner Neugründung 1973 musste er sich in den ersten Jahren auf kleinere stadtbildprägende Maßnahmen beschränken. 1977 konnte er mit dem schmalen Fachwerkhaus Untere Krämersgasse 16 die erste Generalsanierung eines gefährdeten Gebäudes vorweisen. Seitdem wurden 20 Altstadthäuser saniert und einer neuen Nutzung zugeführt, darunter die spätmittelalterlichen Handwerkerhäuser in der Kühnertsgasse, heute Museum, oder die letzte Scheune in der Zirkelschmiedsgasse, die der Verein als Kulturscheune betreibt. Im letzten Jahr konnte der Verein die Sanierung des maroden Gerberhauses Hintere Ledergasse 43 abschließen. Seit über zehn Jahren betreibt er die Wiederherstellung des Hofes im Pellerhaus.
Spenden für Pilatushaus
Die Sanierung des Pilatushauses ist eine neue Herausforderung für die Altstadtfreunde. Um bald beginnen zu können, ist der Verein auf Unterstützung angewiesen. Sehr erfreulich ist, dass schon kurz nach Veröffentlichung des Pilatushaus-Spendenkontos (IBAN DE15 7605 0101 0018 0018 00) bedeutende Geldbeträge eingingen, darunter zwei Großspenden von jeweils 100.000 Euro.
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