Bedauern bei der SPD über das Aus für die Unabhängige Patientenvertretung

Bisher hat die Unabhängige Patientenberatung (UPD) auch dann beraten, wenn Arzt oder Krankenkasse falsch abgerechnet haben. | Foto: ©Gina Sanders/Fotolia.com
  • Bisher hat die Unabhängige Patientenberatung (UPD) auch dann beraten, wenn Arzt oder Krankenkasse falsch abgerechnet haben.
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Entscheidung der Vergabekammer für viele Menschen nicht nachvollziehbar - Ausführliches Statement von Linus Drop, Geschäftsführer der Sanvartis GmbH

NÜRNBERG (nf) - Mit großem Unverständnis und Bedauern reagiert die SPD-Stadtratsfraktion auf das endgültige Aus für die Unabhängige Patientenvertretung, das wohl nicht mehr zu verhindern ist. Die Stadträtinnen Gabriele Penzkofer-Röhrl, Anita Wojciechowski und Claudia Arabackyj besuchten am vergangenen Montag die UPD Nürnberg, um sich über die aktuelle Situation zu informieren.

„Die Entscheidung der Vergabekammer ist für uns nicht nachvollziehbar. Hier werden gewachsene Strukturen und Kompetenzen zerstört, die über 13 Jahren sehr erfolgreich ein niedrigschwelliges Beratungs- und Unterstützungsangebot vorgehalten haben und zudem mit anderen Beratungsstellen und sogar den Hochschulen vor Ort bestens vernetzt waren" beklagt die stellvertretende Vorsitzende der SPD Fraktion, Gabriele Penzkofer-Röhrl, die damit auch die individuelle regionale Beratung in der Metropolregion gefährdet sieht.

Ob der neue Anbieter, das private Unternehmen Sanvartis mit einem Callcenter die persönliche Beratung hier in Nürnberg, die insbesondere für Ältere und Langzeiterkrankte wichtig ist, weiterführen wird, ist auch für Anita Wojciechowski fraglich. „Bislang arbeitet die UPD multiprofessionell mit Juristen und vor allem Ärzten und konnte auch speziell auf sozialpsychologische Bedarfe eingehen – ob dies weiter möglich sein wird, steht in den Sternen“ so die gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion, sie befürchtet zudem, dass zukünftig eher sozial- und versicherungsrechtliche Fragen im Vordergrund stehen werden.

Die Stadträtinnen sehen die bisherige und gesetzlich vorgeschriebene Unabhängigkeit in Gefahr, wenn die Patientenberatung zukünftig durch eine Firma erfolgt, die bereits für Krankenkassen und Pharmaunternehmen tätig war. „Ich bin erstaunt, dass hier der Patientenvertreter der Bundesregierung, Herr Laumann scheinbar keine Probleme sieht“ meint Claudia Arabackyj, die es bedauert, dass alle Versuche seitens der bayerischen Landespolitiker durch Eilanfragen oder das persönliche Schreiben des Oberbürgermeisters Dr. Ulrich Maly an den Gesundheitsminister bislang keine Wende herbeiführen konnten.

Die Politikerinnen beklagen zudem, dass es keinerlei Kenntnis über das zukünftige Angebot bei der Patientenberatung gibt. In einem gemeinsamen Antrag mit der CSU und Bündnis 90/ Die Grünen fordern sie deshalb eine Behandlung im Stadtrat.
„Wir brauchen schnellstmöglich Sicherheit für die Betroffenen in unserer Region, ob und wie eine qualifizierte, multiprofessionelle und vor allem unabhängige Patientenberatung hier vor Ort angeboten wird“ so Penzkofer-Röhrl.

Die Sanvartis GmbH sieht sich dagegen einer Medienkampagne gegenüber, in der ,,falsche Tatsachen" in den Raum gestellt worden seien. Dies habe - so eine Presseinformation des Unternehmens - ,, zu einer erheblichen Verunsicherung in der Bevölkerung geführt und der Sanvartis GmbH Schaden zugefügt" kritisiert Linus Drop, Geschäftsführer der Sanvartis GmbH und verweist auf die Faktenlage. So liege der Schwerpunkt der Tätigkeit von Sanvartis auf der Beratung zu medizinischen Themen.

Linus Drop weiter: „Wir freuen uns, dass die Vergabekammer alle Punkte, die inhaltlich in den vergangenen Wochen öffentlich kritisiert wurden, vollständig ausgeräumt hat. „Wir haben das beste Konzept vorgelegt und damit den Ideenwettbewerb gewonnen.“ Man gehe daher nun davon aus, dass man die Trägerschaft der Unabhängigen Patientenberatung ab 2016 übernehmen dürfe. Die Patientenberatung selbst werde aber – wie bisher - eine noch zu gründende gemeinnützige UPD GmbH durchführen, so dass jegliche inhaltliche Einflussnahme vollständig ausgeschlossen sei. „Ein umfangreiches Regelwerk wird sicherstellen, dass die Sanvartis GmbH keinen Zugriff auf die UPD, deren Geschäftsführer und Mitarbeiter oder deren Daten und das IT-System haben wird. Außerdem ist eine umfassende kontinuierliche Überwachung durch eine neutrale Kontrollinstanz vorgesehen“, gibt Drop einen ersten Einblick.

Auch plane niemand, die Patienten künftig nur noch am Telefon zu beraten. „Wir werden die Beratung vor Ort deutlich ausbauen und den Zugang für alle Patientinnen und Patienten, unabhängig von ihrem Wohnort, optimieren.“ Durchgeführt werde die Beratung keinesfalls durch ungelernte Callcenter-Agents sondern durch Ärzte, Rechtsanwälte, medizinische Fachangestellte und weitere Experten mit langjähriger Berufserfahrung.

Die Mitarbeiter von Sanvartis arbeiteten ausschließlich auf Basis der Leitlinien der evidenzbasierten Medizin und garantierten so in jedem Gespräch die inhaltliche Unabhängigkeit und Neutralität. Hinzu komme, dass, genau wie in einer Arztpraxis, auch bei der telefonischen Patientenberatung zu medizinischen Themen die ärztliche Schweigepflicht und strengster Datenschutz gelte. „Ein Austausch von personenbezogenen Informationen und Daten mit unseren Auftraggebern ist daher vollständig ausgeschlossen“, macht Drop deutlich. „All das gilt bereits heute standardmäßig für alle medizinischen Beratungen, die Sanvartis für Patienten anbietet.“

Sanvartis führe auch keine Beratung zu sozialrechtlichen Fragestellungen durch, so dass Interessenkonflikte bei Themen wie dem oft erwähnten Krankengeld gar nicht vorkommen können. In einigen Berichten sei außerdem der Eindruck vermittelt worden, Sanvartis würde im Auftrag von Krankenkassen Druck auf Versicherte ausüben, die Krankengeld beziehen, um sie so zu einer frühzeitigen Rückkehr in den Job zu drängen „Eine solche Behauptung ist absurd und entbehrt jeglicher Tatsache“, stellt Drop klar. „Ich hoffe sehr, dass sich nun alle Beteiligten besinnen und im Interesse der Patienten darauf verzichten, den Vergabeprozess weiter zu verzögern.“
Man müsse dringend mit den Vorbereitungen beginnen, damit die UPD zum Jahresanfang unter neuer Trägerschaft nahtlos fortgeführt werden kann. „Unser Ziel ist es, den Patientinnen und Patienten in Deutschland bei medizinischen Diagnosen aber auch bei rechtlichen Fragen und Problemen kompetent zur Seite zu stehen“, sagt Drop.

Der MarktSpiegel berichtete bereits im wöchentlichen ,,Thema der Woche" ausführlich zur UDP. Zum damaligen Zeitpunkt wollte die Sanvartis GmbH allerdings keine Stellungnahme zu den Vorwürfen abgeben. Zu laufenden Vergabeverfahren wolle man „derzeit nichts sagen“, erklärte im Juli 2015 Brigitte Schneider von Sanvartis.
Hier der Bericht:
http://www.marktspiegel.de/nuernberg/lokales/grosse-allianz-fuer-die-rettung-der-unabhaengigen-patientenberatung-d11548.html

Autor:

Redaktion MarktSpiegel aus Nürnberg

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