Gezerre um Universitäts-Standorte: Drei Fragen an Wirtschaftsreferent Dr. Michael Fraas
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Stadtrats-Resolution zur Zukunft des Hochschulstandortes Nürnberg
NÜRNBERG (nf) - Das Hin und Her um die geplante Verlagerung von Teilen der Technischen Fakultät (TechFak) der Friedrich-Alexander-Universität (FAU) ist bis nach München vorgedrungen. Nach gut zwei Jahren Verhandlung und dem Scheitern des Standortes auf dem AEG-Gelände, hat sich nach Berichten Ministerpräsident Horst Seehofer selbst des Themas angenommen. Alle möglichen Standorte würden auf ihre Eignung hin überprüft, heißt es.
In Nürnberg wird heute zum Thema Technische Fakultät im Stadtrat eine Resolution zur Beschlussfassung vorgeschlagen. Denn: wie zielführend kann ein Konkurrenzkampf zwischen den Städten Nürnberg und Erlangen in der vielbeschworenen Europäischen Metropolregion Nürnberg sein? Anträge zur Resolution ,,Zukunft des Hochschulstandortes Nürnberg“ haben die CSU-Stadtratsfraktion, die Stadtratsgruppe Freie Wähler und die Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen eingebracht. Der Sachverhalt: Wachstum und Zukunftspotential machen einen weiteren Ausbau der FAU erforderlich. Dazu hat die Hochschulleitung im Jahr 2015 ein Entwicklungskonzept ,,Vision FAU 2030“ vorgelegt, dem die Bayerische Staatsregierung zugestimmt hat. Die stark zersplitterte Standortstruktur soll geordnet werden. Besondere Beachtung findet im Konzept das Südgelände in Erlangen, auf dem die TechFak untergebracht ist. Gewünscht war die Konzentration auf zwei Standorte - auf dem Südgelände Erlangen und dem AEG-Gelände. Nachdem sich der Plan zerschlagen hat (zu teuer, zu klein), geht das Ringen um mögliche Alternativen weiter. Zudem wird der Standort in Nürnberg von einigen Beteiligten ganz in Frage gestellt (MarktSpiegel-Beitrag vom Februar 2017).
Der Nürnberger Stadtrat soll nun mit einer Resolution der Forderung Nachdruck verleihen, die TechFak gemäß der ,,Vision FAU 2030“ an zwei starken Standorten auszubauen. Im Beschlusstext wird auf die enorme Bedeutung für die wirtschaftliche, wissenschaftliche und kulturelle Zukunftsfähigkeit für Nürnberg hingewiesen. Der Stadtrat appelliert an die Bayerische Staatsregierung, die FAU entsprechend ihrem Wachstumspotential weiter auszubauen und die im Konzept ,,Vision FAU 2030“ entwickelte Bündelung und Konzentration der Technischen Fakultät auf zwei starke Pole in Erlangen und Nürnberg umzusetzen. Ein Abrücken vom Konzept wäre von der Stadt Nürnberg nicht zu akzeptieren.
Für Nürnbergs Wirtschaftsreferenten Dr. Michael Fraas liegen die Fakten längst auf dem Tisch: ,,Der Nürnberger Zweitstandort der TechFak geht auf ein räumliches Gesamtkonzept der FAU zurück. Im Rahmen dieses Konzepts soll eine räumliche Konsolidierung und Neusituierung diverser Standorte der FAU erfolgen. Hierzu gehört unter anderem eine Verlagerung der Lehrerausbildung von Nürnberg nach Erlangen, aber auch die Einrichtung eines Zweitstandorts der TechFak in Nürnberg, um dort den weiteren Aufwuchs zu ermöglichen, der aufgrund der knappen Flächensituation in Erlangen nicht möglich ist. Die TechFak ist heute auf viele Standorte verteilt und soll sich künftig auf zwei starke Pole konzentrieren, nämlich auf das Erlanger Südgelände und den künftigen Nürnberger Standort.
Welche Alternativen kommen denn realistisch in Betracht?
Dr. Michael Fraas: ,,Nachdem das ehemalige AEG-Areal als TechFak-Standort nicht mehr in Betracht kommt, haben wir diverse Alternativen geprüft. Eine davon ist der ehemalige Südbahnhof / Brunecker Straße. Er besticht durch seine Mischung aus Urbanität - er beginnt zweieinhalb Kilometer vor den Toren der Altstadt, im Süden wird er durch die Messe begrenzt - und Campus-Charakter mit dem östlich liegenden Volkspark Dutzendteich. Es gibt eine optimale ÖPNV-Anbindung mit zwei U-Bahnhöfen (Hasenbuck und Bauernfeindstraße). Da die U-Bahn das Areal durchquert, könnte ein dritter U-Bahnhof mittendrin eingerichtet werden.“
Die Gegner der ,,Zwei-Standorte-Lösung“ legen Wert auf kurze Wege für die Studenten. Eine maßgeblicher Grund bei der Entscheidungsfindung?
Dr. Michael Fraas: ,,Die Entfernung zwischen Nürnberg und Erlangen kann nicht die entscheidende Rolle spielen. Vielmehr kommt es auf die intelligente Verteilung der Studiengänge und Fakultäts-Einrichtungen auf die Standorte in Nürnberg und Erlangen an, damit der betreffende Studiengang ohne Hin- und Herpendeln am jeweiligen Standort komplett absolviert werden kann. Das Beispiel der TU München mit ihren drei großen Standorten Innenstadt-Campus München, Campus Garching und Wissenschaftszentrum Weihenstephan in Freising zeigt, dass dies funktionieren kann. Schon heute ist der Ballungsraum Nürnberg, Fürth, Erlangen, Schwabach ein eng verflochtener Hochschulstandort. Lehrende und Studierende leben in der einen Stadt, aber studieren bzw. lehren in der anderen Stadt. Es bestehen gute ÖPNV-Verbindungen, die durch die Stadt-Umland-Bahn erheblich verbessert werden. Sobald der Nürnberger Standort der TechFak feststeht, ist es Aufgabe der Politik, die ÖPNV-Verbindungen zwischen dem neuen Nürnberger Standort und dem Erlanger Südgelände zu optimieren.“
Nicht nur aus der Erlanger Politik kommen Bedenken, auch Siemens hat wohl Zweifel am Standort Nürnberg.
Dr. Michael Fraas: ,,Die Bedenken von Siemens gegen einen Nürnberger Standort der TechFak. sind unbegründet. Übrigens hat ein ranghoher Vertreter der Siemens-Medinzintechniksparte vor wenigen Tagen selbst Erlangen und Forchheim als einen Standort bezeichnet. Erst recht muss dies dann für Nürnberg und Erlangen gelten, zumal auch in Nürnberg viele Siemens-Einrichtungen sind.“
Autor:Redaktion MarktSpiegel aus Nürnberg |
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