Tiergarten Nürnberg
Haltungsbedingungen: Standards für das Wohlbefinden von Delfinen entwickelt

Ein Großer Tümmler im Tiergarten Nürnberg. Mit dem Dolphin-WET können Mitarbeiter ganzheitlich und kontinuierlich den Zustand der Tiere erfassen, kleinste Veränderungen frühzeitig erkennen und entsprechend reagieren.
 | Foto: Tiergarten Nürnberg / Thomas Hahn
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NÜRNBERG (pm/nf) – Tiergesundheit, Ernährung, Verhalten, Unterbringung, Gemütszustand: In diese fünf Prinzipien gliedert sich das standardisierte System, mit dem Zoos und Aquarien das Wohlbefinden der Delfine in ihrer Obhut dauerhaft beobachten und messen können.

Der Tiergarten der Stadt Nürnberg hat es in den vergangenen Jahren gemeinsam mit dem Tierschutzkomitee der Europäischen Vereinigung für Aquatische Säugetiere (engl. EAAM) entwickelt, das dazugehörige Paper ist jetzt veröffentlicht worden. Mithilfe einer App sollen Tierpfleger, Tierärzte  sowie Biologen perspektivisch das sogenannte Dolphin-WET (Dolphin Welfare Evaluation Tool) in ihren täglichen Arbeitsablauf mit den Tieren integrieren können.

„Mit dem Dolphin-WET haben wir erstmalig ein Werkzeug entwickelt, mit dem wir als wissenschaftlich geführte Zoos und Aquarien anhand einheitlicher Fragen Daten zum physischen und psychischen Wohlbefinden der Delfine in unserer Obhut erfassen, sammeln und auswerten können“, sagt die Nürnberger Zootierärztin Dr. Katrin Baumgartner, die das System federführend mitentwickelt hat. Im Tiergarten leben derzeit sieben Große Tümmler (Tursiops truncatus). „Mit dem Dolphin-WET können wir ganzheitlich und kontinuierlich den Zustand der Tiere erfassen. Somit können auch kleinste Veränderungen früh erkannt und es kann entsprechend darauf reagiert werden.“

Vorarbeit seit den frühen 1990er-Jahren

Wissenschaftlich geführte Zoos arbeiten seit Langem an Methoden, das Befinden ihrer Delfine zu erfassen und die Haltungsbedingungen den Ergebnissen entsprechend anzupassen. Für einige Tierarten, wie etwa Eisbären (Ursus maritimus), Makaken (Macaca ssp.) und Giraffen (Giraffa ssp.), gibt es bereits vergleichbare Systeme. Bei Delfinen erhoben die Fachleute seit den frühen 1990er-Jahren systematisch Daten und es gibt somit bereits viele Informationen zu Verhalten, Physiologie und Fortpflanzung.

Seit 2012 arbeiten Experten der EAAM im Rahmen des Tierschutzkomitees daran, die Haltungsbedingungen für Delfine stetig zu verbessern, 2018 wurde mit der Erstellung des Dolphin-WET begonnen. Auf wissenschaftlicher Basis wurden 49 Indikatoren, davon 37 tierbasierte, definiert, um den Zustand jedes einzelnen Delfins objektiv festzustellen und zu beschreiben. Ideengeber für die Einteilung der Beobachtungen in die Prinzipien Tiergesundheit, Ernährung, Verhalten, Unterbringung, Gemütszustand war das „Modell der fünf Bereiche und der Qualität des Wohlbefindens“, das in den 1990er-Jahren von dem Veterinärmediziner und ehemaligen Professor für Tierwohl und Bioethik, John Webster, ursprünglich für Nutztiere entwickelt und seither von ihm und anderen Wissenschaftlerinnen stetig weiterentwickelt wurde. Zudem wurde eine intensive Literaturrecherche betrieben, um den aktuellen Stand der Wissenschaft einfließen zu lassen.

Vor diesem Hintergrund haben die Experten verschiedener Fachrichtungen und Einrichtungen um Dr. Katrin Baumgartner herum das Dolphin-WET entwickelt. Beteiligt waren der Zoo Duisburg, das französische MarLab, die Fundación Oceanográfic Valencia (Spanien), die International Zoo Veterinary Group (Vereinigtes Königreich), der italienische Aquapark Zoomarine, das Animal Welfare Education Centre der Universität Barcelona (Spanien), der Parc Astérix (Frankreich), Fox Consulting (Frankreich), die Faculty of Medical and Health Sciences der Universität Nottingham (Vereinigtes Königreich), die École National Vétérinaire de Toulouse und Animaux et Compagnies (beide Frankreich).

Mit dem Dolphin-WET können wissenschaftlich geführte Zoos und Aquarien das Wohlbefinden der in ihrer Obhut lebenden Delfine anhand von fünf Prinzipien messen und beobachten: Unterbringung, Gemütszustand, Ernährung, Verhalten, Tiergesundheit.

 | Foto: Tiergarten Nürnberg/Tim Hüttner
  • Mit dem Dolphin-WET können wissenschaftlich geführte Zoos und Aquarien das Wohlbefinden der in ihrer Obhut lebenden Delfine anhand von fünf Prinzipien messen und beobachten: Unterbringung, Gemütszustand, Ernährung, Verhalten, Tiergesundheit.

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Erfahrung und systematische Erfassung

Durch die wissenschaftlich basierten Indikatoren des Dolphin-WET hat nun jede Einrichtung die Möglichkeit, die von ihr erhobenen Daten auszuwerten und somit auch zu beurteilen. Es gibt – wie auch in anderen solchen Systemen – ein Benotungssystem. Durch die dazu entwickelte App werden die Dokumentation der Daten und auch die Auswertung zukünftig weiter erleichtert. „Wir kennen unsere Tiere sehr gut und bemerken nach vielen Jahren Erfahrung kleinste Veränderungen“, sagt der Revierleiter des Nürnberger Tiergartens, Armin Fritz. „Mit dem Dolphin-WET können wir unsere Beobachtungen jetzt aber systematisch erfassen.“

„Mit dem Dolphin-WET haben wir jetzt eine weitere Möglichkeit, wertvolle Daten zu sammeln und die gewonnenen Erkenntnisse zu nutzen, um unsere Arbeit und die Haltungsbedingungen weiter zu verbessern. Außerdem können wir Kollegen dabei unterstützen, Gesundheitsprobleme zu verstehen, die das Überleben vieler Delfinpopulationen in freier Wildbahn zunehmend gefährden“, sagt Dr. Lorenzo von Fersen, der als Kurator für Artenschutz und Forschung im Tiergarten Nürnberg ebenfalls an der Entwicklung mitgewirkt hat.

Das Paper „Dolphin-WET—Development of a Welfare Evaluation Tool for Bottlenose Dolphins (Tursiops truncatus) under Human Care“ im Internet:
https://www.mdpi.com/2076-2615/14/5/701

Ein Großer Tümmler im Tiergarten Nürnberg. Mit dem Dolphin-WET können Mitarbeiter ganzheitlich und kontinuierlich den Zustand der Tiere erfassen, kleinste Veränderungen frühzeitig erkennen und entsprechend reagieren.
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Mit dem Dolphin-WET können wissenschaftlich geführte Zoos und Aquarien das Wohlbefinden der in ihrer Obhut lebenden Delfine anhand von fünf Prinzipien messen und beobachten: Unterbringung, Gemütszustand, Ernährung, Verhalten, Tiergesundheit.

 | Foto: Tiergarten Nürnberg/Tim Hüttner
Autor:

Nicole Fuchsbauer aus Nürnberg

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