Galeria Karstadt Kaufhof wieder insolvent
Karren an die Wand gefahren: Nürnberger Beschäftigte sind stocksauer!

Galeria Kaufhof in der Nürnberg City.  | Foto: Nicole Fuchsbauer
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NÜRNBERG (nf/dpa) - Deutschlands letzter großer Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof will über 40 seiner verbliebenen 131 Kaufhäuser schließen. Das kündigte Unternehmenschef Miguel Müllenbach an. Die Situation in Nürnberg (und Mittelfranken) ist noch unklar. 

Der Manager sagte in einem "FAZ"-Interview, um das Unternehmen zu retten, müsse das Filialnetz "um mindestens ein Drittel reduziert werden". Betriebsbedingte Kündigungen seien unvermeidbar. In einem Mitarbeiterbrief schrieb Müllenbach, das Unternehmen müsse sich von jenen Filialen trennen, die angesichts der Konsumflaute, der Inflation und der Energiekosten «auf absehbare Zeit nicht mehr profitabel zu betreiben sind». Nur so lasse sich ein endgültiges Scheitern des Unternehmens verhindern. Der Handelsriese mit seinen 17.000 Mitarbeitern ist noch in 97 deutschen Städten vertreten.

Noch mehr Geld vom Steuerzahler?

Galeria hatte vor dem Gang zum Insolvenzgericht noch mit der Bundesregierung über weitere Finanzhilfen - über die bereits erhaltenen 680 Millionen Euro hinaus - verhandelt. Doch sei man zu dem Ergebnis gekommen, dass dies kein gangbarer Weg sei, sagte Müllenbach. "Dauerhafte staatliche Darlehen können hier nicht die Lösung sein, sondern es bedarf eines klaren Schnitts hin zu wirtschaftlich tragfähigen Strukturen." Während des ersten Corona-Lockdowns im April 2020 hatte das Unternehmen schon einmal Rettung in einem Schutzschirmverfahren gesucht. Das Insolvenzverfahren dauerte damals bis Ende September.

Bei der auf Sanierung ausgerichteten Insolvenzvariante übernimmt ein gerichtlich bestellter Sachverwalter die Aufsicht über die Rettung, während die Unternehmensführung die Kontrolle behält, aber von einem externen Sanierungsexperten beraten wird. Im Fall von Galeria soll nach Informationen der "Wirtschaftswoche" der Düsseldorfer Jurist Frank Kebekus die vorläufige Sachwaltung übernehmen. Der Restrukturierer Arndt Geiwitz soll demnach die operative Sanierung leiten. Schon im Frühjahr 2020 waren die beiden Experten in gleicher Position beim ersten Schutzschirmverfahren im Einsatz. Damals wurden rund 40 Filialen geschlossen, etwa 4.000 Stellen abgebaut und mehr als zwei Milliarden Euro an Schulden gestrichen.

Wie viele Warenhäuser in Deutschland auf Dauer überleben können, ist auch unter Experten umstritten. Johannes Berentzen, Chef der Handelsberatung BBE, sieht nur Platz für weniger als 100 Warenhäuser. "Und selbst diese Häuser werden nur eine Zukunft haben, wenn die Aufenthaltsqualität und das Geschäftsmodell deutlich verbessert werden." Damit gehört er eher zu den Optimisten.

Die Beschäftigten der Nürnberger Galeria Häuser sind erbost und schockiert. „Wir als Beschäftigte verzichten jährlich auf 5.500 Euro. Mit diesem Geld sollte das Warenhaus gut aufgestellt werden. Unsere Kolleginnen und Kollegen wissen so schon nicht, wie sie durch den Winter kommen sollen und dann das“, protestiert Robert Firtzlaff, Betriebsratsvorsitzender Galeria Königstraße. Der nicht unumstrittene Eigentümer des Unternehmens René Benko, Immobilienunternehmer aus Österreich, müsste eigentlich frisches Geld für Galeria bereitstellen. Allerdings gibt es große Zweifel bei den Mitarbeitern, dass Benko das tun wird. Gemunkelt wird unter den Mitarbeitern, der Geschäftsmann besitze ein ein Privatvermögen von 4,6 Milliarden Euro. 2019 schätzte Forbes sein Vermögen auf 4,9 Milliarden Dollar. 

Jaana Hampel, Gewerkschaftssekretärin ver.di bekräftigt: „Rene Benko muss finanzielle Verantwortung übernehmen. Es ist unmoralisch dies von den Beschäftigten zu verlangen, die eh schon nicht über die Runden kommen. Wir brauchen mehr Personal auf der Fläche. Nur so macht man Umsatz und schafft einen turnaround. Eine Personaloffensive – das wäre doch mal was!"

Katharina Lorenz, Betriebsratsvorsitzende Galeria im Frankencenter betont „Unsere Kollegen haben das Unternehmen gerettet. Nun stehen wir wieder an dem Punkt. Die Unternehmensleitung hat den Karren an die Wand gefahren. Wir werden gemeinsam um unsere Arbeitsplätze kämpfen und uns unsere Würde nicht nehmen lassen.“

 „Unsere Stärke hat sich auch in dem Kampf um unsere Nürnberger Häuser vor zwei Jahren gezeigt. Wir als Gewerkschafter der drei Nürnberger Häuser stehen zusammen aufrecht und kämpferisch", erklärt Thomas Vieweg, Betriebsratsvorsitzender Galeria Lorenzkirche und ehrenamtlicher Fachbereichsvorsitzender ver.di Handel in Mittelfranken.

Autor:

Nicole Fuchsbauer aus Nürnberg

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