Steigende Zahlen und hohe Auslastung der Intensivstationen
Klinikum Nürnberg warnt vor den Folgen der dritten Welle: mehr junge COVID-19-Patienten

Prof. Dr. Jörg Steinmann, Dr. Arnim Geise, Prof. Dr. Achim Jockwig und Prof. Dr. Stefan John (v. l.).  | Foto: Giulia Iannicelli/Klinikum Nürnberg
  • Prof. Dr. Jörg Steinmann, Dr. Arnim Geise, Prof. Dr. Achim Jockwig und Prof. Dr. Stefan John (v. l.).
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NÜRNBERG (pm/nf) - Die Zahl der an COVID-19 erkrankten Menschen steigt wieder, auch die Verläufe bei jüngeren Patienten werden schwerer: Die dritte Welle der Corona-Pandemie bereitet dem Klinikum Nürnberg große Sorge. Hinzu kommt, dass Patientinnen und Patienten immer häufiger sofort auf der Intensivstation versorgt werden müssen. Das bedeutet: Die Kapazitäten zur Behandlung anderer Notfälle werden zunehmend eng. Angesichts dieser Lage warnt das Klinikum Nürnberg vor Sorglosigkeit und appelliert an alle, die Hygieneregeln weiterhin streng einzuhalten und Kontakte weitestgehend zu reduzieren.

Aktuell (7. April 2021) liegen 102 COVID-19-Patientinnen und Patienten im Klinikum Nürnberg, davon werden 28 mit schweren Verläufen auf den Intensivstationen an den Standorten in Nord und Süd behandelt. „Die Zahlen haben sich im Lauf von nur zwei Wochen um rund 25 Prozent gesteigert“, fasst Prof. Dr. Achim Jockwig, Vorstandsvorsitzender des Klinikums Nürnberg, zusammen. „Corona ist noch nicht vorbei, deshalb dürfen wir bei den Vorsichtsmaßnahmen, also den Hygieneregeln und der Reduzierung von Kontakten, nicht nachlassen. Zusätzlich brauchen wir kluge Testkonzepte. Nur so können wir die dritte Welle klein halten.“

Angespannte Lage an den Standorten Nord und Süd

Das unterstreichen auch die Intensivmediziner des Klinikums Nürnberg. Es sei erschreckend, so Oberarzt Dr. Arnim Geise, Bereichsleitung Internistische Intensivmedizin Klinikum Nürnberg Nord, dass immer öfter jüngere Patienten eingeliefert werden, die quasi sofort auf der Intensivstation landen. „Im Unterschied zur ersten und zweiten Welle hat sich der Altersdurchschnitt unserer Patienten deutlich nach unten verschoben – auf 64 Jahre“, so Geise. „Die Patienten liegen bis zu acht Wochen bei uns, sodass die Zahl der freien Intensivbetten sinkt.“

Auch Prof. Dr. Stefan John, Leiter der Abteilung Interdisziplinäre Intensivmedizin Klinikum Nürnberg Süd, berichtet von auffällig steigenden Zahlen. „Im März hatten wir drei Patienten auf der Intensivstation, heute sind es dreizehn“, so John. Sicher könne man die Zahl der Intensivbetten aufstocken, dafür brauche es aber genügend qualifiziertes Intensivpflege-Personal. „Für eine Rundum-Versorgung von zwei COVID-19-Patienten auf der Intensivstation benötigen wir im Schnitt 5,5 Pflegekräfte. Diese können wir nur aus anderen Bereichen abziehen, indem wir OP-Kapazitäten herunterfahren“, ergänzt Geise. An beiden Standorten bedeutet das: Es gibt weniger Kapazitäten für andere Notfall-Patienten, die mit einem Tumor, Schlaganfall oder Herzinfarkt ins Klinikum Nürnberg kommen.

Hohe Belastung für das Klinikum-Personal

Ein Jahr Corona-Pandemie: Die Belastung für das Klinikum-Personal ist nach wie vor hoch. Zwar habe sich die Lage durch die Impfung verändert - mehr als 70 Prozent der Beschäftigten sind bereits geimpft und müssen zumindest nicht befürchten, selbst schwer zu erkranken. Es sei aber eine zunehmende Ermüdung und Zermürbung zu erkennen, berichten John und Geise einvernehmlich. „Es ist unser Job, Menschen in Not zu helfen und da erleben wir viel Leid“, so Dr. Geise. „So etwas wie die Corona-Pandemie mit vielen Momenten der Hilflosigkeit haben wir jedoch noch nie erlebt.“

Britische Virus-Variante bei über 90 Prozent

Dass die britische Virus-Variante B.1.1.7 im Klinikum Nürnberg angekommen ist, bestätigt Prof. Dr. Jörg Steinmann, Ärztlicher Leiter des Instituts für Klinikhygiene, Medizinische Mikrobiologie und Klinische Infektiologie. Anfang Februar wurde die britische Variante erst bei fünf Prozent der im Klinikum Nürnberg getesteten COVID-19-Patientinnen und Patienten nachgewiesen. „Heute liegen wir bei über 90 Prozent“, so Steinmann. Die Virus-Variante verzeihe weniger Fehler, deshalb sei es umso wichtiger, die sogenannten AHA-L-Regeln einzuhalten. Steinmann: „Maske tragen, Abstand halten, Hände desinfizieren bzw. waschen, Kontakte vermeiden und lüften – ob im Krankenhaus, bei der Arbeit oder im Privaten: Dann hat das Virus keine Chance.“

Insgesamt wurden seit Beginn der Pandemie am Klinikum Nürnberg 2.018 Patientinnen und Patienten behandelt, die an COVID-19 erkrankten: 1.120 Männer und 898 Frauen. Auf der Intensivstation wurden seitdem 341 Menschen versorgt. 419 Männer und Frauen sind seit Beginn der Pandemie gestorben.

Autor:

Nicole Fuchsbauer aus Nürnberg

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