Jüngster Chef einer Flughafenfeuerwehr
Matthias Reumann: Wenn dein Beruf eine Berufung ist!
NÜRNBERG - Der Alarmton ist durchdringend. Sofort kommt Bewegung in die Gänge und Flure der Airport-Feuerwache. Kurz darauf dröhnen die Motoren der mächtigen Flugfeldlöschfahrzeuge, überlagert nur vom grellen Martinshorn. Minuten später ergießen sich gewaltige Wasserkaskaden über das brennende Triebwerk, während Feuerwehrleute mit Atemschutz Fluggäste aus der verqualmten Kabine retten. Mittendrin: Matthias Reumann, mit 34 der jüngste Chef einer Flughafenfeuerwehr in Deutschland.
Das geschilderte Szenario ist eine realitätsnahe Übung, so wie sie regelmäßig von den rund 70 Frauen und Männern der Flughafenfeuerwehr am Airport Nürnberg durchgeführt wird. Dass sich seine Leute fit halten und jederzeit für den Ernstfall gewappnet sind, ist Matthias Reumann besonders wichtig – auch wenn ein solches Unfallgeschehen hoffentlich nie eintreten wird. Reumann ist Feuerwehrmann durch und durch, seinen Beruf nennt er eine „Berufung“. Dabei begann der ruhig und besonnen auftretende Mittdreißiger seine Karriere am Airport in einem ganz anderen Bereich, nämlich als Azubi zum Bürokaufmann am Flughafen Nürnberg.
Vom Büro in die Uniform: Ungewöhnlicher Werdegang
2003 fing der Teenager die Ausbildung als Bürokaufmann an. Nebenbei engagierte er sich in seiner Freizeit beim Technischen Hilfswerk in Nürnberg (THW) – und sah schon damals interessiert zu, wenn die Flughafenfeuerwehr zu ihren Einsätzen ausrückte. Nach Abschluss der Ausbildung wechselte Reumann zunächst in die Flugzeugabfertigung, wo er wertvolle Kenntnisse über Funktion und Aufbau der unterschiedlichsten Flugzeugtypen sammelte. „Seitdem wusste ich, wie es in einem Flugzeugbauch aussieht, wie die Türen funktionieren und welche Fluchtwege gegeben sind“, so Reumann.
Als dann 2008 eine freie Stelle bei der Feuerwehr ausgeschrieben wurde, witterte er seine Chance und bewarb sich. Als Brandmeisteranwärter fand er sich schnell in die neuen Aufgaben ein, belegte seine Ausbildung zum Brandmeister bei der Berufsfeuerwehr, bildete sich zum Rettungssanitäter weiter. Als ausgebildeter Brandmeister durfte er als Angriffstrupp tätig sein und Rettungswagen fahren. Parallel wurde er damals zum Gruppenführer beim THW berufen. Auch heute hält er dem THW als Zugführer die Treue.
Auf der Karriereleiter steil nach oben
Stufe für Stufe erklomm Reumann die Karriereleiter, wurde 2015 Brandinspektor und trug damit Verantwortung für ein eigenes Sachgebiet. Inzwischen beherrschte er nahezu sämtliche Gerätschaften der Feuerwehr, inklusive der großen Drehleiter, die bis hinauf auf die 42 Meter hohe Kanzel des Towers reicht. 2016 folgte die Prüfung zum stellvertretenden Wachabteilungsführer, damit unterstanden Reumann bis zu 34 Mann. Eine Fortbildung jagte die nächste, so dass er 2018 im Alter von gerade einmal 31 Jahren als Kandidat für die Leitung der gesamten Flughafenfeuerwehr gehandelt wurde.
„Mein Vorgänger und meine Vorgesetzten haben in mir das Potenzial für diese verantwortungsvolle Aufgabe erkannt, an mich geglaubt und mich gefördert“, erinnert sich Reumann mit Dankbarkeit. Noch musste er allerdings einige Hürden überwinden, darunter zwanzig harte und anspruchsvolle Wochen bei der Feuerwehrschule in Geretsried und verschiedene Ausbildungsabschnitte bei der Berufsfeuerwehr. Er bestand alle Tests mit Bravour.
Im Austausch mit anderen Airports
Für Reumann war es immer wichtig, über den eigenen Tellerrand hinwegzublicken. Daher schnupperte er bei den Flughafenfeuerwehren von Flughäfen vergleichbarer Größe hinein, unter anderem in Stuttgart, Köln/Bonn und bei der Werkfeuerwehr Airbus in Hamburg. Die vielen Erfahrungen, die er sammeln konnte, gehen über das rein Technische und Praktische weit hinaus. Vor allem Führungsqualitäten sind Reumann wichtig: „Man ist immer nur so gut wie die Mannschaft. Daher möchte ich nahe dran sein, möchte wissen, wo der Schuh drückt und was man besser machen kann.“
Zu seinen ersten Maßnahmen als frisch gekürter Chef gehörte es daher auch, die Angebote für die Mitarbeitenden auszuweiten. Etwa im Betriebssport mit eigenem Fitnessstudio oder bei Freizeitaktivitäten wie gemeinsames Wandern oder Fahrradfahren. Außerdem hat er sich zum Ziel gesetzt, die Ausrüstung auf den neusten Stand zu bringen. Größter Brocken ist die Anschaffung von drei Flugfeldlöschfahrzeugen der neusten Generation – eine Millioneninvestition.
Zurück zu den Wurzeln
Ob Matthias Reumann den Umweg über die kaufmännische Schiene je bereut hat? „Nein, ganz im Gegenteil!“, beteuert er. Denn als Bürokaufmann habe er nicht nur gelernt, wie er sein Budget und die Personalplanung verwalten kann, er wisse nun auch, „wie der Flughafen intern tickt“. Das verschafft ihm manchen Zeitvorteil.
Privat zieht es Mathias Reumann am liebsten in die Berge. Oder er steigt in den Flieger und verreist. Ob er als Experte in Sachen Sicherheit Flugzeuge mit kritischen Augen sieht? „Nein, ich kenne ja die strikten Vorgaben und mache mir da keinerlei Sorgen. Es gibt keine sichereres Verkehrsmittel als das Flugzeug.“
Von Jan Beinßen
Fakten & Hintergrund
- Mannschaft: 66 Frauen und Männer
- Fahrzeugflotte: 3 Flugfeldlöschfahrzeuge, 1 Rettungstreppe, 1 Drehleiter, 3 Fahrzeuge für den Gebäudebrandschutz, 1 Rettungswagen, 2 Kommandowagen, mehrere Sonderfahrzeuge
- Einsätze: ca. 1.000 im Jahr, darunter 700 Rettungsdienste, 250 technische Hilfeleistungen, rund 10 Einsätze bei Sicherheitsleistungen und kleinere Brandeinsätze
- Sonstiges: Wartung von 4.000 Rauchmeldern und 2.000 Handfeuerlöschern
- Besonderheit: gasbetriebene Brandsimulationsanlage mit Flugzeug-Mockup
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