Architekt Rudo Göschel rettete den Türknauf mit der Fratze
Originalteil des Pellerhauses wieder aufgetaucht!
NÜRNBERG (khe/nf) - Spektakulärer Fund aus dem Pellerhaus. Der Architekt und Bildhauer Rudo Göschel rettete den Türzieher des Pellerhauses bei Kriegsende. Die reich verzierte Messingarbeit wurde nun von seiner Tochter Susanne Köhler den Altstadtfreunden als Dauerleihgabe übergeben.
Es kommt sicher nicht allzu oft vor, dass ein sensationeller Fund einen zweiten, noch spektakuläreren nach sich zieht. Genau das geschah im Frühjahr 2017, als die Altstadtfreunde in einem Münchner Auktionshaus über 200 verloren geglaubte Pläne und Skizzen zum Pellerhaus erwarben. Die Unterlagen speisten sich aus zwei Quellen: einem größeren Konvolut von teilweise großformatigen, sauber gezeichneten und bemaßten Plänen aus der Restaurierung von 1932-34 und einem kleineren aus den Jahren 1945/46. Diese waren teilweise auf schlechtem Papier flüchtig skizziert, jedoch ausgesprochen wertvoll, weil sie die Reste der Pellerhaus-Fassade dokumentierten. Doch von wem stammten sie? Über die Rückseite einer Skizze mit einem Entwurf für ein Bühnenbild im Opernhaus gelang es dem Stadtarchiv, den Architekten und Bildhauer Rudo Göschel als Autor zu identifizieren.
Damit hätte die Geschichte zu Ende sein können, doch wenige Tage nach der Veröffentlichung des glücklichen Fundes meldete sich Susanne Köhler, Tochter von Göschel und mit ihrem Mann seit vielen Jahren Mitglied der Altstadtfreunde. Karl-Heinz Enderle erzählt: ,,Sie lud mich zu einem Besuch in ihrem Haus in Fürth ein, wo sie mir einige Stücke aus dem Nachlass ihres Vaters zeigen wollte. Ich staunte nicht schlecht, als mir unter den zahlreichen Originalteilen an den Wänden des Köhler‘schen Hauses ein ganz besonderes Objekt ins Auge fiel: der Türzieher des Pellerhauses. Der Knauf mit der Fratze, den wir aus dem Werk von Trautwein kannten, den sowohl Martin Peller als auch Bartholomäus Viatis unzählige Male in der Hand hatten! Nahezu unbeschädigt hatte das kleine Kunstwerk aus Messing, offenbar geschützt durch das geborstene Holztor, den Einsturz des einst weltberühmten Hauses überlebt. Und: Es wurde offensichtlich nicht von den Metallsammlern, oft Jugendlichen, entdeckt, die die Ruinen durchstreiften, immer auf der Suche nach Buntmetall."
Zurück aus der Kriegsgefangenschaft
Als der 1910 geborene Rudo Göschel im Sommer 1945 aus siebenwöchiger, amerikanischer Kriegsgefangenschaft nach Nürnberg zurückkehrte, suchte die Stadtverwaltung einen tüchtigen, unbelasteten Baufachmann, der die Enttrümmerung der fast völlig zerstörten Altstadt in die Hand nehmen sollte. Da Göschel nicht in der Partei war, wurde er mit dieser Herkulesaufgabe betraut, obwohl er mit seiner Firma an den Vorarbeiten zum Reichsparteitagsgelände beteiligt war. Neben dem Abtransport der riesigen Schuttmengen ging der Architekt vor allem die Sicherung der erhaltungsfähigen Bausubstanz zielstrebig an, wobei er sich insbesondere dem Pellerhaus zuwandte.
Kunstvolle Steine wurden entsorgt
Eine seiner ersten Maßnahmen war die provisorische Bedachung des Treppenturms, gefolgt von der Sicherung der Hoffassade (die beim „Wiederaufbau“ bedauerlicherweise in ihrem oberen Teil abgebrochen wurde). Noch trauriger war das Schicksal der prächtigen Schaufassade, die auf den Egidienplatz gekippt und in tausende Fragmente zersprungen war. Hier gelang es Göschel, einzelne besonders wertvolle Formsteine aus dem Schutt zu bergen und in seine Werkstatt im Rosenthal zu bringen. Schließlich hatte der Wiederaufbau des berühmtesten Nürnberger Hauses in der unmittelbaren Nachkriegszeit oberste Priorität. Leider kam es in den 50er Jahren dann doch anders: Göschel wandte sich enttäuscht von Nürnberg ab und die kunstvoll behauenen Steine wurden entsorgt.
Rudo(lf) Göschel entstammte einer bedeutenden Nürnberger Familie von Steinbildhauern und Kunsthandwerkern. Nach einer Lehre als Holzbildhauer studierte er an den Kunsthochschulen in Nürnberg und München. Ein weiteres Studium der Architektur an der Münchner Staatsbauschule musste er 1936 abbrechen, um nach dem Tod seines Vaters Ferdinand dessen Werkstatt zu übernehmen. Nach dem Krieg leitete er den Wiederaufbau des schwer zerstörten Nassauer Hauses und schuf die für die frühen Nachkriegsjahre so charakteristischen, umgebenden Bürgerhäuser mit ihren soliden Sandsteinfassaden. Es folgten die großen Aufgaben der Wiederherstellung der Elisabethkirche, wo er die mächtige Kuppel neu gestaltete, und der Egidienkirche, wo er mit dem monumentalen Bronzekreuz einen krönenden Akzent seiner Bildhauerkunst setzte. Für seine Verdienste wurde er 1977 mit der Medaille des Bayerischen Landesverbands für Denkmalpflege und 1985 mit der Bayerischen Denkmalschutzmedaille ausgezeichnet. Karl-Heinz Enderle: ,,Angesichts seiner überragenden Leistungen im Wiederaufbau ist es unverständlich, dass er von der Stadt Nürnberg keine Ehrungen erfahren hat. Anfang der 60er Jahre verlegte er seinen Lebensschwerpunkt nach Manhartshofen bei Dietramszell in Oberbayern. Dort starb er 1987. Nürnberg hat ihm viel zu verdanken!"
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