Auf der Suche nach dem Eremiten
Superspürnase "Ip" ist jetzt im Tiergarten unterwegs

- Beim Monitoring kam erstmals auch ein Artenspürhund zum Einsatz. Rena Siegerist konfrontierte ihren Hund Ip mit Duftproben von Eremiten-Larven, dieser spürte dann Bäume auf, in denen potentiell Eremiten vorkommen.
- Foto: Luisa Rauenbusch / Tiergarten Stadt Nürnberg
- hochgeladen von Nicole Fuchsbauer
NÜRNBERG (pm/nf) – Er ist etwa drei Zentimeter groß, lebt bevorzugt in Höhlen großer Laubbäume und ist europaweit streng geschützt: Der Eremit (Osmoderma eremita), auch Juchtenkäfer genannt. Auch im und um den Tiergarten der Stadt Nürnberg kommt der seltene Käfer vor und ist damit einer der Gründe, warum dieses Gebiet als Fauna-Flora-Habitat-Gebiet (FFH-Gebiet) ausgewiesen ist.
Um einen Überblick über den aktuellen Bestand zu gewinnen, führte die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) Ende Februar ein umfangreiches Monitoring durch. Erstmals kam dabei auch ein Artenspürhund zu Einsatz. Die Landesanstalt koordiniert dieses Monitoring für 29 Tier- und Pflanzenarten mit Waldbezug, darunter auch den Eremiten. Der 2,4 bis 3 Zentimeter große und schwarz schimmernde Käfer ist auf Höhlen in Laubbäumen angewiesen. In diesen Höhlen bildet sich über Jahrzehnte sogenannter Mulm. Dabei handelt es sich um lockeres Sediment, das aus organischem, zersetztem Material besteht.
„Genau hier fühlt sich der Eremit am wohlsten. Für seinen Schutz müssen diese seltenen Mulmhöhlenbäume daher unbedingt erhalten werden“, sagt Elke Stengeli von der Abteilung Biodiversität und Naturschutz bei der LWF, die das Monitoring koordiniert. „Mit seinem großen, teils jahrhundertealten Baumbestand ist der Tiergarten ein wertvoller Lebensraum für den Eremiten. Der Käfer erfüllt dabei die Funktion einer sogenannten Schirmart: Geht es ihm gut, profitieren auch andere stark gefährdete Bewohner von Alt- und Totholz. Deshalb ist es so wichtig, den Bestand regelmäßig zu erheben und zu beobachten, wie sich das Schutzgebiet entwickelt.“
Supernase identifiziert Eremiten-Bäume
Bei der Erhebung im Tiergarten kam erstmals auch ein Artenspürhund zum Einsatz. Er wurde mit Duftproben von Eremiten-Larven konfrontiert und spürte dann Bäume auf, in denen potenziell Eremiten vorkommen. Begleitet wurde der Hund von Rena Siegerist. Die Fachagrarwirtin für Baumpflege und Baumsanierung hat sich mit ihrem Geschäftszweig „Baum und Nase“ auf die Arbeit mit sogenannten Pathogenspürhunden spezialisiert. Der fast siebenjährige „Ip“, ein erfahrener Malinois-Dobermann-Mix, hat einen hochentwickelten Geruchssinn und kann Gerüche präzise differenzieren. Auf diese Weise ist er in der Lage, Schaderreger frühzeitig zu erkennen oder – wie in diesem Fall – seltene Arten aufzuspüren.
„Für Ip ist es der erste Einsatz in einem Zoo. Die vielen verschiedenen Gerüche sind für ihn natürlich eine besondere Herausforderung, teilweise befanden sich die Bäume direkt neben den Gehegen von Löwe und Tiger. Er muss hochkonzentriert sein und darf sich nicht ablenken lassen. Sobald er sich setzt, hat er einen entsprechenden Baum gefunden. Dann gibt es eine Belohnung und es geht weiter zur nächsten Stelle“, erklärt Rena Siegerist. Sie fügt hinzu: „Es ist immer wieder ein schönes Gefühl, wenn wir sehen, dass wir mit unserer Arbeit einen konkreten Beitrag zum Artenschutz leisten können“.
21 Bäume mit potenziellen Eremit-Höhlen identifiziert
An zwei Einsatztagen Mitte Februar hat Ip im und um den Tiergarten bei insgesamt 21 Eichen angeschlagen. Eine Woche darauf war die LWF mit zwei Baumkletterern und Mitarbeitern der Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Coburg-Kulmbach, Bamberg und Ansbach vor Ort. Sie begutachteten die identifizierten Bäume und kletterten wo möglich zu den Höhlen, in denen der Eremit vorkommen könnte. Mit einem speziellen Staubsauger saugten sie den Mulm vorsichtig aus der Höhle und ließen ihn anschließend durch ein Sieb rieseln. Das zurückgebliebene Material untersuchten sie auf Larven, Kotpellets oder Teile des Chitin-Panzers.
„Larven konnten wir keine finden, aber einige Kotpellets und Teile des Panzers. Das heißt: Der Eremit hat auf jeden Fall in diesen Höhlen gelebt. Ob er dort immer noch vorkommt, können wir aber nicht sicher sagen. Dafür brauchen wir den Nachweis von Larven oder – später im Jahr – von adulten Tieren“, erklärt Esther Riegel, die für Ihre Bachelorarbeit das FFH-Monitoring der LWF begleitet und die verschiedenen Erhebungsmethoden vergleicht. Sie fügt hinzu: „Die Kombination aus Artenspürhund und Baumkletterern ist vielversprechend, da der Hund Bäume aufspürt, die wir sonst nicht auf dem Schirm gehabt hätten. Durch die ‚Vorsortierung‘ können wir außerdem bei der Beprobung effizienter vorgehen.“
Da das aktuelle Monitoring keinen rezenten Nachweis des Eremiten ergeben hat, werden die Baumkletterer im Herbst ein zweites Mal den Tiergarten untersuchen. Das letzte Monitoring dieser Art fand 2022 statt. Damals wurden der Eremit an zwei Bäumen im Tiergarten nachgewiesen, elf Bäume wurden beprobt.
„Als Teil eines FFH-Gebiets setzt sich der Tiergarten seit jeher auch für den Artenschutz vor der Haustür ein. Das Monitoring des Eremiten hilft uns, besonders wertvolle Bäume zu identifizieren und diese zu schützen. Wir arbeiten dafür, dass der Tiergarten weiterhin sowohl exotischen als auch heimischen Arten gute Bedingungen bietet“, sagt Diana Koch, Biologin und Kuratorin des Tiergartens.
Der Eremit: Leben im Verbogenen
Der Eremit ist ein Käfer aus der Familie der Blatthornkäfer, zu denen beispielsweise auch Maikäfer, Nashornkäfer oder Mistkäfer gehören. Er bevorzugt große Höhlen alter Laubbäume. Das macht ihn zu einer Charakterart naturnaher, ökologisch wertvoller Wälder. Der Artname „eremita“ spielt darauf an, dass die Art ähnlich einem Einsiedler in Baumhöhlen überwiegend von Eichen lebt und meist nur einen Aktionsradius von weniger als 200 Metern hat. Daher ist der Käfer kaum in der Lage, neue Lebensräume zu besiedeln oder zurückzukommen, wenn er erst einmal verschwunden ist.




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