Was sind Bürgerentscheide in Bayern wert?
Mehrheitlicher Wille der Bürger soll ignoriert werden
REGION (nf) - Ist ein Bürgerentscheid im Grunde ein zahnloser Tiger? So sieht es im Moment die Bürgerinitiave Hohenpölz, die im Juli 2014 beim Bürgerentscheid zum Thema ,,Windradpark Brunn" ein klares Votum von 56,26 Prozent der Bevölkerung gegen den Bau eines weiteren Windradparkes erzielte. Obwohl diese Entscheidung eindeutig war, laufen die Planungen - vor allem der Regionalwerke Bamberg GmbH und einiger weniger Grundstückseigentümer - weiter, auf der verbliebenen Vorrangfläche von etwa 40 Hektar außerhalb des Landschaftsschutzgebietes, vier Windräder zu bauen. Die Abstände sollen dabei nach Hohenpölz ca. 1.200 Meter, nach Brunn ca. 900 Meter und zum „Landschaftsprägenden Baudenkmal Schloss Greifenstein" ca. 2.000 Meter betragen. Nun hat die Bürgerinitiative eine Petition an den Bayerischen Landtag ,,Akzeptanz und Umsetzung des Bürgerentscheides" eingereicht - nicht nur im Hinblick auf die so genannte ,,10H"-Regelung.
In der Fragestellung des Bürgerentscheides wurde klar definiert,
- dass der Gemeinderat des Marktes Heiligenstadt alle rechtlich zulässigen Mittel ergreift, die es verhindern, dass im Gemeindegebiet Windkraftanlagen im Landschaftsschutzgebiet oder näher als 2.000 m zum nächsten Wohnhaus gebaut werden und
- dass der Markt Heiligenstadt in diesem Sinne sämtliche Maßnahmen stoppt, die die Planung und den Bau des Windparks „Brunn-Nord" ermöglichen.
Nach Informationen der Bürgerinitiave Hohenpölz, wollen die Regionalwerke Bamberg gemeinsam mit den Stadtwerken Bamberg und den Stadtwerken Ebermannstadt eine Projektgesellschaft gründen. Diese Gesellschaft in Form einer GmbH & Co. KG soll einen Windpark mit vier so genannten Bürgerwindrädern in dem Vorranggebiet bei Brunn (VRG 139) entwickeln. Ein Bauantrag der Regionalwerke Bamberg wurde bereits beim Landratsamt Bamberg eingereicht. In einer öffentlichen Infoveranstaltung der Gemeinde Heiligenstadt hatte der Geschäftsführer der Regionalwerke Bamberg Hubert Treml-Franz noch versichert, ,,dass die Regionalwerke niemals ein Projekt gegen den Willen einer Gemeinde oder der Bevölkerung durchziehen würden."
Auch Heiligenstadts Bürgermeister Helmut Krämer bat bereits im Juli 2014 darum, dass ,,Befürworter und Gegner des Bürgerwindparks die Entscheidung akzeptieren und mit dem Ergebnis so umgehen, dass auch in Zukunft ein friedvolles Miteinander in unseren Dörfern möglich ist."
Rudolf Herbst (BI Hohenpölz): ,,Das vorgenannte Handeln, von in öffentlicher Hand befindlichen Unternehmen, trägt sicherlich nicht dazu bei, die Bitte des Bürgermeisters nachhaltig zu unterstützen und darf unserer Ansicht nach auch nicht der Anspruch des politischen Handelns unserer Mandatsträger sein. Vielmehr sollten die Mandatsträger den Bürgerwillen respektieren und - im Rahmen der ihnen anvertrauten politischen Mandate (z.B. als Aufsichtsrat) - auch entsprechend würdigen, vertreten und umsetzen. Zur Umsetzung des Bürgerentscheides besteht auch eine große moralische Verpflichtung gegenüber den Wählern und der Bevölkerung in der Gemeinde, um die Glaubwürdigkeit der Demokratie und der Politik nicht aufs Spiel zu setzten."
Auch in der öffentlichen Kreistagssitzung des Landkreises Bamberg am 21.07.2014 war die Meinung fast aller Kreistagsmitglieder, das Votum der Bürger und das Selbstbestimmungsrecht der Gemeinde zu akzeptieren, was dann auch in einer eindeutigen Beschlussfassung des Kreistages, im Hinblick auf die geplante Erweiterung des Vorranggebietes „139 Brunn-Nord" um eine Fläche von ca. 146 ha aus dem Landschaftsschutzgebiet, deutlich zum Ausdruck gebracht wurde.
In der Petition an den Bayerischen Landtag machte jetzt die Bürgerinitiative ihre Ansicht deutlich: ,,Die politischen Mandatsträger wurden durch die Bürger gewählt und setzen sich einfach über den Willen der Bürger hinweg. Ein derartiges Vorgehen widerspricht jeglichem Demokratieverständnis und stößt auf völliges Unverständnis in der Bevölkerung. Beim Bürgerentscheid wurde klar dargestellt, wie der Bürgerwille im Hinblick auf den Bau von Windkraftanlagen im Gemeindegebiet und den Bau des Windparks „Brunn-Nord" ist.
Es stellt sich schon die Frage nach dem Sinn der Einrichtung des Bürgerentscheids, wenn dieser, außer für die Gemeinde, die ihn herbeigeführt hat, für keine Behörde und kein übergeordnetes Gremium bindend ist. Damit ist der Bürgerentscheid ja seines Sinnes völlig beraubt."
Allgemeine Information zur Verbesserung von Bürgerentscheiden
Das Problem u.a. der fehlenden Klagemöglichkeit, um einem Bürgerentscheid den nötigen Druck zu verleihen, wurde auch im Landtag schon behandelt. Dem Bayerischen Landtag liegt seit 2. April 2014 ein Gesetzentwurf zur Verbesserung von Bürgerbegehren und Bürgerentscheid vor.
Dieser Gesetzentwurf zur Verbesserung von Bürgerbegehren und Bürgerentscheid (Änderung Art. 18a GO und Art. 12a LKrO; Aufhebung Art. 10 GLKrWG) behandelt die Nachreichung von Unterschriften, Schutzwirkung, Anspruch auf Umsetzung, Klagerecht, Durchführung an Tagen einer Wahl oder Abstimmung über einen Volksentscheid oder während der Eintragung für ein Volksbegehren. Im Ausschuss für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport erging am 2. Juli 2014 eine Beschlussempfehlung mit Bericht.
Links zum Thema auf www.marktspiegel.de
http://www.marktspiegel.de/nuernberg-sued/lokales/aus-fuer-den-windradpark-buergerentscheid-erfolgreich-d7418.html
http://www.marktspiegel.de/nuernberg-sued/lokales/buergerentscheid-am-sonntag-wir-verkaufen-unsere-heimat-nicht-fuer-geld-d7404.html
http://www.marktspiegel.de/nuernberg-sued/lokales/umstrittener-windradpark-bei-brunn-der-buergerentscheid-kommt-d6789.html
http://www.marktspiegel.de/nuernberg-sued/lokales/geballte-menge-an-information-buergerentscheid-windpark-heiligenstadt-brunn-d7365.html
Autor:Redaktion MarktSpiegel aus Nürnberg |
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