Wöhrl Insolvenz: Neuausrichtung im Plan - Mitarbeiter fühlen sich weiterhin im Unklaren

Bester Standort für Wöhrl (links) beim Weißen Turm in Nürnberg. Hier findet die Lichterkettenaktion für Wöhrl Mitarbeiter aus Nürnberg, Nürnberg-Langwasser und Fürth statt. | Foto: ©schulzfoto/Fotolia.com
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REGION/NÜRNBERG (nf) - Mit Ablauf des dreimonatigen Schutzschirmverfahrens am 30. November 2016 liegen die Sanierung und Neuausrichtung der WÖHRL Gruppe im Rahmen der Planung, so die Verantwortlichen der Rudolf Wöhrl AG. Für die Mitarbeiter ist die Situation weiterhin unklar. Deshalb wollen Beschäftigte und Angehörige vor den jeweiligen Betrieben heute um 17 Uhr eine Lichterkettenaktion starten.
Update: Dazu hat Wöhrl kurz nach Veröffentlichung Stellung genommen und verwehrt sich gegen die Vorwürfe - Den Widerspruch von Wöhrl lesen Sie hier

Vorstandsvorsitzender Andreas E. Mach: „Kunden und Lieferanten stehen in dieser schwierigen Phase zu WÖHRL“. Eine Vielzahl von Maßnahmen zur Weiterentwicklung des Filialnetzes, Verschlankung der Strukturen und Reduzierung der Kosten konnte bereits umgesetzt oder eingeleitet werden. Die Geschäftsentwicklung der Gruppe sei in den vergangenen Monaten stabil gewesen, trotz des anhaltend negativen Trends im deutschen Textileinzelhandel. Oberstes Ziel in den kommenden Wochen sei, den laufenden Investorenprozess für die Rudolf Wöhrl AG zu einem erfolgreichen Abschluss zu führen. Derzeit befindet sich eine einstellige Anzahl von Interessenten – sowohl strategische Adressen als auch Finanzinvestoren - in einer vertieften Unternehmensprüfung (Due Diligence), auf deren Basis verbindliche Angebote zeitnah erwartet werden. Die Investorensuche soll bis Ende 2016/Anfang2017 abgeschlossen sein. Die Familie Wöhrl ist unverändert zu einer unternehmerischen Partnerschaft mit einem Investor und zu einem weiteren Engagement als Gesellschafter der Rudolf Wöhrl AG bereit, so teilt das Unternehmen mit.

Gute Fortschritte mache die Optimierung des Standortnetzes. Wie Anfang Oktober bekannt gegeben, werden im Laufe des ersten Quartals 2017 vier der insgesamt 34 WÖHRL-Standorte (Nürnberg-Langwasser, Roth, München Einkaufszentrum PEP und Berlin Potsdamer Platz) geschlossen, bei denen auch langfristig kein ausreichendes Umsatz- und Ertragspotenzial vorhanden ist. Zudem wurde die Schließung von WÖHRL-Outlets beschlossen. Darüber hinaus befindet sich der Vorstand in fortgeschrittenen Verhandlungen über die Reduzierung der Mieten in allen Filialen und in der Zentrale.

Parallel dazu hat WÖHRL die Modernisierung des Filialnetzes vorangetrieben, um die Attraktivität der Verkaufsflächen zu steigern und den Kunden ein modernes und interessantes Einkaufserlebnis zu bieten. Aktuell finden Modernisierungen an acht Standorten statt (Flagship-Store in Nürnberg sowie Filialen in Würzburg, Passau, Weiden, Straubing, Landshut, Schweinfurt und Regensburg). Die mit den Renovierungsmaßnahmen verbundenen Sonderverkaufsaktionen, die von umfangreicher Werbung begleitet wurde (Motto: „Wir geben alles, nur nicht auf!“), stießen bei den Kunden auf eine sehr positive Resonanz. Mitte November fand nach mehr als einem Jahr Bauzeit die Neueröffnung Filiale im Einkaufszentrum Fürther Freiheit statt.

Andreas E. Mach: „Meine Zuversicht, dass WÖHRL sanierungsfähig ist und als Ganzes erhalten werden kann, ist heute größer als zu Beginn des Schutzschirmverfahrens. Wir haben in den vergangenen Monaten ein hohes Maß an Loyalität bei vielen Kunden und Lieferanten gespürt und die Geschäftsentwicklung durch zahlreiche Maßnahmen und Aktionen stabilisieren können. Dies zeigt, dass sich WÖHRL als starke Marke in unseren Kernmärkten auch gegen den Branchentrend positiv entwickeln kann. Wir haben durch das Schutzschirmverfahren keinerlei Einbußen im operativen Geschäft verzeichnen müssen, das stimmt uns positiv für die Zukunft. Mein besonderer Dank gilt unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die in dieser schwierigen Phase unseres Unternehmens weiter mit Herzblut und vollem Einsatz dabei sind.“

Viele Mitarbeiter sind nicht wirklich überzeugt. Die Situation des Unternehmens und vor allem seiner Beschäftigten ist für sie weiterhin unklar. Auch eine erste Informationsrunde am 23. November 2016 mit den Arbeitnehmervertretern habe wenig Sicherheit und Klarheit für die Beschäftigten gebracht. Der Arbeitgeber habe den Gesamtbetriebsräten und ver.di erneut nur oberflächliche, allgemeine und inhaltsarme Informationen zukommen lassen.

Unverändert - so ver.di - stehen aktuell mit München PEP (Perlacher Einkaufszentrum), Nürnberg- Langwasser, Roth und Berlin vier Schließungshäuser fest. Weitere Einschnitte im Filialnetz konnte die Unternehmensleitung auf Anfrage des Gesamtbetriebsrats nicht ausschließen. Dass weitere Schließungen zu befürchten sind, zeige auch die Tatsache, dass das Unternehmen weiterhin keine Gesprächsbereitschaft über einen Tarifvertrag zur Beschäftigungs-und Standortsicherung mit ver.di signalisiere. Dazu sei auch mit einem starken Stellenabbau in der Zentralverwaltung zu rechnen.

Neben der ablehnenden Haltung zu konstruktiven Gesprächen mit ver.di kritisiert man seitens der Gewerkschaft die Restrukturierungsprozesse stark. „Die von der Unternehmensleitung uns gegenüber dargestellten Vorschläge zielen weitestgehend auf Einmaleffekte,“ so Dominik Datz, tarifverantwortlich für ver.di bei Wöhrl. „Konkrete Visionen wie man dauerhaft im umkämpften Textileinzelhandel auch im operativen Geschäft bestehen möchte sind bisher nicht formuliert.“ Auch der Vorschlag der Arbeitnehmervertreter, die Ideen der Beschäftigten zur Modernisierung zu nutzen wurde bisher nicht aufgenommen.

Die Gemengelage aus Wut, Unsicherheit und Misstrauen ist Grund dafür, dass sich Beschäftigte am Mittwoch, 30. November 2016 an den Standorten München, Erlangen, Nürnberg City und Bamberg Wöhrl zu einer Lichterkettenaktion einfinden. Ver.di will mit dieser besinnlichen Aktion darauf hinweisen, dass die Vorweihnachtszeit für die Wöhrl-Angestellten mit großer Sorge begangen wird.

Um 17:00 Uhr treffen sich für ca. 30 Minuten Beschäftigte & Angehörige vor den jeweiligen Betrieben. In München findet die Aktion vor dem Haupteingang des PEP statt. Auch Stammkunden sind dazu eingeladen. In Nürnberg City werden sich auch Beschäftigte aus Fürth und Nürnberg- Langwasser einfinden.

Autor:

Redaktion MarktSpiegel aus Nürnberg

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