Insolvenz, Jobabbau - vier Beispiele
Deutschland in der Krise: Porsche, Rosenthal, Commerzbank und Esprit
- Der bekannte Porzellanhersteller Rosenthal aus Nordbayern steckt in der Krise. Die Konsequenz: Eines der beiden Werke muss schließen.
- Krise bei Porsche: Rund 1.900 Stellen sollen wegfallen
- Der Commerzbank droht eine feindliche Übernahme durch die italienische Unicredit.
- Der Modekonzern schloss letzte Filialen in Deutschland
Wiesbaden/Berlin (dpa) - Steigende Insolvenzen, Industrieflaute, Autokrise, gestrichene Jobs: Aus der deutschen Wirtschaft kommt eine schlechte Nachricht nach der anderen. 2024 ist das Bruttoinlandsprodukt das zweite Jahr in Folge leicht geschrumpft - und das neue Jahr dürfte ebenfalls schwierig werden.
Porsche setzt in der Krise den Rotstift an.
Stuttgart (dpa) - Die Krise beim Porsche spitzt sich zu: Bis 2029 will der Sport- und Geländewagenbauer rund 1.900 Stellen in der Region Stuttgart streichen. Betroffen sind das Stammwerk in Stuttgart-Zuffenhausen und der Standort in Weissach. Das teilte das Unternehmen mit. Zuvor hatten «Stuttgarter Zeitung» und «Stuttgarter Nachrichten» berichtet.
Der Stellenabbau kann den Angaben nach nur sozialverträglich erfolgen. Für die Mitarbeiter der Porsche AG gilt noch bis 2030 eine Beschäftigungssicherung. Betriebsbedingte Kündigungen sind bis dahin ausgeschlossen - der Konzern muss also auf Freiwilligkeit setzen.
Die nun bekanntgewordenen Streichungen erfolgen zusätzlich zu den bereits beschlossenen Einsparungen bei befristet Beschäftigten. Bereits seit 2024 laufen deren Verträge in der Produktion schrittweise aus. Das Unternehmen kündigte im vergangenen Jahr an, keine Befristungen mehr zu verlängern.
Für den Sportwagenbauer sind es turbulente Zeiten: Anfang des Monats hatte Porsche überraschend mitgeteilt, dass es Finanzvorstand Lutz Meschke und Vertriebsvorstand Detlev von Platen loswerden will. Gründe für den Rauswurf der beiden Manager nannte das Unternehmen nicht.
Das Verhältnis zwischen Meschke und Oliver Blume, der sowohl Porsche als auch den VW-Konzern führt, galt allerdings als angespannt. Dem Stellvertreter wurden Ambitionen auf den Chefposten nachgesagt. Außerdem hatte der Aktienkurs in der Vergangenheit stark nachgegeben. Zusätzlich kämpfen die Zuffenhausener aktuell unter anderem mit schwachen Geschäften in China. Nachfolger für die beiden Manager stehen noch nicht fest.
Wenige Tage später verkündete das Unternehmen, entgegen der früheren Ziele werde wieder mehr auf Verbrenner gesetzt. 2024 rechnet Porsche mit Mehrbelastungen von bis zu 800 Millionen Euro - unter anderem, um neue Autos mit Verbrenner oder Plug-in-Hybridantrieb zu entwickeln. Der Autobauer hatte einst eine der ehrgeizigsten E-Auto-Strategien der Branche. Bis 2030 sollten mehr als 80 Prozent der Sport- und Geländewagen mit einem vollelektrischen Antrieb vom Band laufen.
Rosenthal schließt eine von zwei Fabriken
Selb - Der in Schwierigkeiten geratene Porzellanhersteller Rosenthal schließt eine seiner beiden Produktionsstätten und konzentriert seine Fertigung am Hauptstandort Selb. Dabei werden auch Stellen abgebaut, Details sollen in Verhandlungen mit dem Betriebsrat geklärt werden. Rosenthal hat aktuell noch etwa 600 Mitarbeitende.
«Die Überkapazitäten der Rosenthal-Fabriken, kombiniert mit niedrigen Erträgen und hohen Arbeitskosten, führen zu signifikanten finanziellen Verlusten an den Standorten», sagte Rosenthal-Chef Gianluca
Colonna laut Mitteilung. Die Betriebsabläufe müssten optimiert werden.
Porzellan-Dorf für den Tourismus
Die Produktion am Standort Speichersdorf im Landkreis Bayreuth soll Ende 2026 auslaufen. In das verbliebene Werk in Selb will Rosenthal dagegen kräftig investieren: Rosenthal-Eigner Arcturus plant laut Mitteilung, mehrere Millionen Euro in eine neue Fabrikanlage zu stecken. Zudem solle ein «Porzellan-Dorf» als touristisches Angebot entstehen.
Schon seit Jahren sind die Produktionsmengen bei Rosenthal gesunken, wie es weiter hieß: Das Konsumverhalten habe sich verändert, die Verkaufszahlen seien rückläufig. Hinzu kämen hohe Lohnkosten. Genaue Zahlen zu den Problemen nannte Rosenthal nicht.
Walter Gropius entwarf die Fabrik
Mit der Entscheidung für Selb hält Rosenthal am traditionsreichsten Standort fest: Im nahen Schloss Erkersreuth gründete Philipp Rosenthal im 19. Jahrhundert eine Porzellanmalerei, nur wenige Jahre später wurde der Firmensitz nach Selb verlegt. Das 1967 eröffnete Fabrikgebäude entwarf Walter Gropius. Dies sei ein wertvolles architektonisches Erbe, teilte Rosenthal mit.
Rosenthal stand stets für künstlerischen Anspruch, für klassisches oder auch aufsehenerregendes Design und hochwertiges Porzellan. Doch die goldene Zeit für die Porzellanbranche in Deutschland ist längst vorbei, günstige Konkurrenzprodukte aus dem Ausland stehen in den Schränken und Vitrinen der Deutschen - gekauft oft als Massenware im Möbelhaus.
Rosenthal wurde 1997 Teil des britisch-irischen Waterford-Wedgwood-Konzerns. 2009 musste Rosenthal Insolvenz anmelden, die Arcturus Gruppe übernahm schließlich.
Trotz Rekordgewinns: Commerzbank streicht fast 4.000 Jobs
- Der Commerzbank droht eine feindliche Übernahme durch die italienische Unicredit.
- Nun will die Bank effizienter werden - und streicht dafür Tausende Stellen vor allem in Deutschland.
Im Abwehrkampf gegen die Unicredit kann die Commerzbank auch auf Unterstützung von Verdi zählen. Selbst gegen den Abbau Tausender Stellen hat die Gewerkschaft keine Einwände - unter einer Bedingung.
Frankfurt/Main (dpa) - Die Gewerkschaft Verdi hält die neue Strategie inklusive des Abbaus Tausender Jobs bei der Commerzbank für den richtigen Weg im Abwehrkampf gegen die italienische Großbank Unicredit. «Wir unterstützen die konsequente Ausrichtung der Commerzbank mit dem Ziel der Eigenständigkeit ausdrücklich», erklärte Gewerkschaftssekretär Kevin Voß.
Zugleich betonte Voß, der auch Mitglied des Commerzbank-Aufsichtsrates ist: «Die neue Strategie darf nicht einseitig zulasten Tausender Beschäftigten gehen.» Notwendig sei die Flankierung durch ein umfassendes Schutzpaket – vereinbart zwischen Arbeitnehmern und Vorstand. «Für uns ist dabei der wichtigste Grundsatz: Niemand wird gegen den eigenen Willen den Arbeitsplatz in der Bank verlieren», sagte Voß.
Tausende Jobs in Deutschland fallen weg
Um effizienter zu werden, streicht Deutschlands zweitgrößte Privatkundenbank bis Ende 2027 etwa 3.900 Vollzeitstellen. 3.300 der Jobs fallen in Deutschland weg und damit 17 Prozent der Stellen hierzulande - trotz eines Rekordgewinns im vergangenen Jahr.
Weil zugleich etwa bei der polnischen mBank und an Standorten in Asien neue Stellen geschaffen werden sollen, werde der Personalbestand im Konzern weitgehend konstant bei 36.700 Vollzeitkräften weltweit bleiben. Ende 2024 zählte der Commerzbank-Konzern 36.842 Vollzeitstellen.
«Wir halten die verstärkte Nutzung von Technologie, gepaart mit sozialverträglichen Abbauinstrumenten für eine kluge Strategie, eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten herzustellen», sagte Verdi-Vertreter Voß. «Diese bietet auch eine große Chance zur Weiterentwicklung für Beschäftigte der Bank.»
Esprit war lange Kult, nun ist Schluss. Die Modemarke verschwindet aus Deutschland. Ob und wann sie zurückkehren wird, steht bislang nicht fest.
Esprit schließt letzte Filialen in Deutschland
Ratingen (dpa) - Der Modekonzern Esprit schloss Ende Januar wie geplant die letzten seiner Geschäfte in Deutschland. Das bestätigte ein Sprecher des Unternehmens.
Eigentlich sollten alle der zuletzt noch 56 Läden bereits bis Ende November dichtgemacht werden. Knapp 30 blieben aber länger geöffnet, um das Weihnachtsgeschäft mitzunehmen.
Wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung hatte Esprit im Mai 2024 Insolvenz für sein Europageschäft angemeldet. Ein Käufer wurde nicht gefunden. Im August war bekanntgegeben worden, dass Esprit alle Filialen in Deutschland schließt und abgewickelt wird. 1300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verlieren deshalb ihren Job.
Deichmann gehören die Markenrechte für Europa
Die bisherige Firmenzentrale für das Europageschäft in Ratingen wurde im November geräumt. Ein kleines Team kümmert sich in den kommenden Monaten um die restlichen Abwicklungsmaßnahmen, so der Sprecher.
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