Corona-Spitzenreiter Weißenburg-Gunzenhausen
Inzidenz Bayern über 300: Experten warnen vor Corona-Welle im Sommer!
MÜNCHEN/REGION (dpa) - Die vom Robert Koch-Institut gemeldete Corona-Inzidenz für Bayern ist wieder über 300 gestiegen. Am Freitagmorgen (Stand 3.10 Uhr) wurde sie mit 308,5 angegeben. Am Donnerstag hatte sie noch bei 275,4 gelegen. Damit setzt sich der Aufwärtstrend fort. Noch am 30. Mai hatte das RKI einen Wert von 190 gemeldet. Zuletzt über 300 hatte die Inzidenz am 24. Mai gelegen. Die Entwicklung der vergangenen Wochen kann allerdings teilweise durch Feiertage verzerrt sein. Deutschlandweit stieg die Inzidenz auf 318,7.
Experten gehen zudem seit einiger Zeit von einer hohen Zahl nicht vom RKI erfasster Fälle aus - vor allem weil bei weitem nicht alle Infizierte einen PCR-Test machen lassen. Nur positive PCR-Tests zählen in der Statistik. Zudem können Nachmeldungen oder Übermittlungsprobleme zu einer Verzerrung einzelner Tageswerte führen.
In seinem Wochenbericht am Donnerstag hat das RKI vor einer möglichen erneuten Zunahme der Corona-Ansteckungen in Deutschland gewarnt. Erwartet wird, dass sich die Subvarianten namens BA.4 und B.5 stärker verbreiten, «so dass es auch insgesamt zu einem Anstieg der Infektionszahlen und einem erneut verstärkten Infektionsdruck auf vulnerable Personengruppen schon im Sommer kommen kann», heißt es darin. Saisonale Effekte - die das Virus eigentlich ein Stück weit ausbremsen - könnten die Verbreitung dieser Varianten nicht kompensieren, wenn Verhaltensregeln nicht mehr beachtet werden.
Corona-Inzidenzwerte in Mittelfranken
- Spitzenreiter Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen mit 1037
- LK Erlangen-Höchstadt 545
- LK Roth 523,7
- LK Nürnberger Land 469,8
- LK Fürth 393,4
- Stadt Fürth 318,2
- Erlangen 286,5
- Stadt Nürnberg 312,7
- Schwabach 231,4
- Geringster Inzidenzwert in Ansbach mit 112,8
Lehrerverband warnt vor Nachlässigkeit
Der Lehrerverband rief die Politik auf, im Sommer alle Voraussetzungen und Instrumente dafür zu schaffen und bereit zu stellen, damit im Herbst auf alle möglichen Szenarien an den Schulen schnell und effektiv reagiert werden kann. Verbandspräsident Heinz-Peter Meidinger sagte der «Rheinischen Post», eine starke Zunahme von Infektionen bedeute für die Schulen neben der individuellen Gesundheitsgefährdung für Schüler und Lehrkräfte insbesondere die neuerliche Gefahr hoher Personalausfälle bis hin zu dadurch bedingten Unterrichtskürzungen und teilweisen Schließungen.
Die Chefin der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Maike Finnern, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: «Damit es im Herbst nicht erneut zu überhastetem Handeln kommt, müssen jetzt die Vorbereitungen getroffen und die gesetzlichen Grundlagen geschaffen werden.»
Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) sagte dem RND, nötig sei «eine solide rechtliche Grundlage des Bundes, auf der die Länder den Infektionsschutz organisieren können.» Da müsse die Ampel-Regierung rechtzeitig liefern.
Anteile von BA.4 und BA.5 verdoppeln sich
«Das aktuell stärkste Wachstum zeigt der Anteil der Sublinien BA.4 und BA.5», schrieb das RKI. Die Folge: Bereits in wenigen Wochen könnten diese Erreger die Mehrzahl der Nachweise ausmachen. BA.5 ist laut Bericht bei Untersuchungen von vorletzter Woche in jeder zehnten Probe gefunden worden - damit setzte sich die Verdopplung von Woche zu Woche fort. Der Anteil von BA.4 wird mit 2,1 Prozent angegeben, auch dies ungefähr eine Verdopplung zu früheren Werten. Die Angaben basieren auf einer Stichprobe, es werden nicht alle positiven Fälle auf Varianten untersucht.
Fachleuten zufolge spielt bei dem Vorteil, den etwa BA.5 im Vergleich zu den bisherigen Omikron-Sublinien hat, sogenannte Immunflucht eine Rolle. Damit ist gemeint, dass sich das Viruserbgut verändert hat, so dass es Antikörpern von Geimpften und Genesenen besser entkommt.
Die gute Nachricht: Auch wenn es nach Berichten aus Portugal Sorgen vor einer womöglich wieder wachsenden Krankheitsschwere gibt, sieht das RKI dafür bisher keine Belege. Die bisherigen Daten ließen nicht darauf schließen, dass Infektionen mit BA.4 oder BA.5 schwerere Krankheitsverläufe oder anteilig mehr Todesfälle verursachten als die Sublinien BA.1 und BA.2, schrieb das Institut. Diese hatten die vergangenen Wellen verursacht. BA.2 war kürzlich noch in annähernd jeder positiven Probe gefunden worden, die in die Untersuchung einfloss - mittlerweile ist der Wert auf 87,5 Prozent abgesunken.
Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz sei vergangene Woche im Vergleich zur Vorwoche erstmals seit Mitte März wieder angestiegen (29 Prozent), hielt das RKI fest. Es sprach von einem Anstieg der Zahl der übermittelten Ansteckungen in der vergangenen Woche um etwa 50.000 Fälle im Vergleich zur Vorwoche. Bei der Lage in den Krankenhäusern ist bisher allerdings nicht von einer Trendumkehr die Rede: Die Belastung der Kapazitäten des Gesundheitsversorgungssystems geht laut RKI weiter zurück. Die Daten im Bericht beziehen sich größtenteils auf vergangene Woche.
Kritik an FDP
Lehrerverbandspräsident Meidinger kritisierte im Interview mit der «Rheinischen Post» auch den Kurs der FDP. «Wir haben absolut kein Verständnis für die derzeitige Position des Bundesjustizministers und von Teilen der FDP, diese notwendigen Entscheidungen bis nach der parlamentarischen Sommerpause in den Spätherbst hinein zu verschieben.» Bereits Anfang August beginne in einigen Bundesländern das neue Schuljahr.
Justizminister Marco Buschmann will erst nach der geplanten wissenschaftlichen Beurteilung der Corona-Schutzmaßnahmen über die Regeln für den Herbst entscheiden. Ende Juni soll ein Expertengremium eine Evaluierung der Maßnahmen vorlegen. «Zwischen dem 30. Juni und dem Ende der Sommerpause werden wir gemeinsam mit den Ländern beraten, was zu tun ist», hatte Buschmann am Mittwoch in der ARD gesagt. Das habe die Bundesregierung auch mit der Ministerpräsidentenkonferenz besprochen. «Warum jetzt einige meinen, dieser Fahrplan sei nichts mehr wert, das verstehe ich nicht.»
FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sagte dem «Spiegel», man brauche diese Überprüfung, «weil wir Stand jetzt noch gar nicht wissenschaftlich fundiert wissen können, welche Corona-Maßnahmen der Vergangenheit wirklich wirksam waren und welche am Ziel vorbeigeschossen sind». Die Corona-Politik müsse «auf Fakten basieren und darf sich nicht an Empfindungen oder Vermutungen orientieren».
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