Kritik vom Philologenverband
Umfrage: Sollen die Schulnoten abgeschafft werden?
MÜNCHEN (dpa/lby) - In der Debatte um die Reform des klassischen Notensystems warnt der bayerische Philologenverband vor allzu schnellen Schlussfolgerungen wie der Abschaffung von Noten. «Eine Leistungsbewertung nur mit Blick auf die Prozesse und nicht auch auf die Ergebnisse von Lernen und Kompetenzerwerb geht an der Realität vorbei, in der es eben auch auf das «Endprodukt» ankommt», sagte der Vorsitzende des bayerischen Philologenverbandes, Michael Schwägerl. Er widersprach damit ausdrücklich einer Forderung des Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV).
«Eine ärztliche Diagnose muss stimmen, eine programmierte Software funktionieren, ein gefertigtes Auto fahren und gebaute Brücken dürfen nicht einstürzen», betonte Schwägerl. Hier - wie vom BLLV gefordert - den Prozess in den Mittelpunkt zu stellen, also Arbeitsatmosphäre, Art der Erledigung oder das berühmte «hat sich bemüht» sei «für uns als Gesellschaft der falsche Weg». Es sei völlig unstrittig, dass Noten als Leistungsbewertung nur eine Form von Rückmeldung im Sinne einer guten Feedback-Kultur sein können. «Eine kommentarlos gegebene Note ist nicht zeitgemäß - stattdessen muss diese auch als Anlass für Lernende und Lehrende gesehen werden, um über Lernprozesse ins Gespräch zu kommen.»
Angesichts des Vormarschs Künstlicher Intelligenz (KI) hatte sich die Präsidentin des BLLV, Simone Fleischmann, für eine Reform des klassischen Notensystems ausgesprochen: «Wir müssen einsehen, dass unser Leistungssystem oldschool ist.» Es dürfe nicht mehr das Ergebnis beurteilt werden, sondern die Prozesse. Dagegen hatten sich auch Bayerns Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) und der Verband Deutscher Realschullehrer (VDR) ausgesprochen.
KI werde sicherlich große Veränderungen mit sich bringen, doch für eine sachgerechte, erfolgreiche und verantwortungsbewusste Anwendung von KI bedarf es weiterhin eines sachkundigen, gebildeten Menschen, sagte Schwägerl. Wissen und Können würden dafür die individuellen Voraussetzungen schaffen. Es könne aber kein Bildungsziel sein, das Denken, Sprechen und Schreiben zukünftig «künstlichen Intelligenzen" zu überlassen.
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