Ermittlungen in alle Richtungen
UPDATE: Frachtflugzeug im DHL-Auftrag stürzt in Litauen ab
- Kurz vor dem Flughafen in Vilnius stürzt ein Frachtflugzeug ab, das im Auftrag von DHL in Leipzig startete.
- Ein Wohnhaus verfehlte es nur knapp.
- Jetzt läuft die Ursachensuche.
UPDATE: 27. November
- Nach dem Absturz eines Frachtflugzeugs in Litauen haben die Ermittler einen wichtigen Fortschritt gemacht - und die Flugschreiber der Maschine geborgen.
- Können sie Aufschluss zur Ursache geben?
Vilnius (dpa) - Bei der Suche nach der Ursache für den Absturz eines Frachtflugzeugs aus Deutschland in Litauen erhoffen sich die Ermittler wichtige Erkenntnisse vom Auswerten der Flugschreiber. Sowohl der Flugdatenschreiber als auch der Stimmenrekorder wurden aus dem Wrack der Swift-Air-Maschine geborgen, die im Auftrag von DHL von Leipzig in die litauische Hauptstadt Vilnius unterwegs war. Die beiden Geräte, auch als «Black Box» bekannt, könnten Aufschluss über den Grund für den Absturz geben, der trotz Fortschritten bei den Ermittlungen weiter unklar ist.
Das Flugzeug war am frühen Montagmorgen kurz vor der geplanten Landung in der Nähe des Flughafens Vilnius in ein Wohngebiet gestürzt und am Boden zerschellt. Eines der vier Besatzungsmitglieder kam ums Leben, drei weitere - darunter ein Deutscher - werden im Krankenhaus behandelt. Anwohner wurden nicht verletzt.
Flugschreiber könnten entscheidendes Puzzlestück sein
Die litauischen Behörden haben nach dem Absturz umfassende Ermittlungen eingeleitet. Polizeichef Arunas Paulauskas geht davon aus, dass die Untersuchung der abgesperrten Absturzstelle in wenigen Tagen beendet sein könnte. Mit den Flugschreibern haben die Ermittler bei ihrer Suche in dem großen Trümmerfeld ein wichtiges und möglicherweise entscheidendes Puzzlestück gefunden. Der Flugdatenschreiber zeichnet die Flugdaten auf, der Stimmenrekorder die Gespräche im Cockpit.
Die Auswertung der Daten werde etwa einen Monat dauern, berichtete der «Spiegel» unter Berufung auf einen Sprecher des litauischen Justizministeriums. Demnach könnten die Flugschreiber womöglich in Deutschland untersucht werden. Deutsche Ermittler beteiligen sich schon vor Ort an der Suche nach der Absturzursache. Auch aus Spanien und den USA sollten Experten in Litauen eintreffen.
Ermittlungen in alle Richtungen
Nach Angaben von Außenminister Gabrielius Landsbergis werden weiter sämtliche denkbaren Ursachen untersucht. «Wir prüfen alle möglichen Optionen. Bisher wurde keine Option ausgeschlossen», sagte er. Auch seine deutsche Kollegin Annalena Baerbock hatte betont, die Behörden beider Länder ermittelten derzeit «in alle Richtungen». Neben einem technischen Unglück hielt sie auch einen absichtlich herbeigeführten Absturz für möglich.
Der Flugzeugabsturz wirft vor allem auch deshalb Fragen und Befürchtungen auf, weil deutsche Sicherheitsbehörden Ende August vor «unkonventionellen Brandsätzen» gewarnt hatten, die von Unbekannten über Frachtdienstleister verschickt werden. Die Warnung wurde damals in Sicherheitskreisen mit einem Vorfall im DHL-Logistikzentrum Leipzig in Verbindung gebracht, das als weltweites Drehkreuz des Unternehmens fungiert. Dort soll im Juli ein aus dem Baltikum verschicktes Paket Feuer gefangen haben, das einen Brandsatz enthielt. Basierend auf den Ermittlungen kam es auch in Litauen zu Festnahmen, die Anfang des Monats von der Generalstaatsanwaltschaft in Vilnius bestätigt wurden.
Nach Angaben der Ermittler gibt es bislang keine Hinweise für einen absichtlich herbeigeführten Absturz. Der Leiter der beim litauischen Justizministerium angesiedelten Stelle für Untersuchungen von Verkehrsunfällen, Laurynas Naujokaitis, verneinte bei einer Pressekonferenz am Dienstag die Frage, ob es Anhaltspunkte dafür gebe, dass der Vorfall mit Terrorismus, Sabotage oder anderen Einflüssen dieser Art zusammenhänge: «Im Moment haben wir keine derartigen Anzeichen.»
In der ARD-Sendung «Maischberger» ging es am Abend um die Rolle Russlands bei dem Absturz. Sandra Maischberger fragte den Generalinspekteur der Bundeswehr, Carsten Breuer, ob sein könne, dass getestet werde, welche Schwachstellen es gebe. Breuer sagte daraufhin: «Sie meinen ein Test von Russland uns gegenüber? Ja, absolut.»
Auch der Leiter des Nationalen Krisenmanagementzentrums, Vilmantas Vitkauskas, sagte in einem Interview der Agentur BNS, es lägen keine Informationen darüber vor, dass das Flugzeug Feuer fing, bevor es auf dem Boden aufschlug, oder dass die Piloten etwa durch Störungen der GPS-Satellitennavigation irritiert worden seien.
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Vilnius (dpa) - Ein in Leipzig gestartetes Frachtflugzeug im Auftrag des Postdienstleisters DHL ist am frühen Morgen in der Nähe des Flughafens der litauischen Hauptstadt Vilnius abgestürzt. Dabei kam mindestens eine Person ums Leben, wie Polizei und Rettungsdienste mitteilten. Das abstürzende Flugzeug verfehlte ein Wohngebäude mit schlafenden Menschen nur knapp. Zahlreiche Rettungskräfte waren im Einsatz.
Die Einsatzkräfte wurden um 5.28 Uhr Ortszeit von dem Absturz informiert. Nach ersten Angaben befanden sich vier Personen in dem Flugzeug. Eine Person davon sei tot, drei weitere seien verletzt ins Krankenhaus gebracht worden.
Bei dem abgestürzten Frachtflugzeug handelte es sich um eine Maschine der spanischen Fluggesellschaft Swift Air, wie DHL mitteilte. Swift Air sei unter Vertrag für DHL tätig. Etwa einen Kilometer vor dem Flughafen von Vilnius habe die Besatzung eine Notlandung einleiten müssen. Der «Status» der Besatzung werde noch geklärt, erklärte DHL - «aber unsere Gedanken sind bei ihnen und ihren Angehörigen».
Nach Angaben der Vertriebs- und Marketingleiterin von DHL Litauen handelte es bei dem Flugzeug um eine Boeing 737. Transportiert habe die Maschine Pakete für Kunden, sagte sie der Nachrichtenagentur BNS. Auf Bildern von der Unfallstelle waren vereinzelt Pakete und kaputte Kartons zu sehen. Das Flugzeug sei völlig zerstört, sagte eine Sprecherin des litauischen Rettungsdienstes der Nachrichtenagentur Elta.
Was führte zu dem Unglück?
Die Suche nach der Absturzursache wird nach Einschätzung des litauischen Polizeichefs einige Zeit in Anspruch nehmen. Die Besichtigung des Tatorts, die Beweisaufnahme und die Sammlung von Informationen und Objekten könne eine ganze Woche dauern. «Diese Antworten werden nicht so schnell kommen», sagte Arunas Paulauskas auf einer Pressekonferenz.
Das Flugzeug habe versucht zu landen und die Landebahn nicht erreicht, schilderte Paulauskas. Der Absturz sei «höchstwahrscheinlich auf einen technischen Fehler oder ein menschliches Versagen zurückzuführen». Zugleich sagte er auf die Nachfrage, ob es sich auch um einen Terroranschlag gehandelt haben könnte, dass ein solches Szenario nicht auszuschließen sei. «Dies ist eine der Versionen des Absturzes, die untersucht und überprüft werden müssen. Es liegt noch viel Arbeit vor uns.»
Der Leiter des litauischen Rettungsdienstes, Renatas Pozela, sagte, dass das Frachtflugzeug wenige Kilometer vor dem Flughafen abgestürzt sei, mehrere hundert Meter weit schlitterte und seine Trümmer ein Wohnhaus erfassten. Das Haus habe zwei Etagen und vier Wohnungen. Drei Familien hätten darin gelebt. Alle zwölf Bewohner befänden sich in Sicherheit.
Alles rot und voller Funken
Eine Frau, die in der Nähe des betroffenen Hauses wohnt, berichtete im litauischen Rundfunk, dass sie am frühen Morgen durch ein Geräusch geweckt worden sei: «Ich habe im Schlaf ein Geräusch gehört, ich schaue aus dem Fenster – alles war rot und voller Funken». Sie sei sofort losgerannt, um zu sehen, ob jemand Hilfe brauche. Sie stehe unter Schock: «Schrecklich, schrecklich» sei das Ganze.
Ein Nachbar erzählte, dass er am frühen Morgen einen Lichtblitz im Hof gesehen habe: «Es gab einen Blitz. Den Aufprall selbst habe ich nicht gesehen, aber der Blitz war sehr hell, er erleuchtete den ganzen Hof, und er war etwa einen Kilometer von mir entfernt. Und dann erschien das Feuer und es gab eine Menge Rauch.»
Deutsche Sicherheitsbehörden warnten
Der Chef des litauischen Nachrichtendiensts, Darius Jauniskis, sagte nach Angaben litauischer Medien: «Zum jetzigen Zeitpunkt ist es nach unserem Kenntnisstand wahrscheinlich zu früh, um den Vorfall mit irgendetwas in Verbindung zu bringen oder ihm irgendwelche Zuschreibungen zu geben.» Dazu lägen keine vorläufigen Informationen vor. Auch er sagte, die Möglichkeit von Terrorismus könne aber nicht ausgeschlossen werden. Jauniskis versicherte außerdem, dass man auch mit ausländischen Partnern zusammenarbeite.
Ende August war bekannt geworden, dass deutsche Sicherheitsbehörden vor «unkonventionellen Brandsätzen» warnen, die von Unbekannten über Frachtdienstleister verschickt werden. Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) und das Bundeskriminalamt (BKA) verschickten seinerzeit einen entsprechenden Warnhinweis an Unternehmen aus der Luftfahrt- und Logistikbranche.
Die Warnmeldung wurde in Sicherheitskreisen unter anderem mit einem Vorfall im DHL-Logistikzentrum Leipzig in Verbindung gebracht, das als weltweites Drehkreuz des Unternehmens fungiert. Dort soll im Juli ein aus dem Baltikum verschicktes Paket Feuer gefangen haben, das einen Brandsatz enthielt.
In der Warnmeldung von BfV und BKA kam das Wort Russland nicht vor. Dennoch wird in Sicherheitskreisen ein Zusammenhang mit den zunehmenden Fällen russischer Sabotage in Deutschland nicht ausgeschlossen.
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