Klarer Trend zu nachhaltigen Geldanlagen
Investieren mit grünem Gewissen

Symbolfoto: Charlie Riedel / AP / dpa
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BERLIN (dpa/mue) - Ein Windpark in Norwegens Fjorden, ein Wasserkraftwerk mit imposantem Staudamm in Portugal – auf einer digitalen «Investmentreise» zeigt ein Fonds-Unternehmen aus Süddeutschland seinen Kunden, wo ihr Geld steckt. Nachhaltige Geldanlagen boomen – und viele Anbieter werben mit verlockenden Naturbildern. Doch ist, wo Nachhaltigkeit draufsteht, auch immer Nachhaltigkeit drin? Das zumindest bezweifeln Verbraucherschützer und Experten und fordern klarere Kriterien für den wachsenden Markt.

Der Trend ist eindeutig: Immer mehr Menschen ist es wichtig, ihr Geld nicht in x-beliebige Unternehmen anzulegen, sondern dabei auch ein gutes Gewissen zu haben. Zuerst waren es vor allem Großanleger, doch jetzt investieren auch immer mehr Privatleute in Produkte, die sich Umwelt, Soziales sowie einen fairen und verantwortungsbewussten Umgang mit den Beschäftigten auf die Fahnen schreiben. Binnen weniger Jahre ist das Volumen nachhaltiger Fonds laut Branchenverband BVI um mehr als 100 Milliarden Euro gewachsen. Privatanleger haben allein im Jahr 2019 ihre Investments in diesem Bereich fast verdoppelt, wie Daten des Forums Nachhaltige Geldanlagen zeigen. Gemessen am Gesamtmarkt sind nachhaltige Fonds zwar noch eine Nische, der grüne Zeitgeist treibe das Thema aber voran, sagen Experten: Fridays for Future, der Kohleausstieg, die Berühmtheit von Aktivistin Greta Thunberg. Einer Umfrage für den Verbraucherzentrale Bundesverband zufolge ist jeder zweite Verbraucher grundsätzlich dazu bereit, Geld nachhaltig anzulegen. Knapp vier von fünf wollen dabei aber nicht auf Rendite verzichten. Andreas Oehler, der sich als Professor für Finanzwirtschaft der Universität Bamberg mit nachhaltigen Geldanlagen befasst, meint, dass sie das in der Regel auch nicht müssen. «Die frühere Regel, dass nachhaltig investieren ein Verzicht auf Rendite bedeutet, gilt nicht mehr», sagt er. In den vergangenen Jahren hätten Fonds, die glaubhaft nachhaltig arbeiteten, bei gleichem Risiko gleiche oder höhere Renditen erbracht als herkömmliche Anlagen.

Maßstäbe klar definieren


Nachhaltig anlegen kann man auf vielfältige Art und Weise: vom Direktinvestment in Windräder über grüne Bundesanleihen bis hin zu aktiv gemanagten Fonds und ETFs, die einen Aktienindex nachbilden. Meist werden bei solchen Fonds Aktien von Firmen ausgeschlossen, die Geld mit Kohle, Öl, Alkohol oder Waffen verdienen. Doch allgemeingültige Kriterien oder eine Art Gütesiegel gibt es nicht. Experten halten das für riskant. «Nachhaltigkeit ist ein fantastisches Werbeversprechen», sagt etwa Verbraucherzentralen-Chef Klaus Müller. Doch häufig sei es schwer zu überprüfen, wie nachhaltig ein Unternehmen oder Produkt tatsächlich sei. Nach Ansicht von Oehler müsse in diesem Zusammenhang zum Beispiel gesetzlich festgelegt werden, ob Atomkraft als nachhaltig gilt und ob nur geächtete Waffen oder alle Waffen ausgeschlossen sein sollen. Außerdem sollten Schwellenwerte festgelegt werden: Da gehe es etwa um die Frage, ob bei einem nachhaltigen Fonds noch fünf Prozent des Umsatzes aus Kinderarbeit oder Atomenergie stammen dürften oder nicht. So etwas ganz auszuschließen, hält Oehler für schwierig. «Das kann man kaum, wenn man sein Investment weltweit breit streuen will – und das würde ich empfehlen.»

Offenlegung von Informationen gefordert

Die Europäische Union arbeitet an einem Klassifizierungssystem für ökologisch nachhaltiges Wirtschaften. Außerdem könnten Bankberater bald verpflichtet sein, Privatkunden zu fragen, ob sie ihr Geld lieber nachhaltig anlegen wollen. Doch wie können Verbraucher sichergehen, dass nachhaltige Anlagen auch wirklich zu mehr Nachhaltigkeit führen, also für weniger Treibhausgase, sauberere Meere oder weniger Waffen sorgen? Die Wirtschaftswissenschaftler Marco Wilkens und Christian Klein kommen in einem Gutachten für die Verbraucherzentralen zu dem Schluss, dass direkte Effekte über den Kapitalmarkt zwar möglich, aktuell aber kaum nachweisbar sind. «Angebote der Finanzindustrie, die mit einem direkten Beitrag ihrer Anlageprodukte zu bestimmten Nachhaltigkeitszielen werben, und zugleich marktübliche Renditen versprechen, müssten demnach kritisch hinterfragt werden», folgern die Verbraucherschützer. Die große Gefahr für Verbraucher sei, dass Anbieter das Grüne vom Himmel versprächen, ohne dass sich tatsächlich etwas bewege, so Müller. Oehler: «Die Anbieter sollten einen definierten Katalog an Informationen vorlegen müssen.»

Autor:

Uwe Müller aus Nürnberg

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