Mach es wie Zuckerberg oder Bezos
Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger haben gerade als Gründerinnen und Gründer gute Chancen durchzustarten. Fünf Faktoren entscheiden vor allem darüber, ob ihr Vorhaben zum Erfolg wird.
Amazon-Gründer Jeff Bezos hatte Erfahrungen bei einer taiwanischen Mobilfunkgesellschaft und einem Vermögenverwalter nachzuweisen. Dennoch wagte er Mitte der Neunzigerjahre den Kaltstart mit einem Online-Buchversand. Der Rest ist eine Erfolgsgeschichte – und Bücher machen heute nur noch einen Bruchteil des Milliardenumsatzes des Internetmultis Amazon aus. Ähnlich lief es bei Erich Sixt, dem Gründer und heutigen Aufsichtsratschef von Sixt. Er brach in den Sechzigerjahren sein BWL-Studium ab und heuerte bei der kleinen Autovermietung seines Vaters an. Heute ist Sixt ein Synonym für Mietwagen – weltweit. Auch Facebook-Gründer Mark Zuckerberg hatte nur ein paar Semester Informatik aufzuweisen, aber keinerlei Erfahrungen als Unternehmer. Der Rest ist ebenfalls Wirtschaftsgeschichte – und Zuckerberg mit geschätzten mehr als 100 Milliarden US-Dollar Vermögen einer der reichsten und einflussreichsten Menschen der Welt.
Richtig geplant, ist der Quereinstieg die Chance des Lebens
Zuckerberg, Sixt, Bezos: Es sind Paradebeispiele für Menschen, die allen Mut zusammennehmen und in einer fremden Branche durchstarten. Klar, nicht jeder schreibt (Erfolgs)geschichte. Aber eine Chance ist es wert, wenn der Quereinstieg richtig geplant wird.
Quer- oder Seiteneinsteiger sind Menschen, die in ein fachfremdes Tätigkeitsfeld wechseln, also einen neuen Beruf oder eine Geschäftsidee in einer Branche ergreifen, für die sie nicht ausgebildet sind. Quer- und Seiteneinsteiger werden gefühlt immer häufiger – auch weil sich gerade im Mittelstand bei vielen Unternehmen die Nachfolgefrage stellt und anders als früher Nachfolger aus der Familie nicht mehr da oder bereit sind, die Geschicke des Familienunternehmens weiterzuführen. Hier bieten sich Quer- und Seiteneinsteigern gute Chancen.
Dass der Einstieg von der Seite nichts Verwerfliches ist, zeigt auch das staatliche Berufsfeld. Die Schulministerien in allen deutschen Bundesländern machen seit geraumer Zeit regelrecht Jagd auf neue Lehrerinnen und Lehrer, die mit einem anderen beruflichen Hintergrund als dem klassischen Pädagogikstudium an Grundschulen oder Gymnasien beginnen. In Berlin sind rund 40 Prozent der Neueinstellungen Quereinsteiger, in Brandenburg und Mecklenburg sind es 30 Prozent. Wissenschaftler Dirk Richter von der Universität Potsdam hat im Jahr 2020 in einer Studie mit Referendaren Quereinsteiger mit klassisch ausgebildeten Lehrkräften verglichen. Die Studie kommt nun zu dem überraschenden Ergebnis, dass sich die zwei Gruppen in den meisten Bereichen kaum unterscheiden.
Mehrfacher Neustart – und immer mit Erfolg
Was Lehrerinnen und Lehrer können, sollten Unternehmerinnen und Unternehmer auch schaffen: mit Überzeugung, Leidenschaft und der richtigen Strategie in einer fremden Branche durchstarten. Und das sogar als Wiederholungstäter: Lion Heuschkel, Gründer und Kopf der Kingline Group aus dem fränkischen Röttenbach, hat mit seinem Unternehmen und seiner Mannschaft schon mehrfach einen Neustart hingelegt. Meist unfreiwillig, den widrigen äußeren Umständen folgend. Aber letztlich immer mit Überzeugung und Erfolg.Die Kingline Group startete kurz vor Ausbruch der Corona-Pandemie – ein denkbar ungünstiger Zeitpunkt für die Gründung einer Eventagentur. Mit dem Ausbruch des Virus brach das Eventgeschäft schlagartig zusammen. Was also tun? Nur einen Monat nach Pandemie-Beginn wechselte Kingline ins Medizin-Business – mit dem Vertrieb von Masken und Schutzkleidung für medizinisches Personal. Dazu kam das Geschäft mit Schnelltests und PCR-Tests.
Das lief rund zwei Jahre wie am Schnürchen. Doch mit dem Abflauen und faktischen Ende der Pandemie musste Kingline sich abermals neu erfinden. Jetzt kehrt das Unternehmen aus Franken zu seinen Wurzeln im Eventbereich zurück – und entdeckt zusätzlich neue Geschäftsmöglichkeiten im Segment der erneuerbaren Energien oder der Projektentwicklung von Immobilien. Den Schwerpunkt des Engagements bildet jedoch die jüngst beschlossene vertiefte Partnerschaft mit der van Laack GmbH. Das renommierte Textilunternehmen aus Mönchengladbach und Kingline wollen gemeinsam im Bereich medizinischer Arbeitskleidung expandieren.
Fünf Faktoren entscheiden über den Erfolg beim Branchenwechsel
Lion Heuschkel nennt fünf Erfolgsdeterminanten, die es für einen gelungenen Start als Quereinsteiger in einer neuen Branche braucht: das richtige Mindset, eine spezifische Expertise, eine klar definierte Vision, der Wille zu überdurchschnittlichen Leistungen und ein starkes Netzwerk:
1. Expertise: Der Schlüssel zum Erfolg
Die Grundlage für einen erfolgreichen Einstieg in eine neue Branche ist Expertise. Eine fundierte Kenntnis des Markts ermöglicht es, die richtigen Entscheidungen für das eigene Business zu treffen. Wer Wissenslücken hat, sollte diese entweder selbst schließen oder durch den Aufbau eines geeigneten Netzwerks effektiv und schnell ausgleichen.
2. Unternehmer-Mindset: Die Einstellung macht den Unterschied
Besonders in fremden Branchen ist es wichtig, sich über die eigenen Schwächen in der Unternehmensexpertise im Klaren zu sein. Die entscheidende Frage lautet: "Was weiß ich nicht, sollte ich aber wissen?" Diese Schwächen kann man entweder selbst aufholen oder durch interne oder externe Mitarbeiter*innen kompensieren. Das Bewusstsein für das eigene Wissensdefizit ist ein Schlüsselfaktor für den Erfolg.
3. Netzwerk: Die Bedeutung starker Verbindungen
Ein starkes Netzwerk ist eine der wichtigsten Säulen für jeden Unternehmer, egal ob er im etablierten Geschäft agiert oder in eine fremde Branche einsteigt. Beim Einstieg in eine neue Branche ist ein gut aufgebautes Netzwerk genauso entscheidend wie in einem vertrauten Umfeld.
4. Klare Vision: Kurs bestimmen und ansteuern
Eine klare und überzeugende Vision fungiert als Kompass. In einer ungewohnten Branchenumgebung ist es essenziell, einen klaren Kurs zu verfolgen, um sich nicht in Details zu verlieren. Die Vision sollte langfristige Ziele und die strategische Ausrichtung des Unternehmens umfassen. Die Frage „Wo soll das Unternehmen in fünf, zehn oder 15 Jahren stehen?“ ist sowohl für Bewerber im Einstellungsgespräch als auch für Unternehmen selbst von großer Bedeutung.
5. Umsetzungs-Power: Vorbereitung und Ausdauer führen zum Erfolg
Unternehmer müssen bereit sein, die Extrameile zu gehen. Eine Vier-Tage-Woche ist in der Anfangszeit, insbesondere beim Eintritt in eine neue Branche, unrealistisch. Es erfordert außergewöhnlichen Einsatz und große Leistungskraft, um erfolgreich Fuß zu fassen.
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