Corona-Quarantäne entfällt ab 1. Mai
VdK: "Diese Politik gefährdet Menschenleben!"

Zahlreiche Corona-Beschränkungen werden in Deutschland gelockert. | Foto: Stefan Sauer/dpa
  • Zahlreiche Corona-Beschränkungen werden in Deutschland gelockert.
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BERLIN (dpa) - Corona-Infizierte und Kontaktpersonen brauchen ab 1. Mai in der Regel nur noch freiwillig und für kürzere Zeit in Isolierung oder Quarantäne. Darauf verständigten sich die Gesundheitsminister von Bund und Ländern, wie Bundesminister Karl Lauterbach (SPD) am Montag mitteilte.

Infizierten wird demnach künftig nur noch «dringend empfohlen», sich für fünf Tage zu isolieren und Kontakte zu meiden - für Kontaktpersonen von Infizierten soll es entsprechend gelten. Eine Anordnung des Gesundheitsamts, die es schon jetzt häufig nicht mehr gibt, fällt weg. Strengere Vorgaben sollen aber noch für Beschäftigte in Gesundheitswesen und Pflege bleiben, die sich infiziert haben.

Lauterbach sagte, die bestehende Regelung habe funktioniert, sei aber dauerhaft so nicht notwendig. Bisher dauern die Absonderungen in der Regel zehn Tage und können mit einem negativen Test nach sieben Tagen vorab beendet werden. Hintergrund der Lockerungen ist die aktuelle Omikron-Welle mit vielen, aber meist eher leichter verlaufenden Infektionen. Damit sollen nun auch massenhafte Personalausfälle bei hohen Infektionszahlen vermieden werden. Die Änderungen gehen auf einen Vorschlag des Bundesministeriums und des Robert Koch-Instituts (RKI) zurück, der nun als Empfehlung an die Länder gehen soll.

Quarantäne nach «dringender Empfehlung»

Konkret sollen sich Infizierte demnach der «dringenden Empfehlung» zufolge für fünf Tage selbstständig isolieren und dann - beginnend nach fünf Tagen - Schnelltests machen, bis sie negativ sind. Für Kontaktpersonen von Infizierten gilt die «dringende Empfehlung», selbstständig Kontakte zu reduzieren - vor allem mit Menschen, die Risikogruppen für schwere Corona-Verläufe angehören. Sie sollten zudem täglich Selbsttests machen.

Für Beschäftigte im Gesundheitswesen, in Alten- und Pflegeheimen sowie bei ambulanten Pflegediensten sollen im Fall einer Infektion die Gesundheitsämter weiter Tätigkeitsverbote anordnen. Voraussetzung für die Wiederaufnahme sind laut Konzept eine deutliche Besserung der Krankheitssymptome sowie ein negatives Ergebnis per Schnell- oder PCR-Test frühestens am Tag fünf nach Nachweis der Infektion. Sind solche Beschäftigten Kontaktpersonen von Infizierten, sollen sie sich vor Dienstantritt bis einschließlich Tag fünf täglich testen.

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) sagte, es gehe um den nächsten Schritt Richtung Eigenverantwortung. «Ich appelliere an die Menschen, sich diese Verantwortung bewusst zu machen», fügte er hinzu. Klar sei zudem, dass noch wichtige Fragen geklärt werden müssten – etwa was Verdienstausfälle oder Krankschreibungen angehe. Hier müsse der Bund rasch einen vernünftigen Vorschlag liefern.

Lauterbach: Lage nach wie vor angespannt

Lauterbach machte mit Blick auf die Pandemie-Entwicklung deutlich, dass die Lage nach wie vor angespannt sei und man «nicht entwarnen» könne. Zugleich sei es gut, dass beim Anstieg der Fallzahlen «der Wendepunkt erreicht zu sein scheint». Sie gingen systematisch zurück. Dazu habe auch die jüngste Verlängerung der bestehenden Schutzregeln bis zum 2. April beigetragen. Dies war als Übergangsfrist im geänderten Infektionsschutzgesetz vorgesehen.

Lauterbach kritisierte erneut, dass nicht mehr Bundesländer als Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg von der «Hotspot-Regel» im Gesetz Gebrauch machen. Sie ermöglicht weitergehende Schutzvorgaben auch mit mehr Maskenpflichten, wenn das Landesparlament regional eine kritische Lage feststellt. Allgemein sind die meisten staatlichen Schutzvorgaben am Sonntag ausgelaufen. Unabhängig davon können Unternehmen und Einrichtungen nach Hausrecht weiter Vorgaben machen.
Die Kritik an Plänen, zum 1. Mai die Isolationspflicht für Corona-Infizierte abzuschaffen, wird schärfer. Der Sozialverband VdK warf den Gesundheitsministern von Bund und Ländern vor, «komplett auf das "Prinzip Durchseuchung"» zu setzen.

Solidarität mit den Risikogruppen aufgekündigt?

«Der Schutz der Risikogruppen spielt für die Politik offenbar überhaupt keine Rolle mehr», sagte VdK-Präsidentin Verena Bentele am Dienstag in Berlin.

Sehr alte Menschen, Pflegebedürftige, Menschen mit Behinderungen und chronisch Kranke hätten zu Recht große Sorge vor einer Ansteckung mit Corona und seien auf Solidarität angewiesen. «Viele von ihnen und viele ihrer Angehörigen werden sich ab Mai noch weiter einschränken und isolieren müssen. Es wird dann auch immer wahrscheinlicher, dass das Virus doch in Pflegeeinrichtungen hineingetragen wird», meinte Bentele. «Diese Politik gefährdet Menschenleben.»

Der Bundesverband der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD) kritisierte, dass die Isolationspflicht auch für Infizierte mit Symptomen wegfallen soll. Für sie sollte ebenso wie für infizierte Mitarbeiter im medizinischen und pflegerischen Bereich im Fall eines positiven Corona-Nachweises weiterhin eine Isolation von fünf oder sieben Tagen gelten, sagte BVÖGD-Vizechefin Elke Bruns-Philipps der Düsseldorfer «Rheinischen Post». «Ungezielte Bürgertestungen» und Quarantäne für Haushaltsangehörige und enge Kontaktpersonen seien hingegen nicht mehr erforderlich.

Autor:

Victor Schlampp aus Schwabach

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