Büchereileiter geht in den Ruhestand
Fast 40 Jahre im Reich der Bücher
OBERASBACH (pm/ak) - Im kommenden Jahr könnte er sein 40-jähriges Dienstjubiläum bei der Stadt Oberasbach feiern. Kurz vorher verabschiedet sich nun Reinhold Münch, langjähriger Leiter der Stadtbücherei Oberasbach, nach 39 Dienstjahren und geht zum 01.01.2022 in den wohlverdienten Ruhestand.
Er kennt jede Leserin und jeden Leser, manche schon von Kindesbeinen an, und wacht seit vielen Jahren über die fast 30.000 Medien der Stadtbücherei im Untergeschoss des Oberasbacher Rathauses.
Sein beruflicher Werdegang führte ihn von der Bayerischen Staatsbibliothek München über Schwabach nach Oberasbach, wo er seit 1982 zunächst als Bibliotheksassistent, zuletzt als Bibliotheks-Amtsinspektor beschäftigt war. 2017 konnte er sein 40-jähriges Jubiläum im öffentlichen Dienst feiern. Er hat die Entwicklung der Stadtbücherei im Untergeschoss des Rathauses von Anfang an begleitet, seit 1989 als Leiter.
Nach so vielen Jahren als Büchereileitung gibt es eine Menge Erinnerungen und viel zu erzählen.
Stadt Oberasbach: Herr Münch, 1982 sind Sie von Schwabach nach Oberasbach gekommen. Was waren die Gründe für den Wechsel? Wie blicken Sie insgesamt auf die fast 40 Jahre in Oberasbach zurück?
Reinhold Münch: Wie blicke ich zurück? Dankbar, diszipliniert und dauerhaft durchgehalten zu haben ... (schmunzelt)
Die staatliche Fachstelle in Nürnberg meldete eine freie Stelle und fragte an, ob Interesse bestünde, bei ihnen im Team zu arbeiten. Ich hatte zwar den Wunsch, mich beruflich weiterzuentwickeln, wollte aber in einer öffentlichen Bibliothek bleiben. So riet mir die Fachstelle, mich in Oberasbach in der damals hochmodernen, neu eingerichteten Gemeindebücherei zu bewerben. Ich mochte sehr die lockere, familiäre Atmosphäre mit den Kolleginnen und Kollegen aus der Verwaltung, fühlte mich wohl in diesem eher dörflich geprägten Ambiente und hatte gleich guten Kontakt zu den zumeist ortsansässigen Leserinnen und Lesern. Ein überschaubares Betätigungsfeld, das dem beruflichen Ideal sehr nahekam: die Bibliothek als "Dorfbrunnen", als Ort der Begegnung, als kulturelle Stätte mit einer aktiven Rolle als Förderer und Vermittler. Interessant wäre es gewesen, auch einmal wissenschaftlich zu arbeiten in einer Unibibliothek, aber das Leben in einer Großstadt ist nicht unbedingt mein Ding.
Was waren in all den Jahren Ihre größten Herausforderungen als Büchereileiter? Was waren Ihre persönlichen Highlights in Ihrem Berufsleben?
Herausforderungen gab es immer wieder, aber rückblickend waren das eigentlich eher notwendige Prozesse, die zu planbaren Zielen führten.
Die unselige Pandemie hinterlässt leider auch ihre Spuren und bleibt eine permanente Herausforderung: Kürzungen von Öffnungszeiten, Zugangsbeschränkungen, 2G-Nachweispflicht. Diese staatlichen Anordnungen widersprechen dem gewohnten Bibliotheksideal mit unbeschränkt freiem Zugang. Aber dennoch konnte in der Pandemie die Bibliotheksnutzung einigermaßen sichergestellt und längere Schließungen vermieden werden.
Größtes "Highlight" war zur Jahrtausendwende die Umstellung auf digitale Medienverbuchung und die damit verbundene digitale Bestandserfassung und digital erstellte Katalogisate, für die Bibliotheksentwicklung ein wahrer Quantensprung und eine große Erleichterung in der täglichen Routinearbeit.
Die Stadtbücherei hat eine Vielzahl von teils hochkarätig besetzten Lesungen veranstaltet. An welche Autoren oder Gäste erinnern Sie sich besonders gern?
An Pavel Kohout. Sein Zug kam aus Prag und ich holte ihn mit dem Auto am Hauptbahnhof ab. Ich kam gerade aus Spanien, wo ich in Granada einen Kurs über spanische Literatur belegt hatte. Wir führten die ganze Fahrt ein angeregtes Gespräch über spanische Autoren und vor allem über den Dichter Pablo Neruda. Pavel Kohout, ein literarischer Protagonist des Prager Frühlings und der damit verbundenen Umstürze zu Gast in der Stadtbücherei Oberasbach!
Ex-Bundespräsident Joachim Gauck hätte es auch fast nach Oberasbach geschafft. Kurz vor seiner Amtsernennung ging er noch einmal auf Lesereise. Aber sein Verlag vergab den freien Termin in der Metropolregion dann doch an Fürth ...
2000 wagte die Stadtbücherei den Sprung in die Digitalisierung mit der Umstellung auf E-Verbuchung. Wie haben Sie diese Umstellung erlebt? Was stünde Ihrer Meinung nach in Sachen Digitalisierung für die Bibliothek noch an?
Eines meiner persönlichen "Highlights", die Digitalisierung und die damit verbundene Erleichterung von Arbeitsprozessen durch technische Möglichkeiten. Ein großer Fortschritt. Es besteht dadurch leider auch die Gefahr von Arbeitsplatzeinsparungen.
E-Books, E-Hörbücher, ein wahrer Segen in Zeiten von Corona. Ich hoffe immer noch darauf, dass sich die Gesetzgebung endlich einigt über ein verbindliches Bibliotheksgesetz, das es wissenschaftlichen und öffentlichen Bibliotheken ermöglicht, im Einvernehmen mit Verlagen und Autoren die Nutzung digitaler Medien und Kopien zu optimieren.
Ein Thema für die Zukunft: die Selbstverbuchung, bei der Leser ihre entliehenen Medien selbst einscannen können.
Weitere digitale Angebote für öffentliche Bibliotheken wären z.B. sogenannte "Gamer Spaces", die es Jugendlichen ermöglichen, sich in der Bibliothek zu treffen und digitale Spiele mit Spielkonsolen auszuprobieren. In "Maker Spaces" kann man durch Technik kreatives Lernen fördern. Aber dazu bedarf es eines größeren Platzangebotes, das die Stadtbücherei derzeit nicht anbieten kann. Vielleicht gibt es ja in der Zukunft Möglichkeiten für einen entsprechenden Bibliotheks-Neubau mit genügend Platz, um solche Angebote durchzuführen.
2000 war auch für Sie persönlich ein besonderes Jahr. Ihre Tochter Valeska wurde geboren. Wie ist Ihnen der Spagat zwischen Familie und Beruf gelungen?
Sehr pragmatisch, mit viel Disziplin und der wunderbaren Erfahrung, dass sich auch als Alleinerziehender das meiste irgendwie meistern lässt und immer noch genügend Zeit für Familie und Kind - z.B zum Vorlesen - bleibt.
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