Bargeld-Abschaffung: Nimmt uns die Regierung 2018 das Bargeld weg?

Aktuell wäre der Zahlungsverkehr in Deutschland ohne Bargeld undenkbar. | Foto: Edler von Rabenstein/Fotolia.com
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REGION (vs) - Vor allem im Internet finden sich Artikel, die behaupten, dass 2018 europaweit das Bargeld abgeschafft werde. Grundlage sind Äußerungen von Politikern und Wirtschaftsexperten und Entwicklungen in einigen Mitgliedsländern der Europäischen Union. Der MarktSpiegel hat recherchiert.

So bestätigt der Bayerische Finanzminister Dr. Markus Söder, dass mit Schwerpunkt in Skandinavien Bargeld zunehmend durch Kartenzahlung ersetzt werde. Dr. Söder: „Laut Auswärtigem Amt wird in Schweden bei vielen Parkuhren und im öffentlichen Nahverkehr oft keine Barzahlung akzeptiert. In Dänemark müssen Tankstellen, Restaurants und kleine Läden laut Presseberichten ab dem kommenden Jahr voraussichtlich Bargeld nicht mehr annehmen, die dänische Notenbank will ab Ende 2016 mangels Nachfrage den Druck von neuen Banknoten einstellen. Darüber hinaus hat eine ganze Reihe europäischer Staaten Höchstgrenzen für Bargeldgeschäfte erlassen“. Dr. Markus Söder ergänzt: „So sind beispielsweise in Italien seit Anfang 2012 Bargeschäfte über mehr als 1.000 Euro verboten“. Seines Wissens, so Markus Söder, gebe es jedoch derzeit kein echtes Bargeldverbot in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union oder dahingehende Planungen mit konkreten Terminvorstellungen.

80 Prozent in bar

In Deutschland würden aktuell laut Bundesbank noch fast 80 Prozent aller Transaktionen in bar getätigt. Bundesbank-Vorstandsmitglied Carl-Ludwig Thiele habe erst im Mai 2015 versichert, dass die Bundesbank Restriktionen für die Bargeldhaltung ebenso ablehne wie die Forderung nach Abschaffung von Banknoten und Münzen. Außerdem, so Thiele bereits in einem Statement aus dem Jahre 2014, gebe das Eurosystem nicht zuletzt mit der derzeitigen Einführung der neuen Euro-Banknotenserie ein klares Bekenntnis zur Zukunft des Bargeldes ab. Dr. Markus Söders Fazit: „Ein Bargeldverbot ist hier derzeit nicht im Gespräch“.

„Bloßes Gerücht“

Da ein Bargeldverbot ja nicht nur Entscheidung jedes einzelnen Mitgliedstaates, sondern auch europaweit durchgesetzt werden könnte, hat der MarktSpiegel auch bei der fränkischen Europaabgeordneten Kerstin Westphal (SPD) nachgefragt, was von den zumeist im Internet kursierenden Behauptungen zu halten ist. Ihre Antwort:
„Dass 2018 europaweit Bargeld abgeschafft werden soll ist ein bloßes Gerücht. Die Idee von einem bargeldlosen Leben wird auch in Deutschland schon seit langem von Wissenschaft und Forschung diskutiert; Pläne dazu gibt es aber auf europäischer Ebene nicht. Im Übrigen spricht Vieles, aktuell vor allem technische Hürden, dagegen: Für eine europaweite bargeldlose Bezahlung braucht es ein dementsprechendes Informationsnetz – Internet für alle und jeden, egal an welchem Ort. Davon sind wir aber noch weit entfernt. Dieses Informationsnetz muss einen Stand an Sicherheit haben, der weit über dem heutigen liegt (gerade erst haben die Verbraucherzentralen die geläufigen Apps für das bargeldlose Zahlen als unbrauchbar und unsicher bewertet); andernfalls könnte eine Cyberattacke ausreichen um eine ganze Volkswirtschaft zum Einsturz zu bringen. Und nicht zuletzt die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger in Bezug auf ihre Daten könnte in Frage gestellt werden, denn mit Kartenzahlung wird jeder Einkauf verfolgbar. Aufgrund dieser Problemstellung halte ich diese Idee für ein bargeldloses Leben für utopisch“.

Trend nimmt zu

Die gleiche Ansicht vertritt auch Roland Schmautz, Vizepräsident des Sparkassenverbands Bayern: „Die bargeldlosen Zahlungen nehmen auch in Deutschland zu, dieser Trend wird anhalten. Den Umkehrschluss darf man aber nicht ziehen. Wir können uns nicht vorstellen, dass die Menschen ganz auf Bargeld verzichten wollen."

Wichtig für Kleinbetriebe

Eine weitere Position "pro Bargeld" hat die MarktSpiegel-Redaktion vom Präsidenten des Bundes der Selbständigen, Marco Altinger, erhalten.
"Bargeld ist geprägte Freiheit“. Neben dem Freiheitsargument sprechen auch ganz praktische Gründe für die Beibehaltung des Bargeldes, so Altinger: „Eine komplette Umstellung auf bargeldlosen Zahlungsverkehr wäre gerade für Klein- und Mittelbetriebe mit hohen Kosten verbunden.“ Überhaupt nicht geklärt sei, auf welche Zahlungsstandards man sich einigen werde. „Es kann ja nicht sein, dass ein Einzelhändler in seinem Geschäft neben dem üblichen EC-Terminal in Zukunft noch einen Scanner für Zahlungsapps am Handy und am besten noch ein Gerät für die virtuelle Währung Bitcoin bereithalten muss. Das ist nicht leistbar, auch für Handwerker nicht, etwa eine KfZ-Werkstätte, die jeden Reifenwechsel bargeldlos abwickeln muss“, so der BDS-Präsident. Auch die Wünsche der Kunden sollten bei den Überlegungen eine Rolle spielen. Die aufladbare Geldkarte war ein regelrechter Flop und konnte sich nicht durchsetzen. „Gerade ältere Kunden, denen die Verkäuferin an der Kasse bisher die Münzen abgezählt aus der Geldbörse genommen hat, weil sie fehlsichtig sind, sollen in Zukunft bargeldlos zahlen?“, fragt Altinger. Auch aus Datenschutzgründen sei die Abschaffung des Bargeldes problematisch, weil jeder Einkauf nachvollzogen werden könne. Selbst in Schweden, wo bereits vier von fünf Einkäufen ohne Bargeld getätigt werden, seien 80 Prozent der Bevölkerung laut Umfragen für die Beibehaltung des Bargeldes. „Das Abschaffen des Bargeldes nutzt eigentlich nur den Banken, die Zeche zahlen Kleinbetriebe“, so Altinger abschließend.

Statements

Karl Freller: „Bargeld hat seinen Sinn. Die Menschen haben ein festes Zahlungsmittel in Händen, über das sie in größter Freiheit selbst entscheiden können ohne Einbindung Dritter wie Banken oder Kreditunternejmen. Die Abschaffung von Bargeld öffnet Tür und Tor für den gläsernen Bürger und einen Überwachungsmissbrauch bis zum letzten Cent des Eigentums“.
Hans Grötsch (Inhaber Schreibwarengeschäft in Nürnberg am Tiergärtnertor): „Ich bin gegen die Abschaffung des Bargeldes. Alleine, wenn ich mir meine Kunden ansehe: So gut wie alle zahlen in bar“.

Ihre Meinung?

Der MarktSpiegel möchte von seinen Leserinnen und Lesern wissen: „Könnten Sie ganz auf Bargeld verzichten?“ Wir veröffentlichen Ihre Antworten auf der MarktSpiegel-Homepage und auszugsweise auch in der Printausgabe. Neben Ihrer Anwort brauchen wir Ihren vollständigen Namen (Vor- und Zunahme), den Wohnort und das Alter. Gerne können Sie ein Foto von sich für die Veröffentlichung mitschicken, müssen aber nicht.
Bitte lassen Sie uns Ihre Antwort unter dem Stichwort „Bargeld“ zukommen via E-Mail unter info@marktspiegel.de (bitte in der Betreffzeile unbedingt das Stichwort vermerken) oder auf dem Postweg, Redaktion MarktSpiegel, Burgschmietstraße 2-4, 90419 Nürnberg. Die Aktion unter Ausschluss des Rechtsweges läuft bis zum 5. Juni 2015. Eingereichtes Fotomaterial (Abzüge) wird nur zurückgeschickt, wenn ein ausreichend frankiertes Kuvert beigelegt ist.

Autor:

Redaktion MarktSpiegel aus Nürnberg

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