Kritische häusliche Situation war der Hauptgrund
Dutzende Kinder zu eigenem Schutz in der Notbetreuung
NÜRNBERG/REGION (dpa/lby) - Dutzende Kinder in Bayern haben in der Corona-Krise zu ihrem eigenen Schutz die Notbetreuung in Kindertagesstätten besucht. Das geht aus einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur unter den großen Städten im Freistaat hervor. Allein in Nürnberg waren es im Mai 80 - Tendenz steigend. Es handele sich um Kinder ,,mit einer kritischen häuslichen Situation, die als mögliche Kindeswohlgefährdung einzustufen war", teilte die Stadt mit.
Die Landeshauptstadt München nannte auf Anfrage keine Zahlen. ,,Unsere Statistiken geben bisweilen erste Anhaltspunkte, die eine Entwicklung vermuten lassen", teilte ein Sprecher des Sozialreferates mit. Allerdings könne man «noch keine validen Aussagen zu einem konkreten Trend geben".
In Augsburg waren (ebenfalls Stand Mai) nach Angaben eines Sprechers 54 Kinder ,,aus Kinderschutzgründen" in der Notbetreuung einer Kita und 23 Kinder in schulischer Notgruppenbetreuung.
Die Stadt Regensburg führt keine Statistik über Kinder, die in die Notbetreuung vermittelt wurden. Das Jugendamt schätzt dort aber, dass rund 25 Kinder ,,zur Sicherstellung des Kindeswohls" Kitas im Notbetreuungs-Modus besuchten. Die meisten betroffenen Familien seien dem Jugendamt bekannt; die Behörden hätten sich dann um die Unterbringung in der Notbetreuung gekümmert. ,,Es gab aber auch Fälle, in denen sich Eltern selbst aufgrund von Überforderungssituationen bei der Stadt meldeten", sagte eine Sprecherin.
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) warnte Ende April, rund einen Monat nach dem Beginn der strengen Anti-Corona-Maßnahmen, vor einem erhöhten Konflikt- und Stresspotenzial, wenn Familien in der Corona-Krise viel Zeit auf engem Raum zu Hause verbringen. Deswegen müsse genau abgewogen werden zwischen dem Gesundheitsschutz der Kinder vor dem Coronavirus und dem Kindeswohl insgesamt. Erste Studien wie eine Anfang Juni veröffentlichte Untersuchung der Technischen Universität München und des RWI Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung zu häuslicher Gewalt in der Corona-Krise zeigen, dass die Befürchtungen sich bewahrheiten dürften.
Nach wochenlanger Corona-Zwangspause zeichnet sich in Bayern nun langsam aber sicher ein Ende der ohnehin schon immer weiter ausgebauten Notbetreuung ab. Von Montag an sollen auch die Kinder zurück in die Kindergärten dürfen, die im Schuljahr 2021/22 schulpflichtig werden. Gleiches gilt für Kinder, die vor dem Übergang in den Kindergarten stehen - sie dürfen dann wieder in die Krippe gehen. Damit könnten rund 80 Prozent der Kinder wieder ihre Einrichtungen besuchen. Zum 1. Juli soll das allen möglich sein.
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.