Steigende Inflation ++ Extreme Energiekosten
Handwerk in Mittelfranken: Wir bleiben optimistisch - jetzt erst recht!

Im Gegensatz zu anderen Branchen und Privathaushalten kann das Bäckerhandwerk kaum Energie sparen. Auf Grund der hohen Investitionskosten und der ohnehin bereits knappen finanziellen Spielräume können Betriebe ihre energieintensiven Backöfen auch nur bedingt umrüsten. | Foto:  © Med Photo Studio/stock.adobe.com
  • Im Gegensatz zu anderen Branchen und Privathaushalten kann das Bäckerhandwerk kaum Energie sparen. Auf Grund der hohen Investitionskosten und der ohnehin bereits knappen finanziellen Spielräume können Betriebe ihre energieintensiven Backöfen auch nur bedingt umrüsten.
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NÜRNBERG (pm/nf) – Die konjunkturelle Stimmung in Deutschland hat sich deutlich eingetrübt. Insgesamt kommt der Energiepreisschock, der sich durch die Reduzierung der russischen Gaslieferungen ergeben hat, immer mehr in der Breite der deutschen Volkswirtschaft an. So rechnen viele Unternehmen und Verbraucher mit weiter steigenden Preisen für Strom und Gas. Die Inflationsrate lag im September diesen Jahres bei 10 Prozent. Dies ist der höchste Stand seit Dezember 1951.

Thomas Pirner, Präsident der Handwerkskammer für Mittelfranken (HWK), und Prof. Dr. Elmar Forster, Hauptgeschäftsführer HWK bleiben trotz der schwierigen Situation optimistisch: ,,Wir werden auch diese Krise überstehen. Da sind wir uns ganz sicher. Denn das Handwerk ist und bleibt der stabilisierende Wirtschaftsfaktor in Deutschland." Deshalb sollten Jugendliche auch weiterhin auf eine Ausbildung im Handwerk setzen. Zum Beispiel bei Bayerns größter Ausbildungsmesse in der Messe Nürnberg von 12. bis 15. Dezember. Hier finden sich hunderte interessante Berufe an einem Ort – die Chancen einen guten Ausbildungsplatz zu finden sind groß. 

Schwierige Zeiten in allen Gewerken

Das mittelfränkische Handwerk spürt im dritten Quartal 2022 die Auswirkungen der multiplen Krisen, die vor allem durch die rasch steigenden Preise für Energie und Rohstoffe sowie die weiterhin bestehenden Materialengpässe sichtbar werden. Mit 14,8 Wochen liegt der Auftragsbestand im Bauhauptgewerbe noch leicht über dem Durchschnitt von 10,1 Wochen für alle Gewerke. Allerdings ist ein zunehmender Einbruch an Auftragseingängen vor allem im Wohnungsbau zu verzeichnen. Gerade die privaten Häuslebauer kommen angesichts steigender Finanzierungs- und Lebenshaltungskosten an die Grenzen des Leistbaren. 

Die vorliegenden Zahlen sind ein erstes Indiz, dass sich die Handwerkskonjunktur im Winter weiter abschwächen wird. Der wachsende Fachkräftebedarf und bürokratische Pflichten kommen verschärfend hinzu. Die Anzahl derer, die sich selbst in einer guten wirtschaftlichen Situation sehen, wird geringer. Die Anzahl derer, die sich selbst in einer befriedigenden Situation sehen, steigt an. In der Mitte bedeutet dies, dass trotzdem 82 Prozent (Vorquartal: 82,8 Prozent) der Handwerksbetriebe ihre Auftragslage als zufriedenstellend oder gut betrachten. Auch die Aussichten über die zukünftige Geschäftslage geben die aktuelle Verunsicherung der Handwerksbetriebe wieder. Nur noch 66,2 Prozent (Vorquartal: 82,3 Prozent) der Handwerksbetriebe erwarten eine verbesserte oder gleiche Geschäftslage.

Die starke politische Festlegung auf Elektromobilität ist vor dem Hintergrund der sich verschärfenden Energiekrise für das bayerische Kraftfahrzeuggewerbe nicht nachvollziehbar. Bei der Bewältigung der Mobilitätswende spielt die Elektromobilität zwar eine wichtige Rolle, jedoch müssen alle verfügbaren Antriebsformen sinnvoll kombiniert werden. Dazu zählen neben modernen Benzin- und Dieselfahrzeugen auch der Einsatz von eFuels und Wasserstoff. Wichtig sind vor allem verlässliche Rahmenbedingungen für die individuelle Mobilität, gerade für Menschen, die außerhalb der Ballungsräume leben. Andernfalls führe dies zu einer steigenden Verunsicherung der Verbraucher und Investitionsentscheidungen werden vertagt. Dies spüren dann die KFZ-Betriebe in den Auftragsbüchern – sowohl im Handel als auch im Service. Die hohen Energiekosten in Kombination mit der steigenden Inflation treffen den Mittelstand und stellen das Kraftfahrzeuggewerbe vor Herausforderungen.

Fast nicht mehr zu stemmen

Das gesamte Lebensmittelhandwerk steht vor schwierigen Monaten. Stellvertretend für diese Zahlen steht das Bäckerhandwerk. Die Energie- und Rohstoffpreise (Mehl, Sonnenblumenöl und Zucker kosten bis zu 200 Prozent mehr!) sind erheblich gestiegen, das Bäckerhandwerk ist eine personalintensive Branche. Trotzdem können sie die gestiegenen Kosten auf Grund der Wettbewerbssituation nur begrenzt an die Kunden weitergeben.  Rund 70 Prozent der Handwerksbäcker backen mit Gas, die übrigen Betriebe nutzen andere Energieträger. Hinzu kommt, dass das Bäckerhandwerk nicht unter das Energiekostendämpfungsprogramm fällt, das als unterstützende Maßnahme für alle energieintensiven und systemrelevanten Unternehmen vorgesehen war. Das Bäckerhandwerk fordert daher seit Monaten konkrete Entlastungen für seine energieintensiven Betriebe, wie zum Beispiel einen Härtefallfonds. Zum Teil ist die Situation der kleineren bis mittleren Handwerksbetriebe dramatisch. Die Zunahme an Betriebsschließungen zeigt das anschaulich. So haben  im Jahr 2021 300 Bäcker in Bayern ihren Betrieb gechlossen. Im Jahr 2022 (bis Oktober) sind bereits 600 Betriebsschließungen zu verzeichnen. Bei diesen expolodierenden Energiekosten müsste ein Bäcker theoretisch für zwei Pfund Brot sieben Euro, für eine Breze 2,30 Euro verlangen, um über die Runden zu kommen. 

Somit erwarten gewerkübergreifend nach den Ergebnissen der Konjunkturumfrage für das dritte Quartal 66,2 Prozent (Vorquartal: 72,2 Prozent, Vorjahr: 88,9 Prozent) der befragten Handwerksbetriebe mindestens einen gleichbleibenden Geschäftsverlauf. Einen steigenden oder wenigstens konstanten Auftragseingang prognostizieren 62,4 Prozent (Vorquartal: 81,9 Prozent, Vorjahr: 86,6 Prozent) der Betriebe. Steigende oder wenigstens stabile Umsätze erwarten 67,9 Prozent (Vorquartal: 84,6 Prozent, Vorjahr: 86,9 Prozent).

Bei Bayerns größter Ausbildungsmesse finden sich hunderte Berufe an einem Ort
Autor:

Nicole Fuchsbauer aus Nürnberg

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