3.000 Stellen bei Continental eingespart
UPDATE: Ingenieur-Standort Nürnberg soll ganz schließen, auch Erlangen betroffen
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- Der Zulieferer Continental will sich von seiner Automotive-Sparte trennen und streicht vorher noch einmal 3.000 Stellen.
- Foto: Melissa Erichsen/dpa
- hochgeladen von Nicole Fuchsbauer
- Continental verschärft seinen Sparkurs.
- Um die schwächelnde Autozuliefersparte fit zu machen für den Börsengang, sollen dort weitere Stellen wegfallen.
- Zukunftsweisende Technologie? Auch 220 Entwickler-Jobs sollen wegfallen.
UPDATE: 19. Februar
Geplante Schließung des Nürnberger Continental-Standorts: Stadt im engen Austausch mit dem Unternehmen
NÜRNBERG (pm/nf) – Die von Continental angekündigte geplante Schließung des Nürnberger Standorts der Tochtergesellschaft Continental Engineering Services mit circa 140 Beschäftigten ist eine schlechte Nachricht für die Stadt und den Wirtschaftsstandort Nürnberg.
Oberbürgermeister Marcus König: „Es sind schlechte Nachrichten, die uns heute erreichen. Die geplante Schließung des Continental-Standorts in Nürnberg ist nicht nur für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Unternehmens, sondern auch für ihre Familien ein schwerer Schlag. Seien Sie versichert, dass wir als Stadt Nürnberg hier eng an der Seite der betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer stehen und gemeinsam mit dem Unternehmen an sozialverträglichen Lösungen arbeiten.“
Wirtschafts- und Wissenschaftsreferentin Dr. Andrea Heilmaier: „Wir stehen im engen Austausch mit Continental, aber auch mit weiteren Unternehmen aus der Automobilbranche in Nürnberg und der Region, die von der herausfordernden Marktsituation der Branche betroffen sind. Als Stadt Nürnberg setzen wir uns hier intensiv für die vom Stellenabbau betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein und arbeiten gleichzeitig mit zahlreichen weiteren Unternehmen aus dem Automobilsektor an gemeinsamen Perspektiven und innovativen Lösungen hier am Standort Nürnberg. Leider sind Stellenstreichungen und Werksschließungen in der Automobilindustrie derzeit in ganz Deutschland keine Seltenheit mehr. Die strukturellen Probleme lassen sich nur gesamtheitlich lösen und gestalten. Als Stadt und Metropolregion Nürnberg unterstützen wir hier auf regionaler Ebene im Rahmen des Projekts ‚transform_EMN‘ die lokalen Unternehmen der Automobilbranche zusammen mit Partnern aus Wissenschaft und Politik bei der Transformation.“
Das Projekt „transform_EMN“ unterstützt kleine und mittlere Unternehmen aus der Stadt und Region dabei, die Herausforderungen der Transformation zu meistern und sich zukunftsfähig aufzustellen. Um Produktionsstandorte und Beschäftigung zu sichern und Unternehmen beim Mobilitätswandel zu begleiten, bietet das Projekt ein offenes Transformations-Netzwerk mit kostenfreien Maßnahmen zu Wissens- und Technologietransfer, Beschäftigtenqualifikation sowie zur Erschließung neuer Geschäftsfelder und Perspektiven.
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Frankfurt/Nürnberg/Erlangen (dpa) - Der Zulieferer Continental will angesichts der Krise in der Autoindustrie weitere Stellen streichen. In der schwächelnden Autozuliefersparte sollen bis Ende 2026 weltweit noch einmal 3.000 Jobs in Forschung und Entwicklung wegfallen, davon 1.450 in Deutschland, teilte das Unternehmen mit. Betroffen sind vor allem Hessen und Bayern, der Standort Nürnberg soll ganz schließen.
Continental hatte bereits vor einem Jahr angekündigt, in der Automotiv-Sparte 7.150 Stellen zu streichen, davon 5.400 in der Verwaltung und 1.750 in der Entwicklung. Das sei inzwischen zu 80 bis 90 Prozent umgesetzt, hieß es. Mit den nun verkündeten weiteren 3.000 Stellen erhöht sich die Zahl auf mehr als 10.000. Continental begründete den erneuten Abbau mit der sich zuspitzenden Situation der Autobranche.
Frankfurt erneut betroffen
220 Entwickler-Jobs sollen noch einmal an dem mit 4.000 Mitarbeitern größten Automotive-Standort in Frankfurt wegfallen. Dort hatte Conti bereits im vergangenen Jahr Hunderte Stellen gestrichen. Ebenso viele sind es im hessischen Babenhausen mit derzeit noch rund 1.800 Mitarbeitern. Die Schließung des Ingenieurs-Standorts Nürnberg betrifft dort nach Unternehmensangaben 140 Mitarbeiter.
Weitere Stellen sollen unter anderem in Ingolstadt (20 von 1.550) und Regensburg (40 von 3.800) wegfallen. In Wetzlar und Schwalbach, wo Conti bereits 2024 die Schließung angekündigt hatte, sollen weniger Mitarbeiter als zunächst geplant an andere Standorte wechseln. 200 Stellen fallen dadurch in Wetzlar zusätzlich weg, 10 in Schwalbach.
Einen Stellenabbau gibt es auch bei der Softwaretochter Elektrobit mit Sitz in Erlangen und Standorten unter anderem in Berlin, Stuttgart und Braunschweig. Dort sollen 480 Stellen wegfallen, davon 330 in Deutschland. Nähere Angaben zu konkreten Standorten machte eine Elektrobit-Sprecherin auf Nachfrage nicht.
Jede zehnte Entwicklerstelle fällt weg
Weltweit sollen rund zehn Prozent der bisher 31.000 Entwicklerstellen wegfallen. Den Abbau will Conti möglichst sozialverträglich gestalten: Ein Großteil der Stellenanpassungen solle über natürliche Fluktuation, beispielsweise durch Renteneintritte, erfolgen. Über Details soll nun mit den Arbeitnehmervertretern verhandelt werden.
Aufgrund der herausfordernden Marktsituation habe sich gezeigt, dass die bisherigen Maßnahmen nicht ausreichten, um die eigenen Ziele zu erreichen, sagte ein Conti-Sprecher. Daher müssten nun weitere Stellen wegfallen. Ziel bleibe es, die Ausgaben für Forschung und Entwicklung bis 2027 auf weniger als 10 Prozent des Umsatzes zu senken.
«Zukunftsweisende Technologieangebote sind für unser Unternehmen von entscheidender Bedeutung», sagte Automotive-Chef Philipp von Hirschheydt laut Mitteilung. «Wir investieren daher in den kommenden Jahren substanziell in Forschung und Entwicklung. Zugleich verbessern wir unsere Wettbewerbsstärke im Sinne unseres nachhaltigen Markterfolgs kontinuierlich.»
Betriebsratschef: Keine tragfähige Zukunftsstrategie
Scharfe Kritik kam von der Arbeitnehmerseite. «Wir sind zutiefst besorgt, dass sich die tiefen Einschnitte bei der Automotive Forschung und Entwicklung zu einem umfassenden Kahlschlag ausweiten», sagte Gesamtbetriebsratschef Michael Iglhaut laut einer Mitteilung. «Stellenabbau und Kostensenkungen um jeden Preis» seien keine tragfähige Zukunftsstrategie. Das «gewollte Ausbluten der deutschen Standorte» schwäche die Sparte, die Continental noch in diesem Jahr in die Eigenständigkeit entlassen will.
Continental hatte im Dezember angekündigt, die seit Jahren schwächelnde Autozuliefersparte abzuspalten und als eigenes Unternehmen an die Börse zu bringen. Die Hauptversammlung muss dem noch zustimmen, der Börsengang der Sparte unter neuem Namen soll dann bis Ende des Jahres erfolgen. Die Sparte gilt seit Langem als Sorgenkind des Konzerns und schrieb in den vergangenen Jahren immer wieder rote Zahlen.
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