Kommt die Mietpreisbremse auch in Nürnberg?
Noch vor der Sommerpause will die Bayerische Staatsregierung Verordnung erlassen
NÜRNBERG (nf) - Seit 1. Juli gilt in vielen deutschen Städten die so genannte Mietpreisbremse. Für Nürnberg wird die Umsetzung gerade geprüft. Gilt das umstrittene Gesetz, so darf u.a. der Mietpreis bei Neuvermietung maximal 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Ausgenommen sind Neubauten, die nach dem 1. Oktober 2014 zum ersten Mal vermietet wurden, sowie umfassend sanierte Wohnungen. Die Mietpreisbremse soll dafür sorgen, dass die Mieten in Ballungsräumen und Großstädten künftig nicht mehr so rasant steigen wie in den vergangenen Jahren.
Doch statt der erhofften Entspannung auf dem Wohnungsmarkt fürchten 62 Prozent der deutschen Mieter allerdings, dass viele Vermieter vor der Einführung in ihrer Region noch mal kräftig die Miete erhöhen werden. Einer aktuelle Umfrage von immowelt.de zufolge glaubt die Mehrheit außerdem, dass Vermieter trotz Mietpreisbremse auch künftig noch Schlupflöcher finden werden, um höhere Mieten durchzusetzen.
Nürnbergs Wirtschaftsreferent Dr. Michael Fraas zum Thema:,,Ich gehe davon aus, dass die Mietpreisbremse auch in Nürnberg kommen wird. Wir erfüllen die Kriterien, die für ihre Einführung erforderlich sind. Ich bin allerdings skeptisch, ob sie den angestrebten Zweck erreicht. Das beste Mittel gegen hohe Mieten ist der Bau vieler neuer Wohnungen. Die schaffen wir nicht durch die Mietpreisbremse, sondern z.B. durch die Ausweisung von Wohngebieten, die Schaffung von Baurecht oder die Wohnungsbauförderung. So täte der Bund gut daran, die degressive Abschreibung für den Neubau von Mietwohnungen wieder einzuführen."
Gerald Raschke, planungspolitischer Sprecher der SPD-Stadtratsfraktion und Mitglied des Bau- und Verkehrsausschusses des Deutschen Städtetages: „Mit der Einführung der Mietpreisbegrenzung wird auch der Forderung der deutschen Städtetages entsprochen, den Anstieg der Mieten zu begrenzen ohne dadurch jedoch Investitionen in den Wohnungsneubau und die Modernisierung zu behindern.“
„Eine Mietpreisbremse in Nürnberg wird das Problem der fehlenden Wohnungen zu einer günstiger Miete nicht lösen“, fasst Rechtsanwalt Gerhard Frieser, Vorsitzender von Haus & Grund Nürnberg, zusammen. ,,Die Folge einer bayerischen Mietpreisbremse wäre aber, dass der Nürnberger Mietenspiegel öfter in den Fokus bei Streitigkeiten über die Miethöhe geraten würde. Damit steigt das Risiko, dass der Nürnberger Mietenspiegel - seit Jahrzehnten eine ,,konfliktvermeidene Richtschnur“ - gerichtlich aufgehoben wird. Diese Entwicklung war bereits im Bundesland Berlin zu beobachten. Das kann nicht Sinn und Zweck einer vernünftigen Wohnungspolitik sein.“ Für ihn ist die Wohnraumsituation in keinster Weise mit Städten wie München zu vergleichen. „Für Nürnberg sehen wir schon die sogenannten Tatbestandsvoraussetzungen nicht erfüllt“, erklärt Frieser weiter. Demnach müsste die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen in einer Gemeinde oder einem Teil einer Gemeinde besonders gefährdet sein. Haus & Grund Nürnberg sieht rechtliche Bedenken gegen eine Aufnahme in den Anwendungsbereich der Mietpreisbremse. So rangiere Nürnberg im Ranking der bundesweiten ortsüblichen Vergleichsmieten lt. F+B – Index 2014 allenfalls auf Platz 45. Haus & Grund Nürnberg fordert zudem alle Immobilienbesitzer auf, sich an der Online- Petition gegen die Mietpreisbremse in Bayern unter www.hausundgrund- nuernberg.de beteiligen.
Planmäßig sollte die Mietpreisbremse, nachdem sie im März auch im Bundesrat verabschiedet wurde, zum 1. Juni dieses Jahres in Kraft treten. In vielen Bundesländern, die für die Umsetzung zuständig sind, darunter auch Bayern, wird es bis zur Einführung aber noch dauern. Die Fraktionsvorsitzende der Rathaus-SPD, Dr. Anja Prölß-Kammerer, kritisiert die sich nun abzeichnende Verzögerung: „Die angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt ist ein zunehmendes Problem, welches die Bürgerinnen und Bürger in Nürnberg umtreibt. Dr. Prölß-Kammerer verweist darauf, dass die bayerische Staatsregierung zur Ausweisung der Anwendungsgebiete auf die Erfahrung der Vergangenheit zurückgreifen kann. 2013 hatte die Staatsregierung bereits Gebiete ausgewiesen, in denen die Kappungsgrenze für Mieterhöhungen auf max. 15 Prozent über drei Jahre gesenkt wurde. Dazu gehört seitdem auch die Stadt Nürnberg. Die Fraktionsvorsitzende betont, dass die Mietpreisbremse nur ein Baustein auf dem Weg zu bezahlbaren Wohnen in Nürnberg sein könne.
Statements:
Gerhard Frieser, Vorsitzender Haus & Grund Nürnberg: ,,Die Mietpreisbremse ist in Nürnberg ungeeignet, die Wohnungsnot zu bekämpfen und den Markt für einkommensschwächere Bevölkerungsgruppen zu öffnen. Auch die Verdrängung ärmerer Bewohner durch den Zuzug wohlhabenderer Bevölkerungsgruppen lässt sich so nicht verhindern. Vielmehr begünstigt die Mietpreisbremse die weitere Wohnraumverknappung und fördert die qualitative Verschlechterung des Mietwohnungsbestandes. Darüber hinaus greift die Mietpreisbremse in bestimmten Fallkonstellationen bei Vermietern auch in die Substanz des Eigentums ein. Letztlich lässt sich nur mit einer attraktiveren Förderung von Sozialwohnungen der Wohnungsbau ankurbeln.
Dr. Anja Prölß-Kammerer, Fraktionsvorsitzende Rathaus SPD: ,,„Erst kürzlich hat eine Studie des Portals Immowelt wieder gezeigt, dass die Mieten in den vergangenen fünf Jahren in Nürnberg um 25 Prozent gestiegen sind. „Aufgrund der zunehmenden Schwierigkeiten bezahlbaren Wohnraum zu finden, sollten wir auch dieses Instrument nutzen. Darüber hinaus braucht es eine längerfristige Gesamtstrategie, um die tiefergehenden Ursachen anzugehen. Bereits im letzten Jahr haben wir mit dem Antrag zur Wohnbauoffensive für Nürnberg einen Anstoß dazu geliefert“, so Prölß-Kammerer. Ergebnis war unter anderem das Wohnflächengutachten der Stadt Nürnberg, welches im letzten Jahr vorgestellt wurde. Wir plädieren für eine schnelle Umsetzung der Mietpreisbremse.“
Autor:Redaktion MarktSpiegel aus Nürnberg |
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