Tathergang ist mittlerweile klar
Männer wegen Mordes an vermisster Schwangerer angeklagt

Die Justitia ist an einer Scheibe am Eingang zum Oberlandesgericht zu sehen. Foto: Rolf Vennenbernd/dpa/Symbolbild
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Von Irena Güttel, dpa
NÜRNBERG (dpa) - Sie hat ihr Pflegekind in die Kita gebracht und ist dann auf mysteriöse Weise verschwunden - monatelang hat das Schicksal einer vermissten Hochschwangeren aus Nürnberg die Menschen beschäftigt. Nun hat die Staatsanwaltschaft zwei Männer wegen Mordes und Geiselnahme angeklagt. Dabei handele es sich um ihren früheren Lebensgefährten und dessen Geschäftspartner, teilte die Anklagebehörde am Dienstag mit. Sie sollen die 39-Jährige im Dezember 2022 überwältigt, verschleppt und getötet haben.

Die beiden Männer schweigen laut der Staatsanwaltschaft zu den Vorwürfen - und auch dazu, wo sie die Leiche versteckt haben: Diese ist bis heute nicht aufgetaucht. Die Ermittler sind sich trotzdem sicher, dem 50-Jährigen aus Bosnien-Herzegowina und seinem deutschen Geschäftspartner die Tat nachweisen zu können. Das Motiv war ihrer Ansicht nach unter anderem ein Streit um viel Geld.

Fehlende Leiche könnte Knackpunkt werden

Die Anklage sei beim Landgericht eingegangen, sagte Justizsprecherin Tina Haase. Es sei aber noch nicht absehbar, bis wann die Kammer entschieden habe, ob es zur Verhandlung komme. Dabei müsse diese prüfen, ob die Beweismittel so überzeugend seien, dass eine Verurteilung wahrscheinlich sei. Und die fehlende Leiche könnte in diesem Fall eine wichtige Rolle spielen: Auch ohne Leiche könne man über bestimmte Spuren und Zeugenaussagen die Tat nachweisen, sagte Haase. «Es ist natürlich schwerer, weil die Leiche ein bedeutendes Beweismittel ist.»

Dass es eine umfangreiche Beweisaufnahme werden könnte, zeichnet sich allerdings jetzt schon ab: Mehr als 100 Zeuginnen und Zeugen sowie zehn Sachverständige sollen nach den Vorschlägen der Staatsanwaltschaft vor Gericht aussagen. Nach dem Verschwinden der im achten Monat Schwangeren hatte eine Sonderkommission der Polizei viele Hundert Spuren und Hinweise in mehreren europäischen Ländern gesammelt. Mit Spürhunden suchte die Polizei damals vergeblich nach der Leiche, Taucher und Boote fanden im zur Wohnung nahe gelegenen Main-Donau-Kanal ebenfalls nichts.

Ins Ausland abgesetzt? - Für die Ermittler nicht glaubwürdig

Stutzig hatte die Ermittler gemacht, dass die Frau ihr Zuhause ohne Bargeld, Ausweise und Mutterpass verlassen hatte. Dass sie sich ins Ausland abgesetzt hatte, schien deshalb wenig wahrscheinlich - obwohl die Verdächtigen nach Ansicht der Staatsanwaltschaft genau diesen Eindruck haben erwecken wollen. Nach dem Mord sollen sie von dem Handy des Opfers Abschiedsnachrichten verschickt und dieses nach Italien gebracht haben, um eine falsche Spur zu legen.

Den Ermittlungen zufolge spielte sich die Tat am 9. Dezember 2022 folgendermaßen ab: Die Verdächtigen sollen der Schwangeren in einem geliehenen Wagen zu einem leerstehenden Anwesen in Schwabach südlich von Nürnberg gefolgt sein, das ihr gehörte. Dort sollen sie die Frau überwältigt und in eine Lagerhalle in Hilpoltstein (Landkreis Roth) gebracht haben. Spätestens dort sollen sie sie dazu gezwungenen haben, einen Brief zu schreiben, in dem sie die Strafanzeigen in zwei laufenden Ermittlungsverfahren gegen die beiden Männer zurücknahm. Danach sollen sie die Schwangere getötet und die Leiche versteckt haben.

Es ging um viel Geld

Seit September 2023 sitzen die beiden Angeklagten in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen unter anderem Habgier vor und dass sie mit dem Mord eine andere Straftat verdecken wollten. Nach Überzeugung der Ermittler hatte der damalige Lebensgefährte das Geld der leitenden Bankangestellten für Immobiliengeschäfte genutzt, die über den zweiten Angeklagten, einen heute 48-Jährigen, liefen. Die Frau erwarb demnach mit Hilfe ihres Lebensgefährten im Laufe der Jahre 27 Immobilien auf Kredit, die die Firma des Geschäftspartners sanierte, vermietete und verkaufte.

Nach der Trennung im März 2022 soll die Frau die Zusammenarbeit beendet und den Zugriff auf ihre Konten verweigert haben. Der Streit mündete der Staatsanwaltschaft zufolge in Anzeigen der Frau und einem gerichtlichen Kontaktverbot. Mit einem Vollstreckungstitel sollen die beiden Männer schließlich versucht haben, fast 785.000 Euro von der Frau einzufordern. Dagegen sei die Schwangere zivilrechtlich vorgegangen, heißt es von der Staatsanwaltschaft. Eine Woche vor der entscheidenden Verhandlung vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth sei sie verschwunden.

© dpa-infocom, dpa:240109-99-539194

Autor:

Arthur Kreklau aus Fürth

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