SPD fordert zweiten NSU-Untersuchungsausschuss
Nürnberg benennt Platz nach erstem NSU-Opfer
NÜRNBERG (dpa/lby) - Enver-Şimşek-Platz - ein Platz in Nürnberg trägt nun den Namen des ersten NSU-Opfers. Damit will die Stadt an die Mordserie der Neonazi-Terrorzelle «Nationalsozialistischer Untergrund» erinnern, der zwischen 2000 und 2007 zehn Menschen zum Opfer fielen. Drei der Verbrechen geschahen in Nürnberg.
Der 38 Jahre alte Blumenhändler Enver Şimşek sortierte am 9. September 2000 auf einem Parkplatz in der Liegnitzer Straße gerade Blumen in seinem Lieferwagen, als die Rechtsterroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt acht Schüsse auf ihn abfeuerten. Er kam lebensgefährlich verletzt ins Krankenhaus und starb dort später.
Anlässlich seines 21. Todestags benannte die Stadt den Platz am Tatort nun nach ihm. «Das freut mich total», sagte Abdulkerim Şimşek, der Sohn von Enver Şimşek, auf Nachfrage. «Dieser Platz in Nürnberg hat eine ganz andere Bedeutung, denn es ist genau da, wo mein Vater erschossen wurde.» Auch Jena, die einstige Heimat der NSU-Haupttäter, hatte Enver Şimşek im vergangenen Jahr einen Platz gewidmet.
Am späten Montagnachmittag enthüllte Abdulkerim Şimşek das Straßenschild gemeinsam mit Nürnbergs Oberbürgermeister Marcus König (CSU). «Der Name Enver Şimşek wird immer mit der Geschichte unserer Stadt verwoben sein», sagte König laut Mitteilung. «Wir wollen mit der Namensgebung aber auch deutlich machen, dass die Auseinandersetzung mit den Taten und vor allem dem Nährboden, der sie ermöglicht hat, noch lange nicht beendet ist.»
Mundlos und Böhnhardt hatten über Jahre hinweg acht türkischstämmige und einen griechischstämmigen Kleinunternehmer sowie eine Polizistin ermordet. 2011 begingen die beiden Suizid. Ihre Komplizin Beate Zschäpe wurde als Mittäterin zu lebenslanger Haft bei besonderer Schwere der Schuld verurteilt.
Die SPD in Nürnberg forderte angesichts der Einweihung des Enver-Şimşek-Platzes einen zweiten NSU-Untersuchungsausschuss im bayerischen Landtag. Die Politik sei weiter in der Pflicht, die Aufklärung der Hintergründe voranzutreiben, teilte Nürnbergs SPD-Fraktionsvorsitzender, Thorsten Brehm, mit. Auch nach dem NSU-Prozess und den Untersuchungsausschüssen im Bundestag und im Landtag seien noch viele Fragen offen.
Zu den NSU-Opfern gehören auch der 49 Jahre alte Änderungsschneider Abdurrahim Özüdoğru und der 50-jährige Imbissbesitzer Ismail Yaşar aus Nürnberg. Ein Bündnis von Vereinen und Parteien fordert, Straßen oder Plätze an den Tatorten ebenfalls nach ihnen zu benennen.
Das ist nach Angaben des Nürnberger Menschenrechtsbüros aber schwierig, da die beiden Straßennamen bereits eine wichtige historische Bedeutung haben. Die Stadt prüft nun, ob das bei neu auszuweisenden Straßen oder Plätzen möglich ist. Konkrete Pläne gibt es aber noch nicht.
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