Bund Naturschutz kündigt massiven Widerstand an ++ MdB Sebastian Brehm soll helfen
Stromtrasse quer durch den Reichswald?
NÜRNBERG (pm/nf) - „Der Nürnberger Reichswald ist ein Prüffall für die Staatsregierung, wie ernst sie es mit dem Klimaschutz meint. Die Klimakrise führt im Reichswald bereits zum Waldsterben 2.0 mit dem erstmaligen hitzebedingten Absterben der Kiefer in der Geschichte der Waldaufzeichnungen. Und der größte geplante Eingriff in den Wald, die neue Stromtrasse P53 mit möglichen Rodungen von bis zu 210 Hektar, ist ein Projekt, das sich gegen die nötige regionale Energiewende richtet“, so Richard Mergner, Bund Naturschutz-Landesvorsitzender. „Wir erwarten, dass sich Ministerpräsident Dr. Markus Söder, Minister Hubert Aiwanger und Ministerin Michaela Kaniber vor den Reichswald stellen und die Bürgerenergiewende unterstützen, statt sie zu torpedieren“, so Mergner.
Die Klimakrise hat den Wald erreicht. Die Jahrhundertsommer 2015, 2018 und 2019 haben bereits zu massiven Trocken- und Hitzeschäden im Reichswald geführt, 2020 droht ein weiteres Krisenjahr zu werden. Die Forstbetriebe Nürnberg und Allersberg sind praktisch nur noch mit der Aufarbeitung toter Bäume beschäftigt, obwohl der Holzpreis wegen der großen Mengen anfallenden Schadholzes extrem gefallen ist.
Während es in den 1980er Jahren noch gelang, mit der Entschwefelung der Kraftwerke und der Kraftstoffe das erste Waldsterben einzudämmen, wird es diesmal viel schwieriger, weil der Klimaschutz alle Lebensbereiche betrifft und schmerzhafter Entscheidungen bedarf. „Damit der Beschluss der UNO-Klimakonferenz von Paris 2015 erreicht werden kann, brauchen wir mutigere Beschlüsse auch der Staatsregierung. Das Bayerische Klimaschutzgesetz reicht dazu bei Weitem nicht aus. Wir brauchen klare Vorgaben auch für die Kommunen, wir brauchen die Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger für die Energiewende vor Ort und nicht blumige Absichtserklärungen, sonst wird die grüne Lunge des Großraums todkrank“, so Mergner.
„Obwohl wieder etliche Eingriffe im Reichswald geplant werden und das Waldsterben 2.0 größere Aufmerksamkeit braucht, wird es in diesem Juli zum ersten Mal seit 1973 keine große Kundgebung zum Schutz des Reichswaldes geben. Die Corona-Pandemie und die nötigen Schutzmaßnahmen lassen dies leider nicht zu“, meint Tom Konopka, Regionalreferent des BN.
Der geplante Neubau der sog. Juraleitung P53 als 380 Kilovolt-Hochspannungsleitung wird vom niederländischen Staatskonzern Tennet vorangetrieben. Etliche der Trassenvarianten liegen im Reichswald, darunter eine Trasse über fast 30 Kilometer quer durch den noch weitgehend unzerschnittenen Wald von Schwabach über Schwand nach Wendelstein, Schwarzenbruck bis Winkelhaid, eine andere über 14 Kilometer von Kornburg über die Kornberge bei Wendelstein, nördlich Röthenbach bei St. Wolfgang, um Feucht herum, nördlich an Moosbach vorbei bis Winkelhaid. Diese Trassen würden nach Schätzungen des BN etwa 210 bzw. 100 Hektar Reichswald kosten. Die dafür nötige Rodung wäre damit der größte Reichswaldeingriff seit den 1970er Jahren und deutlich größer als für die ICE-Trasse oder den Ausbau der Autobahnen. „Der BUND Naturschutz wird gegen diesen Waldeingriff massiven Widerstand leisten“, berichtet Mergner.
Der Nürnberger Reichswald wird in seiner Substanz auch durch weitere Eingriffe beeinträchtigt: Der sechsstreifige Ausbau der A 6 bei Schwabach, der sechsstreifige Ausbau der Autobahn A 73 südlich von Nürnberg (7 ha), der gigantische Umbau am Autobahnkreuz Nürnberg-Ost (A 9/A 6; 16 ha) und der Neubau einer Brücke am Autobahnkreuz Nürnberg (A3/A9) führten bereits zu Waldrodungen.
Der unsägliche „Los-Angeles-Knoten“ bei Ottensoos an der B 14 kostete neben Acker auch 0,8 Hektar Wald. Bereits gerodet wurde das Postgelände in Nürnberg. Demnächst wird Reichswald für ein Wohngebiet an der Regensburger Straße (ca. 2 ha) fallen. Trotz der erkämpften Pflicht zu Ersatzaufforstungen bei Bannwaldeingriffen bleiben Rodungen schmerzhafte Eingriffe und verstärken die Zerstückelung des Waldes.
„Leider konnten wir trotz guter Unterstützung durch Bürgerinitiativen diese Eingriffe nicht verhindern. Der Straßenbau kostet zu viel Wald und Landschaft. Wir brauchen dringend eine Verkehrswende, nicht nur aus Klimaschutzgründen, sondern auch, damit der Reichswald nicht noch mehr unter die Räder gerät“, beklagt Tom Konopka, Regionalreferent für Mittel- und Oberfranken.
Weiter kämpft der BN gemeinsam mit Bürgerinitiativen gegen die geplante PWC-Anlage bei Moosbach (A6, 5 ha), gegen eine mögliche Direktanbindung von Rummelsberg durch den Wald (ca. 6 ha), gegen die Erweiterung der Fa. Tadano im bereits einmal geretteten Schulholz östlich der A 9 bei Lauf (10 ha), gegen ein Gewerbegebiet Mühllach der Stadt Röthenbach an der Pegnitz (10 ha).
Der BN hat soeben den Bundestagsabgeordneten Sebastian Brehm, CSU, aufgefordert, sich für die Herausnahme der Nordspange zum Flughafen Nürnberg (B4f, 40 ha) aus dem Bundesverkehrswegeplan einzusetzen. Er hatte dem Bündnis seine Unterstützung angeboten.
Erfreulich: Im Rahmen einer Bannwalderweiterung werden soeben im Sebalder Reichswald etliche Flächen in den Bannwald aufgenommen. Der BN hat weitere Ergänzungen vorgeschlagen. Für den Lorenzer Reichswald fordert der BN die Aufnahme der (verhinderten) Südanbindungstrasse bei Wendelstein in den Bannwaldschutz.
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.