Wichtigste Änderungen im Überblick
Das umstrittene Selbstbestimmungsgesetz: Einfache Erklärung reicht
- Transgeschlechtliche, intergeschlechtliche und nicht-binäre Menschen
- Das neue Selbstbestimmungsgesetz macht es einfacher für sie, Geschlechtseinträge und Vornamen ändern zu lassen.
Berlin (dpa/nf) - Ein neues Gesetz ermöglicht es Menschen, ihren Geschlechtseintrag und ihren Vornamen ändern zu lassen. Seit 1. November ist das sogenannte Selbstbestimmungsgesetz in Kraft, das die Ampel-Koalition begleitet von vielen Diskussionen durchgesetzt hatte. Um den Geschlechtseintrag auf weiblich, männlich, divers zu ändern oder auch einen Verzicht anzugeben, reicht nun eine Erklärung beim Standesamt.
«Ein ganz besonderer Tag für alle transgeschlechtlichen, intergeschlechtlichen sowie nicht-binären Menschen», meint Bundesgleichstellungsministerin Lisa Paus (Grüne) dazu mit. «Mit dem Inkrafttreten des Selbstbestimmungsgesetzes wird die einfache Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen jetzt endlich Realität.»
Der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann (Grüne), sagte: «Deutschland reiht sich damit ein in die Gruppe der Länder weltweit, die Menschen eine Korrektur ihres Geschlechtseintrags und Vornamens ermöglichen, ohne sie zu pathologisieren.» Ähnliche Regelungen gebe es bereits in 16 Staaten, etwa in Argentinien, Neuseeland, Irland und der Schweiz.
Anmeldung drei Monate vorher
Mit dem zuvor geltenden umstrittenen Transsexuellengesetz war für Betroffene über 40 Jahre lang eine langwierige und kostspielige Prozedur mit Gutachten und Gerichtsbeschlüssen verbunden. Nun reicht eine simple Anmeldung beim Standesamt, nach drei Monaten kann die Erklärung abgegeben werden und die Änderung erfolgen – seit August ist die Anmeldung möglich. Die dreimonatige Wartefrist dient dem Familienministerium zufolge unter anderem als Bedenkzeit für die Person.
Der Geschlechts- und Vornamenseintrag kann frühestens nach zwölf Monaten erneut geändert werden. Auch für Minderjährige ist eine Änderung unter gewissen Voraussetzungen wie etwa dem Einverständnis der Eltern möglich. Mit der Erklärung zur Änderung des Geschlechtseintrags sind die Vornamen zu bestimmen, die die Person zukünftig führen will und die dem gewählten Geschlechtseintrag entsprechen: Also eindeutig männlich, weiblich oder Namen, die für beide Geschlechter gelten könnten. Personenstandsregister gibt es die Einträge "männlich", "weiblich" und "divers". Daran ändert das SBGG nichts. Auch ist es weiterhin möglich, dass keine Angabe beim Geschlecht eingetragen wird beziehungsweise die Geschlechtsangabe gestrichen wird.
Das sind die wichtigsten Änderungen:
Die Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen wird für transgeschlechtliche sowie nichtbinäre und intergeschlechtliche Personen einheitlich geregelt , also nicht mehr wie bisher in zwei verschiedenen Gesetzen mit unterschiedlichen Voraussetzungen
- Volljährige Menschen können durch eine Erklärung gegenüber dem Standesamt die Änderung ihres Geschlechtseintrags und ihrer Vornamen bewirken. Die Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen muss drei Monate vor der Erklärung gegenüber dem Standesamt angemeldet werden.
- Für Kinder bis 14 Jahre können nur die Sorgeberechtigten die Änderungserklärung gegenüber dem Standesamt abgeben. Bei der Erklärung des gesetzlichen Vertreters vor dem Standesamt muss auch die minderjährige Person anwesend sein.
- Minderjährige ab 14 Jahren können die notwendige Erklärung selbst abgeben; die Erklärung bedarf der Zustimmung der Sorgerechtsberechtigten. Stimmen die Sorgerechtsberechtigten nicht zu, kann diese Zustimmung - wie in anderen familienrechtlichen Fällen - vom Familiengericht ersetzt werden; dies allerdings nur dann, wenn die Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen dem Kindeswohl nicht widerspricht.
- Nach einer erfolgten Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen gilt für eine erneute Änderung eine Sperrfrist von einem Jahr. Damit soll vermieden werden, dass Entscheidungen übereilt getroffen werden. Ab der Anmeldung gegenüber dem Standesamt kann eine erneute Änderung also erst nach 15 Monaten vorgenommen werden (3 Monate Anmeldefrist plus 12 Monate Sperrfrist).
- Auf Grundlage des Gesetzes kann ein Bußgeld verhängt werden, wenn jemand die Änderung des Geschlechtseintrags von transgeschlechtlichen, nichtbinären oder intergeschlechtlichen Personen gegen deren Willen offenbart und dadurch die betroffene Person absichtlich schädigt (Offenbarungsverbot).
- Das Selbstbestimmungsgesetz ändert nichts an der Vertragsfreiheit, am privaten Hausrecht und am Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Was heute im Rechtsverkehr zulässig ist, das ist auch künftig zulässig. Und was heute verboten ist, bleibt verboten. Das geht aus dem Entwurf und seiner Begründung klar hervor.
- Die geplante Regelung sieht ausschließlich die Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen vor. Die Frage, ob eine Person, die zusätzlich geschlechtsangleichende körperliche/medizinische Maßnahmen in Erwägung zieht, solche vornehmen kann, wird nicht durch das SBGG geregelt. In diesem Fall gelten wie bisher allein fachmedizinische Prüfkriterien.
Quelle: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ)
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