Rechtsstaat Deutschland
Doppelmörder klagt erfolgreich
KARLSRUHE (dpa/mue) - Ein zu lebenslanger Haft verurteilter Doppelmörder, der nach mehr als 50 Jahren auf Bewährung freigelassen werden möchte, hat erfolgreich Verfassungsbeschwerde eingelegt.
Das Landgericht Koblenz, das dies bislang abgelehnt hatte, muss den Antrag des Mannes noch einmal prüfen, wie das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe mitteilte. Nach so langer Haft habe der grundsätzliche Freiheitsanspruch großes Gewicht. Es erscheine nicht ausgeschlossen, dass das Risiko neuer Sexualstraftaten gegen das Leben «auf das unvermeidbare Mindestmaß» beschränkt werden könne.
Der inzwischen fast 80-Jährige war 1970 in Mainz nachts in ein Haus eingestiegen, weil er Geschlechtsverkehr mit einer dort lebenden jungen Frau wollte. Als deren Mutter aufwachte, tötete er sie mit einem Messer und dann auch die Tochter, die ihn abwies und um Hilfe schrie. Nach zwei Jahren in Untersuchungshaft wurde der Mann 1972 zu lebenslanger Haft wegen zweifachen Mordes verurteilt.
Zwei Anträge auf Aussetzung der Reststrafe
Von 1991 an war der Mann, der ein Geständnis später widerrufen hatte, für längere Zeit im offenen Vollzug, wurde aber mehrmals zurückverlegt, weil man bei ihm unter anderem massenhaft Pornohefte und -videos, Damenunterwäsche, Klebeband, Kabelbinder und aus Zeitschriften ausgeschnittene Frauenköpfe fand. 1997 stellte das Landgericht fest, dass die besondere Schwere der Schuld die weitere Vollstreckung der Haft nicht mehr gebiete. Eine günstige Gefahrenprognose könne aber nicht gestellt werden.
In Karlsruhe ging es um zwei Anträge auf Aussetzung der Reststrafe zur Bewährung, die der Mann zuletzt vergeblich gestellt hatte. Land- und Oberlandesgericht Koblenz erkannten zwar an, dass er sich in jüngster Zeit im offenen Vollzug bewährt habe. Wegen der fehlenden Aufarbeitung der Taten hatten aber beide Gerichte Bedenken. Laut Verfassungsgericht hätte jedoch berücksichtigt werden müssen, dass die «sexuelle Dranghaftigkeit» des Klägers aufgrund seines Alters nachgelassen haben dürfte. Es sei «davon auszugehen, dass angesichts der außerordentlichen Länge der Vollzugsdauer die Gefahr künftiger (Sexual-) Straftaten von nur geringem oder mittlerem Gewicht einer Aussetzung des Strafrestes der lebenslangen Freiheitsstrafe zur Bewährung nicht mehr entgegenstehen dürfte». Einem Sachverständigen zufolge sei der Mann kein impulsiv handelnder Straftäter. Deshalb sei zu prüfen, ob vielleicht doch die Möglichkeit bestehe, «durch Bewährungsauflagen eine begleitende und kontrollierende Struktur zu schaffen» und so das Risiko eines Rückfalls zu beschränken.
Autor:Uwe Müller aus Nürnberg |
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