Hoeneß kritisiert Medien-Tsunami ++ Debatte über Impfstatus
Stiko-Chef: ,,Diskussion um Kimmich ist ein grenzenloser Unfug"
BERLIN/MÜNCHEN (dpa) - Der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission (Stiko), Thomas Mertens, hält die öffentliche Diskussion um den Impfstatus von Fußball-Nationalspieler Joshua Kimmich für überzogen. «Es ist die persönliche Entscheidung von Kimmich, und die soll es auch bleiben! Die Debatte um Kimmich ist ein grenzenloser Unfug», sagte Mertens (71) der «Bild». Man würde niemals über private medizinische Entscheidungen von Kimmich diskutieren, «wäre er als Fußball-Profi nicht derart exponiert», erklärte der Stiko-Vorsitzende. Das 18-köpfige Expertengremium spricht die Empfehlungen für die Anwendung von Impfstoffen in Deutschland aus.
Bayern-Profi Kimmich hatte am Samstag eingeräumt, bislang nicht gegen das Coronavirus geimpft zu sein und damit für eine emotionale Debatte gesorgt. Er habe «persönlich noch ein paar Bedenken, gerade, was fehlende Langzeitstudien angeht», hatte Kimmich erklärt. Er sage nicht kategorisch, dass er sich «überhaupt nicht impfen lasse». Es sei «auch sehr gut möglich, dass ich mich in Zukunft impfen lasse», betonte Kimmich.
Die Bedenken Kimmichs hatte Mertens im Interview der Deutschen Presse-Agenur zurückgewiesen und unter Verweis auf Zulassungsstudien erklärt, dass es bisher nur «zu einigen Nebenwirkungen gekommen ist, die alle recht kurze Zeit nach der Impfung aufgetreten sind.»
In der Wissenschaft sei man sich einig, dass spät auftretende Nebenwirkungen nach einer Impfung «nicht vorkommen, beziehungsweise eine extrem seltene Rarität bei einzelnen Impfstoffen» gewesen seien. «Dass es bei der Anwendung eines Impfstoffes über knapp ein Jahr keine Zehnjahres-Beobachtungsstudien geben kann, ist klar», hatte Mertens gesagt.
Der langjährige Bayern München Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge plädierte dafür, in puncto Impfen keinen Druck auf den Nationalspieler auszuüben. «Wenn ich einen Spieler kenne, der extrem verantwortlich und vorbildlich mit vielen Dingen im Leben umgegangen ist, dann war es immer Joshua», erinnerte Rummenigge an seine Zeit als Vorstandschef. «In dem Fall, glaube ich, wird er dementsprechend irgendwann die richtige Entscheidung fällen», bemerkte Rummenigge in Bezug auf eine immer noch mögliche Corona-Impfung von Kimmich.
Der aktuelle Vorstandschef Oliver Kahn will keinen öffentlichen Druck auf Kimmich ausüben. «Letztendlich muss man das respektieren, wenn der eine oder andere eben eine andere Meinung hat», ergänzte Kahn. «Es ist ganz wichtig - und es ist unsere Pflicht als Verein, ständig Aufklärungsleistung zu zeigen.»
Club-Ehrenpräsident Uli Hoeneß sieht die Medien als Triebfeder der heftigen Impf-Debatte um Kimmich. «Sie sind doch verantwortlich für den Tsunami», sagte der 69-Jährige am Rande der Premiere der Doku-Serie «FC Bayern - Behind The Legend», die vom 2. November an bei Amazon Prime Video gezeigt wird, zu den Reportern. Dass sich Kimmich wie wohl auch einige weitere Münchner Profis noch nicht impfen ließ, mochte Hoeneß nicht kommentieren. «Der einzige, mit dem ich in diesem Zusammenhang rede, ist der Joshua selbst», sagte der ehemalige Vereinspräsident. Er habe aber eine Meinung dazu.
Kahn und Präsident Herbert Hainer betonten am Montagabend in München die Corona-Position des deutschen Rekordmeisters. «Zunächst einmal ist es wichtig, dass wir eine klare Haltung haben, dass wir es allen nur empfehlen können, sich zu impfen. Das haben wir unterstrichen durch mehrere Aktionen», sagte Kahn vor der Premiere der Doku-Serie in einem Münchner Kino.
Hainer wies einmal mehr auf die Bedeutung einer hohen Impfquote zur Bewältigung der Corona-Pandemie hin. «Der FC Bayern unterstützt die Impfaktion nachhaltig. Am Ende des Tages gibt es keinen Impfzwang bei uns. Es ist die Entscheidung eines jeden Einzelnen, und das muss man akzeptieren», sagte Hainer. «Joshua Kimmich hat ja gesagt, vielleicht lässt er sich ja auch noch impfen. Mich würde das freuen.»
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