Atomkraft: Ukraine-Krieg verändert alles
Umweltminister Glauber: Längere AKW-Laufzeiten sind machbar
MÜNCHEN/BERLIN (dpa) - Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) zweifelt an der Absage des Bundes zur Laufzeitverlängerung der noch bestehenden Atomkraftwerke in Deutschland. «Aussagen, eine Laufzeitverlängerung sei nicht verantwortbar, kann ich nicht nachvollziehen», sagte er am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur in München. Er bezog sich dabei auf eine Erklärung des Bundesumweltministeriums, wonach eine Laufzeitverlängerung «aus Sicherheitsgründen» nicht verantwortbar sei.
«Der Krieg in der Ukraine hat alles verändert», betonte Glauber. Jetzt müsse mit ganzer Kraft der Ausbau der erneuerbaren Energien vorangebracht werden, damit weniger Rohstoffe nach Deutschland importiert werden müssten. Eine vorübergehende Weiternutzung der Kernkraft sei aber auch denkbar.
«Die Entscheidung über eine Laufzeitverlängerung trifft der Bund. Fakt ist: Die Vorbereitungen für das endgültige Aus der Atomkraft in Bayern sind in vollem Gang», sagte Glauber. Der Bund müsse sich zügig positionieren. «Auch in der aktuellen Krise bleibt es dabei: Die Sicherheit von Mensch und Umwelt hat beim Betrieb der bayerischen Kernkraftwerke oberste Priorität. Es gibt keinen Sicherheitsrabatt bis zum letzten Tag.»
Nach Angaben des bayerischen Umweltministeriums erfüllt das Kernkraftwerk (KKW) Isar 2 die strengen Kriterien für einen sicheren Betrieb. Das gelte auch für das KKW Gundremmingen, Block C, das seit Ende 2021 abgeschaltet sei. «Ein Weiterbetrieb beziehungsweise eine Wiederinbetriebnahme wären grundsätzlich möglich», sagte ein Ministeriumssprecher. Details zu den erforderlichen technischen und rechtlichen Schritten, die für eine Verlängerung der Laufzeiten erforderlich wären, müssten aber sorgfältig geprüft werden.
Auf Anfrage der dpa hatte das Bundesumweltministerium erklärt, dass Deutschland durch eine Laufzeitverlängerung der drei restlichen Atomkraftwerke «sogar besonders verwundbar» werde.
Hintergrund der erneut entflammten Diskussion über Alternativen zum Atomausstieg ist der Angriff Russlands auf die Ukraine und damit einhergehende Sorgen vor einer sich verschärfenden Lage auf dem Energiemarkt. So hatte etwa Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Mittwoch erklärt, er wolle angesichts des Kriegs in der Ukraine die Energieversorgung lieber durch Kernenergie sichern als durch Kohlekraftwerke. Ein längerer Betrieb der verbliebenen Atomkraftwerke in Deutschland könne für einen «kurz begrenzten» Zeitraum «sehr helfen».
Das von der Grünen Steffi Lemke geführte Bundesumweltministerium sieht das ganz anders. «Wir befinden uns in einer Situation, in der wir unsere Energieversorgung sehr schnell krisenfest machen müssen», erklärte ein Ministeriumssprecher. Es gehe nun darum, Energieabhängigkeiten vom Ausland zu reduzieren «ohne neue Risikofaktoren, die sich mit einer Laufzeitverlängerung verbinden würden».
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.