Haftbefehl für israelischen Ministerpräsidenten
Ungarn kündigt Austritt aus Internationalem Strafgericht an

- Israels Ministerpräsident Netanjahu ist auf Einladung seines Amtskollegen Orban in Ungarn zu Besuch. (Archivbild)
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- Die Ankündigung erfolgte kurz nachdem Israels Regierungschef Netanjahu in Budapest eingetroffen war.
- Das Weltstrafgericht sucht ihn per Haftbefehl.
- Ungarn wird diesen nicht vollstrecken.
Budapest (dpa/nf) - Ungarn will aus dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) austreten. Das kündigte der ungarische Kanzleramtsminister Gergely Gulyas gegenüber der staatlichen Nachrichtenagentur MTI an. Die Ankündigung erfolgte kurz nach der Ankunft des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu in Ungarn.
Wie Gulyas weiter sagte, wolle Ungarns Regierung das Austrittsverfahren noch am Donnerstag in Gang setzen. Das Land verfahre entsprechend seiner eigenen Verfassung und internationalem Recht, fügte er hinzu. Der Grundlagenvertrag des IStGH sieht vor, dass ein Austritt ein Jahr nach der schriftlichen Kündigung in Kraft tritt. Das Gericht reagierte nicht direkt auf die Ankündigung.
Internationaler Strafbefehl gegen Israels Regierungschef
Dass sich Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban den Vorgaben für ein Mitglied des IStGH nicht verpflichtet fühlt, hatte er bereits deutlich gemacht, nachdem der internationale Haftbefehl gegen Netanjahu erlassen wurde. Orban sprach im Anschluss demonstrativ eine Einladung an seinen Verbündeten aus.
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Haftbefehle wurden auch für Israels Ex-Verteidigungsminister Yoav Gallant und den unter dem Namen Mohammed Deif bekannten Militärchef der palästinensischen Terrororganisation Hamas erlassen.
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Ungarn müsste ihn als einer der 125 Vertragsstaaten des Gerichts festnehmen lassen. Der Grundlagenvertrag, das sogenannte Römische Statut, verpflichtet die Mitgliedstaaten, Anordnungen des Gerichts auszuführen. Sie müssen Haftbefehle vollstrecken, wenn sich ein Gesuchter auf ihrem Hoheitsgebiet befindet.
Problem für den Strafgerichtshof
Mit einem Austritt aus dem Strafgerichtshof macht sich Ungarn nicht frei von der Pflicht, den Haftbefehl gegen Netanjahu zu vollstrecken. Ein Austritt aus dem Grundlagenvertrag des Gerichts tritt erst ein Jahr nach Eingang der schriftlichen Austrittserklärung in Kraft. Aber auch danach bleiben die Verpflichtungen bestehen, die ein Vertragsstaat während seiner Mitgliedschaft übernommen hatte. Also auch Ungarn muss demnach weiter bei Ermittlungen mit dem Gericht zusammenarbeiten, wenn diese vor dem Austritt begonnen hatten.

- Ungarn wird aus dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) austreten.
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Allerdings sind die Konsequenzen für Ungarn voraussichtlich überschaubar: Wenn ein Staat seiner vertraglichen Verpflichtung nicht nachkommt, dann kann das Gericht den Fall zwar der Vertragsstaatenkonferenz vorlegen. Und diese kann dann über weitere Maßnahmen gegen diesen Staat entscheiden. Große Folgen aber wird das kaum haben. Für das Gericht steht dagegen einiges auf dem Spiel. Wenn seine Anordnungen missachtet werden, untergräbt das die Autorität des Gerichts.
Erste Reise Netanjahus nach Europa seit Haftbefehl
Ungarns Austrittsankündigung erfolgte nur wenige Stunden, nachdem Israels Regierungschef Netanjahu zu einem mehrtägigen Besuch in Budapest eingetroffen war. Seine Ankunft bestätigte der ungarische Verteidigungsminister Kristof Szalay-Bobrovniczky, der ihn am Flughafen empfing. Es ist die erste Reise Netanjahus nach Europa, seit der IStGH im vergangenen November wegen des Vorgehens im Gaza-Krieg einen Haftbefehl gegen ihn verhängt hat. Seine Rückreise ist am Sonntag vorgesehen.
Orban unterstützt vorbehaltlos die Vorgangsweise der Regierung Netanjahus im Gaza-Krieg. Als Mitglied der Europäischen Union hat Ungarn immer wieder Resolutionen der EU blockiert, die sich für Waffenruhen und mehr Rücksichtnahme auf die palästinensische Zivilbevölkerung im Gazastreifen aussprachen. Wegen der Verstöße gegen rechtsstaatliche Grundregeln hat die EU auch einen Teil der europäischen Fördermittel für Ungarn entzogen oder eingefroren.
Tausend Raketen auf Israel - mehr als 200 Geiseln
Am 7. Oktober 2023 hat die Hamas Israel mit tausenden Raketen angegriffen. Etwa 1200 Menschen wurden getötet und mehr als 200 Geiseln verschleppt, darunter auch Menschen mit deutscher Staatsbürgerschaft. „Am Morgen des 7. Oktober ist Israel in einem Alptraum aufgewacht.“ So hatte Bundeskanzler Olaf Scholz über den menschenverachtenden Überfall der Terrororganisation Hamas auf Israel. So beschreibt es die Noch-Bundesregierung auf ihrer Website.
Die Gedanken der Bundesregierung sind weiterhin bei den festgehaltenen Geiseln und ihren Angehörigen. Nach dem Tod einer deutsch-israelischen Mutter und ihrer Söhne sagte der Kanzler Scholz auf X: „Die Hamas hat Leid und Tod in unzählige Familien gebracht. Ich fühle mit allen, die mit dieser schrecklichen Gewissheit umgehen müssen.”
Geschichte des Nahost-Konflikts: Eine der zentralen Auseinandersetzungen im Nahen Osten ist der ungelöste Konflikt zwischen Israelis und Palästinenserinnen und Palästinensern. Nach dem Ende des britischen Mandats über Palästina proklamierte Ben Gurion am 14. Mai 1948 den Staat Israel. Seitdem kam es immer wieder zu kriegerischen Auseinandersetzungen mit den Nachbarstaaten. Dabei geht es auch um die Zukunft eines eigenen Staats für Palästinenserinnen und Palästinenser.


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