Impfpflicht ab 12 Jahre ++ Gastro mit 2Gplus
UPDATE: Corona-Gipfel berät heute über diese Knallhart-Regeln
UPDATE (dpa) - Bund und Länder erwägen eine Begrenzung der Zuschauerkapazitäten bei überregionalen Sport-, Kultur- und anderen Großveranstaltungen auf 30 Prozent. Das geht aus einer vorläufigen Beschlussvorlage für die Bund-Länder-Runde hervor, die erneut zu Beratungen über die Corona-Krise zusammenkommen will.
Die 30-Prozent-Begrenzung soll demnach ebenso für geschlossene Räume gelten wie für Veranstaltungen im Freien. In Räumen soll die Auslastung zusätzlich bei 5000 Zuschauern gedeckelt werden, im Freien bei 15.000. Nur Geimpfte und Genesene sollen Zugang haben und auch medizinische Masken tragen.
Die Vorlage stammt nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur aus dem Kanzleramt und gibt einen mit den Ministerpräsidenten und Vertretern der voraussichtlich künftigen Ampel-Koalition abgestimmten Arbeitsstand vom Morgen wieder. Dabei handelt es sich noch nicht um Beschlüsse aus den Bund-Länder-Gesprächen über ein umfangreiches Maßnahmenpaket gegen Corona. An der Schaltkonferenz nehmen neben den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten auch die geschäftsführende Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und der designierte Kanzler Olaf Scholz (SPD) teil.
Zur geplanten Schließung von Clubs und Diskotheken gab es demzufolge noch keine Festlegung, ob eine Schwelle von 350 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen konsensfähig ist. Grundsätzliche Einigkeit herrscht demnach aber über weitreichende Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte. In der Vorlage heißt es dazu: «Private Zusammenkünfte im öffentlichen oder privaten Raum, an denen nicht geimpfte und nicht genesene Personen teilnehmen, sind auf den eigenen Haushalt sowie höchstens zwei Personen eines weiteren Haushaltes zu beschränken.»
Kinder bis zur Vollendung des 14 Jahres seien davon auszunehmen. Ehegatten, Lebenspartner und Partner nichtehelicher Lebensgemeinschaften sollten als ein Haushalt gelten, auch wenn sie keinen gemeinsamen Wohnsitz haben. «Private Zusammenkünfte, an denen ausschließlich Geimpfte und Genesene teilnehmen, sind davon nicht berührt.»
Bei Weihnachtsmärkten soll der Zugang bundesweit und unabhängig von der Neuinfektionsrate auf Geimpfte und Genesene (2G) beschränkt werden. «Ergänzend kann ein aktueller Test vorgeschrieben werden (2G Plus)», heißt es in dem Arbeitspapier. «Die Teilnahme an Karnevalsveranstaltungen ist nur für Geimpfte und Genese möglich, die einen aktuellen Test vorweisen müssen (2G Plus).»
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BERLIN (dpa) - NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hat vor der heutigen Bund-Länder-Runde konsequente Entscheidungen im Kampf gegen die dramatisch hohen Corona-Zahlen verlangt. «Wir dürfen heute in der Ministerpräsidentenkonferenz keine halben Sachen machen, sondern müssen die vierte Welle entschlossen brechen», sagte der aktuelle Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
«Die Länder brauchen dazu den bewährten Instrumentenkasten der Pandemiebekämpfung.» Er sei auch dankbar, dass der voraussichtliche Nachfolger von Angela Merkel (CDU) im Kanzleramt, Olaf Scholz (SPD), zugesagt habe, das Infektionsschutzgesetz erneut spürbar nachzubessern. «Das muss jetzt aber auch konsequent geschehen», betonte Wüst.
Spahn: «Quasi Lockdown für Ungeimpfte» ist wichtig
Der geschäftsführende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn betonte die Notwendigkeit von Einschränkungen für Ungeimpfte. «Was tatsächlich wichtig ist, ist quasi ein Lockdown für Ungeimpfte», sagte der CDU-Politiker im ZDF-«Morgenmagazin». Die große Zahl an Ungeimpften sei das, was «das Gesundheitssystem vor eine Herausforderung stellt». «Wenn Sie auf die Intensivstationen schauen, wenn Sie schauen: Wo ist die Dynamik überhaupt auch bei den Infektionen, dann ist das bei dieser zu großen Zahl an Ungeimpften.»
Einigung auf strengere Corona-Regeln
Bereits am Dienstag hatten Bund und Länder sich grundsätzlich auf strengere Corona-Regeln geeinigt, nun wollen Merkel, Scholz und die 16 Ministerpräsidentinnen und -präsidenten die bisherigen Maßnahmen verschärfen, um die stark steigenden Infektionszahlen in den Griff zu bekommen. Dabei liegt eine Reihe von Vorschlägen auf dem Tisch:
EINKAUFEN: Weitgehende Einigkeit herrscht über eine Ausweitung der 2G-Regel auf den Einzelhandel. Zutritt zu den Läden hätten dann nur noch Geimpfte und Genesene. Ausnahmen sind nur für Läden des täglichen Bedarfs wie Supermärkte, Drogerien und Apotheken vorgesehen.
LOCKDOWN: Für Regionen mit einer hohen Inzidenz zeichnet sich die Schließung von Clubs und Diskotheken ab, weil dort die Ansteckungsgefahr als besonders groß gilt. Restaurants bleiben wohl vorerst offen, aber auch hier ist die Möglichkeit von regionalen Schließungen im Gespräch.
STADION: Die zulässige Teilnehmerzahl bei Großveranstaltungen soll stark begrenzt werden. Das gilt vor allem auch für Fußballspiele. Volle Bundesligastadien soll es bis auf Weiteres nicht mehr geben. Unklar ist, ob man generell auf «Geisterspiele» setzt. In Sachsen wird das schon praktiziert, Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat ähnliche Pläne. Fraglich ist, ob Bundesländer mit geringeren Infektionszahlen mitziehen.
IMPFUNGEN: Bis Weihnachten sollen 30 Millionen Erst-, Zweit- und Booster-Impfungen durchgeführt werden. Dafür sollen mehr Berufsgruppen als bisher zur Impfung berechtigt sein, vor allem Apotheker und Zahnärzte. Da der Impfschutz nach einer gewissen Zeit nachlässt, wird auch eine Regelung erwogen, wonach Geimpfte ihren Impfstatus nach einer gewissen Zeit wieder verlieren.
KONTAKTBESCHRÄNKUNGEN: Ungeimpfte sollen sich mit möglichst wenig Menschen treffen, um niemanden anzustecken. Details dazu sind noch unklar. Möglich ist etwa, dass sich nur maximal fünf ungeimpfte Personen aus zwei Hausständen treffen dürfen oder dass Treffen, an denen Ungeimpfte teilnehmen, grundsätzlich auf den eigenen Haushalt sowie zwei Personen eines anderen Haushalts beschränkt werden.
IMPFPFLICHT: Um Alte und Kranke vor einer Ansteckung zu schützen, sollen die Beschäftigten in Kliniken und Pflegeheimen zur Corona-Impfung verpflichtet werden. Eine solche Regelung könnte relativ rasch kommen. Erst für Februar oder März wird eine allgemeine Impfpflicht angepeilt, der Bundestag soll darüber entscheiden. Ein rascher Effekt auf Impfquote und Infektionsgeschehen ist also nicht zu erwarten.
«Impflicht-Debatte kommt zur Unzeit»
Eine allgemeine Impfpflicht bleibt unterdessen umstritten. Der CDU-Vorsitzkandidat Norberg Röttgen sagte gestern Abend bei einer CDU-Veranstaltung, er habe sich zu einer Impfpflicht durchgerungen. Unionsfraktionsvize Carsten Linnemann betonte dagegen im «Bild»-Talk «Viertel nach Acht»: «Ich finde, die Debatte kommt zur Unzeit, und ich bin selbst davon nicht überzeugt.»
FDP-Fraktionsvize Michael Theurer wandte sich in der «Augsburger Allgemeinen» ebenfalls gegen eine Impfpflicht. In der FDP-Fraktion gibt es auch andere Ansichten.
Söder will Impfpflicht ab zwölf Jahren diskutieren
Aus Sicht des SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach sollten Kinder bei einer Impfpflicht außen vor bleiben, wie er bei RTL/ntv betonte. Ganz anderer Meinung ist der bayerische Ministpräsident Markus Söder. Er will über eine Impfpflicht bei Kindern ab zwölf Jahren sprechen. «Das muss man diskutieren», sagte er im Bayerischen Rundfunk. «Generell wäre es natürlich gut, wenn die Impfpflicht zumindest bei denen, bei denen der Impfstoff schon erprobt ist - ab zwölf - auch stattfinden würde.» Das würde schnell gehen und die Schulen «absolut sicher machen». Zudem sei sein Gefühl bei den jungen Leuten: «Die wollen auch geimpft werden, weil sie sagen: "Dann habe ich Freiheit".»
Aufbau von mindestens 400 Impfzentren nötig
Patientenschützer rechnen mit Milliardenkosten bei Umsetzung einer Impfpflicht. Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, sagte der dpa mit Blick auf Booster-Impfungen, es brauchte dann eine Infrastruktur, die allein 2022 halbjährlich Impfungen für Millionen Menschen gewährleiste. Das könnten die Hausärzte nicht zusätzlich leisten. Nötig wäre der Aufbau von mindestens 400 Impfzentren.
Der Handelsverband Deutschland befürchtet durch 2G-Regeln Umsatzverluste von bis zu 50 Prozent für die betroffenen Firmen. «Das ist nach den ohnehin schon kräftezehrenden Lockdowns der vergangenen Monate für viele nicht zu verkraften», sagte Hauptgeschäftsführer Stefan Genth der Funke Mediengruppe. Lauterbach verteidigte in der «Rheinischen Post» 2G-Regeln für das öffentliche Leben, auch im Handel. Für die Gastronomie sollte sogar 2G plus gelten, forderte er. Damit bräuchten Geimpfte und Genesene zusätzlich einen negativen Corona-Test.
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